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04.11.2013

GV Liederkranz Schriesheim: Der "Entfremdung" folgte die Trennung

Schriesheim. (nip) Nach nur knapp zwei Jahren Zusammenarbeit gehen der Gesangverein Liederkranz Schriesheim (GV) und Chorleiter Dr. Henning Scharf getrennte Wege. In der Pressemitteilung des Vorstands heißt es, "dass es keine gemeinsame Basis für eine fruchtende Chorarbeit gibt." Und weiter: "Zwischen den Sängerinnen und Sängern des Männer- und Frauenchors war eine große Entfremdung festzustellen."

Das ist starker Tobak. Wobei unklar bleibt, ob "Entfremdung" nun eine sich verschlechternde Beziehung zwischen den Chören umschreibt oder die Zusammenarbeit mit dem Chorleiter meint.

Jedenfalls hat Scharf seinen Vertrag zum 31. Oktober gekündigt. Der Probebetrieb läuft mit den Vizechorleitern weiter, bis der Vorstand passenden Ersatz gefunden hat. Das sei nicht einfach, gibt Vorsitzender Klaus Urban auf Anfrage zu. Er selbst favorisiere zwar das bewährte Modell mit einem Leiter für beide Chöre, doch scheine dies räumlich und zeitlich kaum machbar. Denn der Liederkranz beugt sich den Stimmen, die weiter getrennte Proben von Frauen und Männern verlangen. "Die gemischten Stücke waren nur als Zugaben gedacht."

"Das Potenzial des Vereins liegt gerade im gemischten Singen", findet hingegen der Musiklehrer und Erziehungswissenschaftler Scharf, der seit zwölf Jahren Organist der evangelischen Kirchengemeinde Heddesheim und Leiter mehrerer Chöre in Hessen und Rheinland-Pfalz ist. Doch einige Sänger hätten das nicht gewollt, obwohl die Einzelchöre durch das gemischte Singen in ihrer Singularität nicht gestört worden seien. "Ich habe nur wenige gemischte Sachen machen können - und wenn, dann war es auch wieder falsch", sagt er. Urban dazu: "Wir wollten von Anfang an nicht forcieren, dass wir nur noch zusammen singen." Eventuell habe Scharf falsche Voraussetzungen übernommen.

Und tatsächlich: Als der Chorleiter die Nachfolge von Kurt Arras antrat, war um den Vorsitzenden Jürgen Betzin noch ein anderer Vorstand im Amt. "Betzins Konzept lag auf meiner Wellenlänge, wir hatten eine Vision", so Scharf. Doch die Equipe der Erneuerer warf während der Jahreshauptversammlung im Februar das Handtuch - begleitet von deutlichen Worten der damaligen Geschäftsführerin Charlotte Günther. Sie hatte von einem "neuen Weg" gesprochen, der aber an "vereinsinternen Herausforderungen und Klippen" gescheitert sei. "Ab da fehlte mir die Rückendeckung", so Scharf.

Hauptkritikpunkt war laut Urban, dass Scharf dem Wunsch nach mehr Einzelchorproben zu zögerlich begegnet sei. Auf die Frage, warum man das dem Leiter nicht rechtzeitig mitgeteilt habe, antwortet der Vorsitzende, man habe abwarten wollen. Scharf habe von Anfang an gesagt, dass er lieber "behutsam" arbeite. Der Chorleiter wiederum erklärt, dass nur ein Gespräch mit ihm geführt worden sei - nämlich das letzte.

Der vom Verein als nicht zufriedenstellend empfundene Auftritt beim Festbankett des MGV in Altenbach habe das Fass, so Urban, zum Überlaufen gebracht. Fachlich sei Scharf jedoch hervorragend, spiele wunderbar Klavier und sei sehr sympathisch. Einen Hoffnungsschimmer in der Neubesetzung sieht der Vorsitzende dennoch - demnächst wird der Frauenchor das erste Probedirigat mit einer Chorleiterin führen. Und der "zweite" Hoffnungsschimmer sei, dass diese Chorleiterin Kontakte zur Besetzung der zweiten Dirigentenstelle nutzen könnte.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung