Schriesheim im Bild 2023

15.07.2013

Festival-Stimmung in lauer Sommernacht

Festival-Stimmung in lauer Sommernacht

Von Stephanie Kuntermann

Schriesheim. Je nach dem, wer es spielt, kann ein Instrument völlig unterschiedlich klingen, es können Nuancen oder Welten dazwischen liegen. Bei "Schriesheim jazZt" hörte man diesmal eher die leisen Zwischentöne als die großen Kontraste. Verbindendes Element war der laue Sommerabend, der in eine sternklare Nacht überging und Musiker wie Publikum in Festival-Stimmung versetzte.

Am Historischen Rathaus nahmen Dieter Weitz im Namen des Kulturkreises (KKS) und Schirmherr Bürgermeister Hansjörg Höfer eine kurze, schmerzlose Eröffnung vor, nicht ohne den beiden Organisatoren, KKS-Vize Jochen Wähling und Eugen Fallmann, für ihre Arbeit zu danken.

Die "French Quarter Jazzband" übernahm. Mit Dixieland-Klassikern leiteten die sechs Oldtime-Spezialisten um Bandleader Norbert Kunze ihren Streifzug durch Schriesheims Altstadt und die Geschichte des Jazz ein. Zum ersten Mal war eine "Marching Band" mit von der Partie, und das Experiment glückte. Etwa vor dem "Strahlenberger Hof", dessen Gäste sich über eine mit feinen Soli gewürzte Version von "O when the Saints" freuten. Im evangelischen Kirchgarten, wo ursprünglich die "Sidesteps" eingeplant waren, hörte man eine andere Formation von Bandleader Uli Wehrmann mit Namen "Four". Eine Stimme, die an Marla Glen erinnerte, barfuß in den Teppich auf der Bühne gekrallt, überraschte Wehrmann mit entspanntem Funk-, Popsound- und feurigen Carlos-Santana-Rhythmen.

Vor der Bühne am Stadtbrunnen wurde derweil Jive, Boogie oder Rock'n'Roll mit Überschlägen getanzt. Die begabten Tanzpaare waren nicht etwa das "Beiprogramm" des "Cool Cats Orchestra", sondern treue Fans, die ebenso Szenenapplaus bekamen wie die Musiker für ihre Soli. "Sunny side of the street" oder Caro Emeralds "Night like this" wurden von Sängerin Claudia Böhmer klar und hell in den Abend gesungen, dazu gab es den mächtigen Sound der sechs Saxofone in der ersten Reihe, darunter Bandleader Rick von Bracken.

Im "Strahlenberger Hof" brachten derweil "Vier Haben Recht" ihre Instrumente in Stellung. "Ladybird" hieß das erste Stück der Band um die warmherzig spielende Saxofonistin Kerstin Haberecht, und tatsächlich musste man bei den perlenden Klavierläufen und dem leisen Rascheln des Schlagzeugs an einen Marienkäfer denken. "Vier für drei" war eine Haberecht-Schöpfung, bei der Drummer Mathis Grossmann viel zu tun bekam und der Band trotzdem der Spagat zwischen Tempo und Ruhe gelang.

Ein ausuferndes Piano- Solo, unterstützt von Bass und Drums hörte man wenig später in "Tuka Kaji" von den "Longhorns", die die Oberstadt- Bühne eroberten. In jeder Hinsicht übrigens, denn die Band mauserte sich im Laufe des Abends zum Geheimtipp. Hoch musikalisch, selbstironisch, wandlungsfähig erzeugten die vier Meisterposaunisten Klänge im kompletten Tonspektrum zwischen Furzkissen und Nebelhorn. Im einen Moment noch getragen wie ein Kirchenensemble, im nächsten schon gackernd wie die Hühnerschar bei "Old Mc Donald" und dann wieder romantisch wie im Ständchen "Blue roses for a black lady", ließen die "Longhorns" keinerlei Zweifel an der Vielseitigkeit ihrer Kompositionen und Instrumente aufkommen. In "Kibuziat" mutierten die Sieben schließlich zur "Oberstadt-Russendisko" mit Klezmer- und Balkan- Rhythmen, und das begeisternd feiernde Publikum war nicht mehr zu halten.

Nur schwer riss man sich los und fand den Weg in den Diehm-Hof, doch die Entscheidung wurde belohnt. Nämlich mit der Deutschland-Premiere eines Solostücks für ein unverdient vernachlässigtes Instrument: die Triangel. Recht unernst ging "Q 4" das an, Percussionist Tilman Bruno grinste beseelt bei dem Stück, das ihm Saxofon-Meister und Bandleader Olaf Schönborn auf den Leib schrieb. Sprachlos lauschte man danach Daniel Stelters Konzertgitarre, die nicht mehr brauchte als ein ganz flaches Klangbett aus Rasseln, Bongos und Didgeridoo. Letzte Station war die Küferei Hauser, wo "Swing total" Name und Programm waren. Fallmann war hier gelegentlich am Schlagzeug zu hören, dazu erfreute Improvisationstalent Rainer Pusch mit fein gestrickten Klanggeweben am Tenorsaxofon, der sich mit Sängerin Stephanie Neigel abwechselte. Ihr federleichtes "Night and Day" blieb an diesem Abend noch lange im Ohr.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung