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11.07.2013

Was für ein schönes Hochzeitspaar: Sie ist 85, er 90 Jahre alt

Was für ein schönes Hochzeitspaar: Sie ist 85, er 90 Jahre alt

Veronika Kern und Karl Neubauer geben sich heute das Ja-Wort. Den Gottesdienst hält Ronny Baier. Foto: Dorn
Von Stephanie Kuntermann

Schriesheim. "Sie sind das älteste Brautpaar, das ich je hatte", sagt Pfarrer Ronny Baier. Heute um 14 Uhr traut der katholische Geistliche Veronika Kern und Karl Neubauer in der Schriesheimer Kirche. An ihrem Hochzeitstag wird die Braut 85 Jahre alt, ihr Bräutigam ist fünf Jahre älter. Mit in die Ehe bringen die beiden ungewöhnlichen Brautleute die Erfahrungen ihres langen, nicht immer einfachen Lebens. Eines Lebens, über das sie vorab mit der RNZ sprachen.

Veronika Kern stammt aus dem Allgäu, lebte bei Memmingen und lernte Friseuse. Mit 21 Jahren heiratete sie zum ersten Mal, zog nach Mannheim und bekam zwei Kinder. Ihren zweiten Mann heiratete sie mit 38, mit ihm hatte sie noch einen Sohn. In Mannheim erlebte sie den Krieg und die Zerstörung der Stadt, half später mit beim Aufbau. "Ich habe eigentlich immer gearbeitet", erinnert sie sich. Erst in ihrem erlernten Beruf, dann in der Pharmazie, als Verkäuferin und zuletzt als Kassiererin in einer Bank. Eine schwere Krankheit setzte dem ein Ende, bis heute muss sie regelmäßig zur Dialyse. Veronika Kerns große Freude sind dafür aber ihre sechs Enkel und die beiden Urenkel.

Wiedersehen nach 16 Jahren

Auch Karl Neubauers Leben war nicht einfach. Geboren in Ladenburg, wurde er zunächst von der Hebamme seiner Mutter aufgezogen. Als Elfjähriger kam er mit der Familie nach Schriesheim, wo der Vater Gendarm war. Nach seiner Ausbildung zum Kaufmann musste er in den Krieg, was fünf Jahre Sanitätsdienst in Russland und anschließende Gefangenschaft bedeutete. In einem Heimaturlaub 1943 heiratete er als 20-Jähriger seine erste Frau, die 1988 starb. Karl Neubauer hatte insgesamt sieben Kinder, nur drei von ihnen überlebten. 1948, als schon niemand mehr mit seiner Heimkehr rechnete, kam er endlich frei. Bis zu seiner Berentung 1975 arbeitete der zweifache Großvater bei der BBC in Ladenburg.

Seine große Leidenschaft war das Singen, früher war er Mitglied in allen drei Gesangvereinen der Kernstadt, außerdem im katholischen Kirchenchor. "Ich habe als 17-Jähriger in der Kirche das Ave Maria gesungen", erinnert sich der Tenor. Viele Jahre später sang dort auch Veronika Kern dieses Stück, als ihre Enkelin heiratete. Durch die Vermittlung der Enkel fand das Paar auch zusammen, doch das Schicksal nahm zuvor noch eine ganz andere Wendung.

1992, unlängst verwitwet, wurde Veronika Kern von einer Freundin nach Dossenheim zum Geburtstag eingeladen. Dort war auch Karl Neubauer, dem die Frau sofort auffiel: "Ich habe mich aber nicht getraut, sie anzusprechen, weil sie in Trauer war." Vergessen konnte er sie aber auch nicht: "Die ganzen Jahre ist mir ihr Gesicht nicht aus dem Kopf gegangen, ich hatte es immer vor mir."

16 Jahre später machten sich die jeweiligen Enkel an die "Partnervermittlung". Im Internet warb Veronika Kerns Enkelin für die "Oma Sonnenschein", was der ganz und gar nicht recht war. Dann drückte die Enkelin ihr eine Telefonnummer in die Hand: "Oma, ruf da mal an." Sie hatte Karl Neubauer am Apparat, und beide vereinbarten ein Treffen, ohne zu wissen, dass sie einander schon kannten. "Als ich die Treppe hinauf stieg und sie sah, wäre ich fast rückwärts wieder runter gefallen", erzählt er heute, noch immer überwältigt von den Umständen, die ihn mit seiner Traumfrau zusammenbrachten.

Auch ihr ging es so, nur einen Tag nach dem ersten Treffen zog sie bei ihm ein. Seither lebt das Paar im Schelmengrubweg. Auf den heutigen Tag haben sich beide riesig gefreut. Nach der Trauung gibt es in ihrem Stammlokal, der "Perseria Mashti", einen Sektumtrunk, danach feiern die frisch Getrauten mit Familie und Freunden. Noch immer staunen beide über ihr spätes Glück, das sie mit einander an jedem Tag genießen.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung