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26.11.2013

Schriesheim: Michael Beckers Unterstützer sind "auch persönlich enttäuscht"

Schriesheim. Nach der amtlichen Vorstellung der Bürgermeisterkandidaten in der Mehrzweckhalle habe man am Freitag noch lange zusammengesessen, sagt Michael Mittelstädt. Der CDU-Fraktionschef im Gemeinderat wirkt gestern Nachmittag am Telefon immer noch bedient. Schon am Samstag hatte er eine Pressemitteilung von CDU, Freien Wählern (FW) und FDP angekündigt. Und nach dem, was in den vergangenen Tagen über ihren Bürgermeisterkandidaten, Michael Becker, bekannt geworden war, überraschte der Inhalt des kurzen Schreibens nicht.
"Die Parteien der CDU, Freien Wähler und der FDP in Schriesheim", heißt es da wörtlich, "haben sich am Freitag den 22. November 2013 entschlossen, Herrn Michael Becker mit sofortiger Wirkung im Wahlkampf zum Bürgermeister der Stadt Schriesheim am 1. Dezember 2013 nicht mehr zu unterstützen." Grund seien die neuen Informationen über Beckers parteipolitische Aktivitäten in den letzten Jahren. Er hatte zugegeben, stellvertretender Landeschef der als rechtspopulistisch eingestuften Partei "Die Freiheit" gewesen zu sein und sich später um einen Landeslistenplatz der "Alternative für Deutschland" (AfD) für die Bundestagswahl bemüht zu haben. Die Bewerbung hatte er geschrieben, dann aber wohl nach eigener Aussage wieder zurückgezogen (wir berichteten).
"Hätten dem Auswahlgremium, den Parteien und den Fraktionen diese Informationen im Vorfeld vorgelegen, hätten wir Herrn Becker weder in die engere Wahl gezogen, noch ihn unseren Mitgliedern zur Unterstützung vorgeschlagen", schreiben CDU, FW und FDP unisono und fahren fort: "Dass Herr Becker uns diese Informationen vorenthalten hat, enttäuscht uns auch auf persönlicher Ebene. Offenheit und Ehrlichkeit sind das Fundament für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit. Dieses Fundament war, wie wir nun erkennen müssen, nie vorhanden, weshalb wir Herrn Becker unsere Unterstützung entziehen."
Die Pressemitteilung der drei politischen Kräfte endet mit einer Entschuldigung - bei ihren Mitgliedern und "vor allem bei den Schriesheimer Bürgern". Schließlich hoffen CDU, FW und FDP auf deren Verständnis.
Becker macht weiter
Die "Bürgerlichen" hatten vor Wochen noch in Mitgliederversammlungen über die Unterstützung für Becker abgestimmt. Deren Ende beschlossen nur die Vorstände und Stadträte der CDU, FW und FDP. Es sollte schnell gehen, auch um weiteren Schaden für die Parteien und die Wählervereinigung zu vermeiden, wie Mittelstädt sagt. Jetzt soll es ans Aufarbeiten des Kandidatendesasters gehen. Gemeinsam wollen die drei politischen Kräfte das tun, aber auch getrennt mit ihren Mitgliedern. Priorität habe dabei, verloren gegangenes Vertrauen bei den Mitgliedern und bei den Bürgern zurückzugewinnen, so der CDU-Fraktionschef gegenüber der RNZ, der dabei gestern auch für die FDP und die FW spricht.
Die SPD hatte Becker vor knapp zwei Wochen ebenfalls zur internen Mitgliederversammlung eingeladen, danach zwar "inhaltliche Differenzen" ausgemacht und keine Wahlempfehlung abgegeben, Becker aber auch "sympathisch, offen für Anregungen und dialogorientiert" erlebt. Gestern reagieren auch die Sozialdemokraten auf die jüngsten Erkenntnisse: "Die SPD Schriesheim ruft die Wählerinnen und Wähler auf, dem Bewerber Michael Becker ihre Stimme zu verweigern." Von dessen politischer Gesinnung distanziere sich die SPD "aufs Schärfste".
Becker habe die Bürger und die Mitglieder der SPD getäuscht, "indem er inakzeptable Stationen seines politischen Lebens bewusst verschwiegen hat". Daher sei Becker für die Genossen "politisch wie menschlich" als Bürgermeister undenkbar: "Daher gilt es jetzt den Amtsinhaber zu unterstützen", so SPD-Ortschef Sebastian Cuny abschließend. Damit ist die SPD die erste Partei, die sich in diesem Wahlkampf offen für die Wiederwahl Hansjörg Höfers ausspricht.
Becker jedenfalls, der gestern nicht persönlich zu erreichen war, macht weiter. Nachdem er noch am Samstagvormittag seine Kandidatur zurückziehen und alle Wahlkampfaktivitäten sowie öffentlichen Auftritte einstellen wollte, wie aus einer E-Mail an seine ehemaligen Unterstützer hervorgeht, überlegte er es sich am Nachmittag anders. Für ihn persönlich sei es "sehr wichtig, den Wahlkampf sauber und ordentlich zu Ende zu bringen. Dem öffentlichen Druck werde ich mich jetzt nicht geschlagen geben", schrieb er. Also kann man Becker heute Abend im Dorfgemeinschaftshaus in Ursenbach erleben, bei der amtlichen Vorstellung der Kandidaten ab 20 Uhr.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung