Schriesheim im Bild 2023

06.11.2013

CDU findet Höfers Gegenkandidat "ehrlich, authentisch, geeignet"

Von Carsten Blaue

Schriesheim. Michael Becker ist der Bürgermeisterkandidat des "bürgerlichen Lagers". Nachdem die Freien Wähler dem 42 Jahre alten Eppelheimer schon vergangene Woche ihre Unterstützung zusagt hatten, zog der CDU-Stadtverband gestern Abend im Hotel "Zur Pfalz" nach. 95 Prozent der anwesenden Mitglieder stimmten für Becker - bei einer Gegenstimme und einer Enthaltung. "Das ist ein starkes Signal. Ich halte Sie für einen geeigneten, ehrlichen, authentischen und guten Kandidaten", sagte Ortsvorsitzender Daniel Schneegaß nach der Abstimmung. Das monatelange, zähe Suchen nach einem Herausforderer für Amtsinhaber Hansjörg Höfer hat ein Ende.

Becker dankte für das Vertrauen. Das werde er als Bürgermeister zurückzahlen, "wenn wir es zusammen schaffen." Wahltag ist am 1. Dezember. Bis dahin hat Becker Zeit, die Bürger von sich zu überzeugen und inhaltlich zuzulegen. Gestern Abend agierte er thematisch schmal. Tragisch war das nicht. Ging es doch zunächst darum, das Bauchgefühl der CDU-Mitglieder anzusprechen, sie als Typ zu überzeugen. Und das tat der Elektromeister und Betriebswirt (HWK), was auch eine Rückmeldung von Alt-Stadtrat Siegfried Schlüter bewies: "Ich spüre Ihr Engagement für das Amt." Das Bodenständige am Kandidaten reflektierte CDU-Landtagsabgeordneter Georg Wacker.

Tatsächlich agierte Becker völlig unverstellt. Er ist ein Mann des Dialekts, nicht der gedrechselten Sätze. Doch was er sagte, das klang für die CDU nachvollziehbar. Die vier Themen in seiner Vorstellung hatte Becker schnell durch. Die dringende Schulsanierung etwa im Rahmen einer vertraglichen Kooperation mit privaten Partnern, die Wirtschaftsförderung als "Chefsache", offene Kommunikation als Basis des Erfolgs, sowie eine Prioritätenliste zur Planungssicherheit: Dabei beließ er es, um danach Zeit für Fragen zu lassen. Dafür bedankte sich Schlüter abschließend ausdrücklich unter großem Gelächter. Verstanden doch alle die Spitze gegen Hansjörg Höfer. Der Bürgermeister hatte bei seiner Auftaktveranstaltung keine offene Fragerunde zugelassen.

Becker parierte das Nachhaken. Seine Beratungsfirma für kleine Betriebe und Mittelständler werde im Falle eines Wahlsieges von seinem Bruder weitergeführt. Und ja, wenn er gewählt würde, dann würde er "selbstverständlich" nach Schriesheim ziehen: "Aber bitte was mit Garten". Für die beiden sechs und acht Jahre alten Kinder, so der Familienvater lächelnd. Klar, dass auch Fragen zu Beckers CDU-Vergangenheit kommen mussten. 2006 rückte er für die Union in den Eppelheimer Gemeinderat nach. Nach dem Zerwürfnis mit dem Fraktionssprecher trat er Jahre später aus der Partei aus und schloss sich der Eppelheimer Liste an: "Das war eine persönliche Sache." Zu allen anderen in der Eppelheimer Union habe er ja ein gutes Verhältnis. Eine Rückkehr in die Partei wollte Becker aber nicht versprechen: "Ich will für Schriesheim unabhängig sein." Dafür sprach auch, dass er sich nach einer entsprechenden Einlassung Schlüters jegliche finanzielle Unterstützung im Wahlkampf verbat: "Das will ich nicht. Ein Bürgermeister muss auch finanziell unabhängig sein. Ihre Informationen sind mir dagegen Gold wert." Dafür gab es spontanen Applaus der Christdemokraten. Diese hörten auch genau hin, als Becker eine bessere Bus-Anbindung Altenbachs an die Supermärkte und Einkaufsmöglichkeiten der Kernstadt vorschlug, um den Wegzug aus dem Odenwaldortsteil zu stoppen. Karl Reidinger hatte das Problem angesprochen. Kein Problem hat Becker dagegen mit seiner Kompetenz. Durch sein Kontaktstudium an der Hochschule für öffentliche Verwaltung in Kehl sieht er sich gerüstet.

Wacker und Schlüter waren es dann, die weitere Fragen mit Kritik an Höfer verbanden. Schriesheims hohes Ansehen in der Kurpfalz sei verloren gegangen, so der Abgeordnete. Was Becker zu tun gedenke, dass die Stadt wieder in einem besseren Licht erstrahlt. "Vielleicht kann man schon ein bisschen was Optisches an den Ortseingängen machen", so Becker unter fröhlichem Raunen der Unionsmitglieder.

Schlüter legte dann gegen Höfer nach. Bei dessen Vorgänger Peter Riehl habe die Tür immer offen gestanden für die Bürger. Bei Höfer bekomme man nur schwer einen Termin oder auf Anfragen auch mal gar keine Antwort. Wie Becker das machen wolle. "Ich werde ansprechbar sein. Als Bürgermeister will ich mich ja nicht verstecken." Auch Beckers Verhältnis zu Vereinen prüfte Schlüter. Der Kandidat betonte deren Wichtigkeit auch in der Jugendförderung und sagte: "Unterm Strich soll es den Vereinen gut gehen. Finanzieren kann man aber nicht alles." Und da gab es dann wieder so einen sympathischen Becker-Moment. Spontan erzählte er, dass er beim Derby gegen Schifferstadt erstmals Ringen live erlebt habe: "Super! Da müssen Sie mal hingehen." Schmunzelnde Blicke im proppenvollen Nebenraum der "Pfalz".

Der Bürgermeisterwahlkampf begann gestern also erst richtig. Morgen Abend geht es für Becker weiter. Dann stellt er sich bei der FDP vor.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung