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04.09.2013

Klimaschutz als "Thema des Jahrhunderts"

Klimaschutz als "Thema des Jahrhunderts"

In Schriesheim sollte Winfried Kretschmann die heiße Phase im Bundestagswahlkampf an Neckar und Bergstraße einläuten. Foto: Dorn

Von Harald Berlinghof

und Carsten Blaue

Mannheim/Schriesheim. Auch Winfried Kretschmann ist auf Tour im grünen Bundestagswahlkampf. Gestern machte der Landesvater Werbung für den Wechsel bei Veranstaltungen in Schriesheim und zuvor in Mannheim. Während er an der Bergstraße leichtes Spiel hatte, bekam er es in der Quadratestadt sogar mit Demonstranten zu tun.

Nebenan, bei den Mannheimer Adlern, gab es Autogramme. Das lockte die Fans massenweise; schnell bildete sich eine lange Menschenschlange. Um die Bühne des Grünen Landesvaters aus Stuttgart vor dem Mannheimer Hauptbahnhof versammelten sich gleichzeitig "nur" rund 200 bis 300 politisch Interessierte - und angesichts der turbulenten Diskussionen der vergangenen Tage um die Mannheimer Musikhochschule (siehe Artikel oben) auch viele Studenten, um zu protestieren.

"Wählen Sie die Grünen, dann machen Sie nichts verkehrt", so die Quintessenz des Ministerpräsidenten am Ende seiner rund einstündigen Ausführungen in Mannheim. Im gestreiften Hemd, grauen Anzug und ohne Krawatte gab sich Kretschmann lässig. Den Bildungserfolg in Deutschland unabhängig machen von der Herkunft, die Steigerung der Wirtschaftsleistung vom Naturverbrauch entkoppeln, die Energiewende durchsetzen. "Wir können das. Und das allen anderen zu beweisen, ist eine Riesenchance. Für uns, aber auch für andere, die dem Beispiel vielleicht folgen wollen", beschwörte er die politische Zukunft nach der Bundestagswahl. Natürlich liegt ihm auch die Bürgerbeteiligung am Herzen. "Die CDU ist da ängstlich vor dem Volk", meint er. Gerade das hohe Engagement der Bürger in Baden-Württemberg in den unterschiedlichsten Bereichen zugunsten der Allgemeinheit sei einer der Faktoren, warum sein Job ihm Spaß mache: "Sie alle sind es, die mir Freude bereiten, dieses Land zu regieren".

Während Kretschmann das sagte, spielten in der Schriesheimer Mehrzweckhalle schon die Lokalgrößen der Band "Fahrenheit", um den 600 Wartenden die Zeit bis zum Eintreffen des Landesvaters zu verkürzen. Der kam die letzten Meter über den Parkplatz zu Fuß, begrüßte Bürgermeister Hansjörg Höfer mit einem freundlichen "Wie geht's?" und trug die ganze Terminhetzerei mit einem geduldigen Lächeln (von Schriesheim ging es später noch nach Mainz).

Es sollte an der Bergstraße der Auftakt in die heiße Phase des Wahlkampfs im Wahlkreis Heidelberg-Weinheim werden. Doch die grüne Kandidatin fehlte. Franziska Brantners Vater war in der Nacht auf Dienstag verstorben, wie Landtagsabgeordneter Uli Sckerl am Mikrofon mitteilte. An Wahlkampf war für sie nun nicht mehr zu denken. Und Kretschmann sprang nicht wirklich in die Bresche, obwohl er von der Kulisse "schwer beeindruckt" war. Und das an diesem schönen Sommerabend: "Ich weiß nicht, ob ich an Ihrer Stelle gekommen wäre". Ja, Kretschmann war zwischendurch auch lustig. Seine Stimme hatte an diesem Tag aber schon etwas gelitten. Und richtig in Fahrt kam er erst, als er über die Konsolidierung der Landesfinanzen sprach, womit er auch die Einschnitte bei den Musikhochschulen begründen wollte. Das passte aber nicht recht zum Zweck des Abends.

Zuvor benannte er immerhin den Klimaschutz als "Thema des Jahrhunderts", das Merkel und Steinbrück in ihrem TV-Duell nicht ein Mal erwähnt hätten: "Das ist schon ein Grund, Grün zu wählen." Zudem kritisierte er, dass Schwarz-Gelb die Energiewende nicht konsequent umsetze und monierte Versäumnisse des Bundes bei Ausgaben für die Bildung. Die übrige Zeit seiner Rede an diesem Abend im Bundestagswahlkampf widmete er einer landespolitischen Bilanz. Gleichwohl kam er bestens an in der Halle. Weniger gelungen war seine Werbung für Brantner. Ihr, der "engagierten Kandidatin", die mehr Europa wolle, widmete er sich erst ganz am Ende seiner Rede. Ihre "Leidenschaft für Politik" bezog er sogar auf Brantners Partnerschaft mit Boris Palmer, Tübingens grünem OB: "Bei so viel Leidenschaft laufen einem die Augen über." Kretschmann hätte Brantner vor dem Hintergrund des Trauerfalls in ihrer Familie einfach auch nur viel Kraft für die Zeit bis zur Bundestagswahl wünschen können.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung