Schriesheim im Bild 2023

06.10.2003

Traumdialoge auf Leinwänden

Bestens besuchte Vernissage: Das Kerg-Museum zeigt "Die Zhou Brothers: Malerei von 1976 bis 2002"

Von Anke Ziegler

Schriesheim. "Was man in seiner Laufbahn als Bürgermeister doch alles lernen muss", scherzte Bürgermeister Peter Riehl gestern Vormittag bei der mehr als gut besuchten Vernissage der "Zhou Brothers" im Museum Théo Kerg. Er bezog sich dabei auf die ihm nicht ganz gelungene Aussprache der Namen der beiden in Chicago lebenden Künstler, Shan Zuo Zhou und Da Huang Zhou. Er freue sich jedoch die Ausstellung der beiden Brüder in Schriesheim zu haben und er hoffe auch, dass die Künstler bald wieder nach Schriesheim kommen.

Dass die "Zhou Brothers" nach Schriesheim kamen, ist Museumsleiterin Lynn Schoene zu verdanken, die Assistentin der Salzburger Gastprofessoren ist. Ihr Dank ging zunächst an die beiden Brüder, aber auch an die Stadt, allen voran Peter Riehl, ohne dessen organisatorische und finanzielle Unterstützung die Ausstellung nicht machbar gewesen wäre. In der Zhou Brothers- Ausstellung werden zum ersten Mal exemplarische Werke aus 30 Jahren gemeinsamen Kunstschaffens präsentiert, so Schoene. Man könne es als eine Art Vorschau für die 2004 kommende "30 Jahre Zhou Brothers"-Ausstellung sehen.

Shan Zuo wurde 1952, Da Huang 1957 in Guangxi, China, geboren. "Sie bezeichnen selbst ihre frühe Erziehung als privilegiert, denn Eltern wie Großeltern waren Lehrer, Professoren und Dichter", berichtete Schoene über das Leben der Künstler. Die Traditionen und Werte der Chinesischen Kultur, die den Brüdern schon in der Jugend nahe gebracht wurde, wurden während er Kulturrevolution beinahe zerstört. Shan Zuo und Da Huang entwickelten mit der Kunst eine lautlose Form der Kommunikation, als Reaktion auf die gesellschaftliche Entwicklung. "Dream Dialogue" nennen sie es, wusste Schoene. An diesem gemeinsamen Arbeiten halten sie nun schon fast 30 Jahre lang fest.

"Bereits vor den Studien an der National Academy for Arts and Crafts in Beijing und an der Universität von Shanghai entstand eines von vier Schlüsselwerken der frühen künstlerischen Entwicklung, das in der Ausstellung zu sehen ist", erklärte die Leiterin. "Song of Life" ist der Titel des sechs Meter langen Rollbilds. Es erinnert an eine Art Höhlenmalerei. Fast alles ist in Erdtönen gehalten und lässt deutlich verschiedenartigstes Leben erkenn. Von Urvölkern ähnlichen Menschen zu Vögeln und Fischen. Die Zhou Brothers reisten Monate lang durch China und entdeckten die primitive Form des Lebens früherer Zivilisationen wieder. Ein offizieller Auftrag des Museums für Chinesische Geschichte in Beijing verhalf den Brüdern zum großen Durchbruch. Die Brüder stellten mit einer Wanderausstellung in den fünf berühmtesten Museen Chinas aus und erhielten 1985 den Nationalpreis für Chinesische Avantgarde. 1986 nach Chicago eingeladen, stellten sie unter anderem Bilder der Serie "Heaven to Earth" aus. Zwei 1978 entstandene Bilder dieser Serie sind in Schriesheim zu sehen. Mit Mischtechnik auf Gips sind sie in Braun-, Weiß- und Grautöne gehalten. Tropfen verteilen sich auf der Oberfläche und Figuren sind als Striche angedeutet. "From Heaven to Earth" sind quadratische Bilder (30 x 30) in Öl auf Papier. Die 1981/82 entstandene Serie erinnert wieder an Höhlenmalerei, naive figürliche Darstellungen auf strukturiertem in Naturfarben gehaltenem Hintergrund.

Auch monumentale Plastiken erstellen die Künstler, die Formen meist mit Kettensäge bearbeitete Baumstämme, die zum Teil danach in Bronze gegossen wurden. "Rose bud" ist ein Beispiel. Die Bronzeskulptur ist in Mannheim entstanden und erst vor zwei Monaten gegossen worden. Die Holzstruktur ist deutlich sichtbar. Im neuen Jahrtausend werden die Bilder der Zhou Brothers kontrastreicher, schon durch unterschiedliche Materialien wie Blei und Seide, und die Bilder sind häufig zwei- oder mehrgeteilt.

In "Open my Door" von 2001 sind die Kontraste als Gegensätze zwischen Ost und West, Vergangenheit und Zukunft zu verstehen", so Schoene. "Passionate City" (2002) ist fast ein Mosaik, ein Bild zusammengesetzt aus verschiedensten Materialien: Seide, Blei, Öl, ineinander geschachtelt, nebeneinander gesetzt, lackiert, geritzt und bemalt: Verschiedene gesellschaftliche Gruppierrungen in einer Großstadt.

Das Aufeinandertreffen von fernöstlicher und westlicher Philosophie spiegelt sich in Bildern mit einer Mischung aus Primitivismus und Abstraktion wieder. Das 275 auf 195 Zentimeter große Gemälde "Crossing the Street" entstand 1994 und hängt im Historischen Rathaus. Es zeigt einige Symbolik, wie eine weiße Taube oder ein roter Faden, der sich durch mehrere Bilder der Brüder zieht. "Im Vordergrund steht eine Menschengestalt, die mit ausgestreckten Armen und entschlossenem Gang die Menschheit umarmt", so Oskar Friedel, Leiter der Zhou Brothers Art Foundation. Diese Figur erscheint immer wieder in den Bildern der Zhou Brothers, auch in dem 1999 entstandenen Bild "Spirit 7". Ins Historische Rathaus pilgerten die Besucher nach der Vernissage. Dort trugen sich die Zhou Brothers in das "Goldene Buch" der Stadt ein. Die Jagdhornbläser umrahmten das musikalisch. Shan Zuo beglückwünschte die Schriesheimer zu einem solch einzigartigen Bürgermeister. Dieser meinte, "wenn die beiden wieder kommen, müssen wir einen größeren Raum anbauen".

INFO: Die Ausstellung ist bis zum 2. November im Museum Théo Kerg zu sehen.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung