Schriesheim im Bild 2023

11.10.2003

Die nach den "Füchsen" peilt

Ja, das ist ein Sport: Amateurfunkpeilen - Eine EM-Dritte darin kommt aus Schriesheim: Svenja Denzler

Teilten sich Bronze im polnischen Wladylawowo: Svenja Denzler und Kathrin Berse aus Dülmen. Foto: D

Schriesheim. (josh) Eine Dreizehnjährige alleine und querfeldein durch die freie Natur laufen lassen, die meisten Eltern würden das sicher nicht tun. Der Schriesheimer Thomas Denzler, Vater von Svenja Denzler, hat dabei jedoch ein gutes Gewissen.

Seine Tochter betreibt den weitgehend unbekannten Sport "Amateurfunkpeilen". Ausgestattet mit Karte, Kompass und einem Funkempfänger, läuft sie auf der Suche nach Sendern durch unwegsames Gelände. Die Sender strahlen Signale aus, und die nimmt sie mit ihrem Empfänger auf: Sie vermerkt die Richtung auf ihrer Karte und beginnt dann mit dem Kompass auf den Sender, auch "Fuchs" genannt, zu zulaufen. Das Tückische dabei ist, dass das Signal immer nur für kurze Zeit zu empfangen ist, nach einer Minute beginnt ein anderer der fünf Sender zu "strahlen". In hügeligem Gelände kommen weitere Probleme hinzu, die UKW-Signale spiegeln sich im Gelände, läuft man in ein Tal, dann kann es geschehen, dass das Signal aussetzt oder plötzlich aus einer anderen Richtung kommt. Svenja steigt in solchen Fällen auf zwei verschiedene Hügel und nimmt von jedem die Richtung zum Sender auf. Sie zeichnet die beiden "Peilstrahlen" in ihre Karte ein und wandert an die Stelle auf der Karte, an der sich die beiden Linien kreuzen. Das nennt man "Dreieckspeilung" und die meisten Erwachsenen wären dabei sicherlich überfordert.

Die Ursprünge des "Amateurfunkpeilens" liegen in den 20er und 30er Jahren des letzten Jahrhunderts. Man stellte im Freien Versuche an, um die noch unbekannten Funkwellen zu untersuchen. Mit "Empfängern" suchte man nach "Sendern" und aus diesen wissenschaftlichen Experimenten entstand nach und nach ein sportlicher Wettkampf. Ähnlichkeiten besitzt das "Amateurfunkpeilen" auch mit dem "Orientierungslauf", der vor allem in Skandinavien weit verbreitet ist. Das Peilsuchen ist weltweit verbreitet, in Europa mit einem Schwerpunkt im Osten. In Deutschland gibt es ungefähr 2000 Amateurfunkpeiler.

Vom 6. bis 11. September fand im polnischen Wladylawowo die 14. Europameisterschaft im Amateurfunkpeilen statt. Von den insgesamt 235 Teilnehmern aus zwanzig verschiedenen Ländern, waren 27 Teilnehmer aus der Delegation des Deutschen Amateur Radio Clubs (DARC). Der Verband zögerte zunächst, da sich Svenja Denzler aber bereits bei den Deutschen Meisterschaften mit einem zweiten und dritten Platz bewährt hatte, durfte sie trotz ihrer dreizehn Jahre an den Europameisterschaften teilnehmen.

Zusammen mit Kathrin Berse aus Dülmen und Sarah Lehmann aus Meißen bildete sie eine Mannschaft in der Kategorie "W19", der jungen Frauen unter 19 Jahren. Lehmann wurde wegen Überschreitung des Zwei-Stunden-Limits am ersten Tag disqualifiziert, jede fünfte Läuferin in dieser Kategorie schied wegen Zeitüberschreitung aus. Kathrin Berse glich die Disqualifizierung ihrer Freundin aus und fand alle Sender. Daraufhin entschied sich Svenja Denzler taktisch richtig: Um die Zeit nicht zu überschreiten, suchte sie nur einen Sender und kehrte dann ins Ziel zurück. Diese kluge Entscheidung brachte den Mädchen die Bronze-Medaille!

Mit acht Medallien erreichte Deutschland den vierten Platz in der Länderwertung. Auf den Plätzen eins bis drei landeten die Favoriten Tschechien, Rußland und Ukraine.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung