Schriesheim im Bild 2023

21.12.2013

Schriesheims Bürgermeister Hansjörg Höfer im RNZ-Jahresgespräch

Von Carsten Blaue

Schriesheim. Im Gespräch mit der RNZ ließ Bürgermeister Hansjörg Höfer das Jahr 2013 Revue passieren. Dabei ging es auch um die großen Baustellen und Zukunftsfragen der Stadt - und natürlich um die Bürgermeisterwahl.

Herr Höfer, was hat sich für Sie besser angefühlt, die Wahl zum Bürgermeister vor acht Jahren oder jetzt die Wiederwahl?

(lacht) Mein Erfolg bei der Wahl im Jahr 2005 war für mich überraschend. Danach war ich wie ferngesteuert, bis alles abgewickelt war. Auch in Bezug auf meinen bisherigen Beruf. Die Glückwünsche waren toll damals. Es war ein wenig wie das Schweben auf Wolke sieben. Dieses Jahr war die Wiederwahl eine große Erleichterung und eine Bestätigung für mich. Das eindeutige Votum der Bürger war das Größte! Sie haben mit ihren Stimmen gezeigt, dass ich acht Jahre lang gute Arbeit geleistet habe und weitere acht Jahre leisten darf.

Sie wurden mit 76,7 Prozent gewählt. Bei einer Wahlbeteiligung von 49,3 Prozent. Das heißt, dass Sie die Stimmen von 34,2 Prozent aller Wahlberechtigten erhielten, also gut einem Drittel. Ist das wirklich die "breite Bestätigung", von der Sie am Wahlabend sprachen? Fallen die übrigen zwei Drittel der Wähler nicht ins Gewicht?

Die Frage ist doch, warum Bürger nicht wählen gehen. Ein Teil hat sicher gesagt, dass es sowieso läuft in der Stadt. Vielleicht interessieren sich auch nicht alle für die Arbeit des Bürgermeisters. Dennoch will ich versuchen, alle Bürger einzubinden mit dem Anspruch, eine Politik für eine breite Mehrheit anzubieten. Die Teilhabe der Bürger an der Entwicklung ihrer Stadt ist es, mit der die Bürgermeister dafür sorgen, dass die Demokratie lebt.

Vielleicht fehlte den Bürgern bei der Wahl auch einfach eine echte Alternative, nachdem Ihr Mitbewerber Michael Becker über sein politisches Vorleben gestürzt war?

Sicher, das mag auch eine Rolle gespielt haben.

Die "Bürgerlichen" warfen Ihnen im Wahlkampf Stillstand vor, Sie konterten mit dem Vorwurf der Fundamentalopposition, und die SPD meinte, Sie würden zu selten "geschicktes Gemeinderatsmanagement" für Mehrheiten betreiben. Wer hat denn nun Recht?

Die Wirklichkeit ist, dass wir in acht Jahren viel geschafft haben. Das haben die Bürger gesehen und entsprechend gewählt. Die große Mehrzahl der Beschlüsse im Gemeinderat fällt einstimmig. Eigene Akzente zu setzen heißt für die Fraktionen im Gemeinderat, Anträge zu stellen. Da kam in den letzten acht Jahren nicht viel Richtungsweisendes. Aber diese Debatte im Wahlkampf war sicher eine Überhöhung. Fachliche Auseinandersetzungen gab es ja nicht.

Sie wirkten vom Stillstandsvorwurf persönlich gekränkt.

Ja, das war ich auch. Man hat mir als Person unterstellt, nicht genug gearbeitet zu haben. Sicher, über Themen muss man diskutieren. Das ist gut so. Aber das waren Unterstellungen, die mich persönlich getroffen haben.

Wie war Schriesheims Jahr 2013 aus Ihrer Sicht - abgesehen von der Bürgermeisterwahl?

Finanziell war es ein gutes Jahr. Wir leben nicht mehr von der Substanz. Wir haben etliches erledigt, was wir vor uns hergeschoben haben, vieles auf den Weg gebracht oder geplant. Darunter etwa die kompletten Grünflächen. Man wird nächstes Jahr sehen, dass das Früchte trägt. Die Sanierung der Mehrzweckhalle ist bis auf die Beleuchtung abgeschlossen, das Sanierungsgebiet "Ladenburger Straße / B 3" wird sehr gut angenommen. Wir haben das Nahwärmekonzept für den Bereich um das Schulzentrum erarbeitet und die öffentlichen Plätze am OEG-Areal überplant. Das alles sind nur Beispiele dafür, was wir im Jahr 2013 erreicht haben.

Erschrecken Sie nicht auch manchmal, wenn Sie die Dimensionen der Rohbauten auf dem OEG-Areal sehen?

Wir haben uns damals die Art der Bebauung erarbeitet auf Basis eines Architektenwettbewerbs. Dabei haben wir auch die Bürger mitgenommen. Dass man in dieser Phase der Baumaßnahmen etwas erschrickt, ist nachvollziehbar. Aber das wird sich relativieren, wenn unsere Plätze mal fertig sind. Zudem handelt es sich ganz klar um urbanes Bauen. Wir sind hier nicht auf dem Dorf. Der Bedarf an den Eigentumswohnungen ist groß. Wir haben hier also die Zeichen der Zeit erkannt.

Bei den Themen Schulsozialarbeit und Schulsanierung haben Sie vergangene Woche Ihre Positionen unterstrichen. Was hat dazu geführt, dass Sie neuerdings Ihre persönlichen Zielsetzungen viel deutlicher formulieren?

(lacht) Es wird sich zeigen, ob ich in Zukunft immer so deutlich werden kann. Ich will und muss den Gemeinderat ja mitnehmen. Für die Schulsozialarbeit will ich zwei Stellen. Der Bedarf ist da, auch aufgrund des Themas Ganztagesschule. Ich bin kein Freund von rein ehrenamtlicher Betreuung in der Schule. Es geht hier ums Niveau. Zudem sehe ich die Schulsozialarbeit als vordringlich an, nachdem wir bisher mit der freien Jugendarbeit so kläglich gescheitert sind. Dafür gibt es bislang einfach keine breite Mehrheit im Gemeinderat.

Und Ihre Forderung, dass bis nach der Sommerpause 2014 geklärt sein muss, wie das Schulzentrum saniert wird?

Wir haben jahrelang auf diese Sanierung hingearbeitet. Der Weg hat sich jetzt verändert. Ich dachte, es geht in kleineren Schritten. Geht es aber nicht. Außerdem ist die Zinsphase und unsere Einnahmesituation günstig. Daher müssen wir in der Planung vorankommen.

Bei Sanierungskosten zwischen 40 und 70 Millionen Euro drängt sich die Frage auf, ob sich Schriesheim das Schulzentrum in dieser Größenordnung künftig überhaupt noch leisten kann.

Auch das werden wir im Schulbeirat besprechen. Auf jeden Fall gehört das Schulzentrum zur Stadt. Wir werden bei der Sanierung in Abschnitten denken. Aber ich denke nicht, dass wir die Mittel aufbringen können, wenn wir wie die Gutachter der Machbarkeitsstudie von vier jeweils zweijährigen Bauphasen ausgehen. Es wird wesentlich länger dauern, und das auch nur, wenn die Einnahmesituation für die Stadt so günstig bleibt. Ansonsten müssen wir aufhören. In Bezug auf die Schularten müssen die Parteien im Land erst mal einen "Schulfrieden" schließen. Bei den weiterführenden Schulen soll es ein Zwei-Säulen-Modell, bestehend aus Gymnasium und einer weiteren Schulart, geben.

Heiß diskutiert wurde dieses Jahr auch über die Windkraft an der Bergstraße. Der Nachbarschaftsverband stellt einen Flächennutzungsplan für mögliche Windkraftstandorte auf. Sie stehen weiterhin zu Windrädern auf Schriesheimer Gemarkung?

Nachdem der Nachbarschaftsverband mögliche Standorte festgelegt hat, müssen wir diese begutachten lassen. Bei uns kommen ja nur Gebiete an den Gemarkungsgrenzen in Frage. Daher wollen wir die Nachbargemeinden in die Beratung einbeziehen. Für mich ist aber auch klar, dass die Hangkante des Odenwalds zur Rheinebene hin frei bleiben muss.

Ein weiterer Diskussionspunkt war die "Willkommenskultur" für Zugezogene und Eingebürgerte. Werden Sie den Kompromiss des Gemeinderats nächstes Jahr umsetzen?

Ja. Wir werden alle Neubürger anschreiben und zwei, drei Termine für Stadtrundgänge anbieten. Vorher werde ich die Teilnehmer begrüßen und jeweils kurz die Stadt vorstellen. Eingebürgerte werden wir zum Willkommen in den Ratssaal einladen, wo ich sie zu ihrem Schritt beglückwünschen werde. Ich bin selber darauf gespannt.

Kritik an Ihnen gab es im Frühjahr von Seiten des Marktausschusses, als Sie den neuen Festzeltwirt Hans-Peter Küffner der Öffentlichkeit vorstellten, die Gremiumsmitglieder dabei aber außen vor blieben. Waren Sie denn mit Küffners Arbeit beim Mathaisemarkt zufrieden?

Ja, sehr. Er hat gute Arbeit geleistet und ist ein seriöser Geschäftsmann. Auch das ist wichtig. Wie es nach dem ersten Jahr mit dem Festzelt weitergeht, werden wir gemeinsam entwickeln. Fest steht, dass die Bühne nicht an die Seite verlagert wird, sondern bleibt, wo sie ist. Der Festzug im Rahmen des Stadtjubiläums wird 2014 sicher ein Highlight des Jahres für die Stadt. Und Ministerpräsident Winfried Kretschmann wird ebenso bei der BDS-Mittelstandskundgebung sprechen wie beim Festakt im Rahmen der 1250-Jahr-Feier.

Erst kürzlich war der Landesvater in Schriesheim, um die Urkunde des Madonnenberg-Ehrenpaten entgegen zu nehmen. Der Konvent fand erstmals an einem Donnerstag um 13.30 Uhr statt - also mittags an einem Arbeitstag. Dennoch kam, was Rang und Namen hat. Bleiben Sie künftig bei einem Termin unter der Woche?

An einem Donnerstag für den Weinkonvent festzuhalten, werde ich dem Vorstand des Madonnenbergvereins sicher vorschlagen. Zumal die Ehrengäste immer häufiger an den Wochenenden ausgebucht sind. Ob es aber bei der Mittagszeit bleibt, bezweifele ich. Das lag nur am Terminkalender des Ministerpräsidenten.

Wie weit sind Sie mit dem Präventionskonzept gegen Alkoholexzesse beim Mathaisemarkt?

Wir haben uns mit den Schulleitungen des Schulzentrums getroffen. Diese erarbeiten einen Brief an die Schüler und Eltern. Unter Schriesheimern klappt die soziale Kontrolle beim Mathaisemarkt zum Glück. Komasäufer kommen von auswärts. Daher werden wir auch einen Brief an die Nachbarkommunen aufsetzen. Zudem wollen wir einen Anstecker oder Aufkleber entwerfen, der für einen fairen, gewaltfreien Mathaisemarkt wirbt. Als "Kümmerer" bei diesem Thema von Seiten der Verwaltung fungiert Dominik Morast aus dem Ordnungsamt.

Dieses Jahr wurde der Durchstich des Branichtunnels gefeiert. Jetzt geht es darum, die Stadt auf das Leben mit dem Tunnel vorzubereiten. Wie weit wollen Sie damit Ende des Jahres 2014 sein?

Wir wollen uns mit dem BDS zusammensetzen und fragen, welche Sorgen und Ängste es unter den Geschäftsleuten gibt und was wir leisten können. Außerdem will ich die Gastronomen ansprechen und ihre Ideen hören. Mit dem Gemeinderat möchte ich über eine einheitliche Pflasterung der Heidelberger Straße sprechen, und schließlich habe ich mir vorgenommen, mich nach Städten umzuschauen, die vor ähnlichen Herausforderungen standen. Dort möchte ich schauen, wie die Probleme vor Ort gelöst wurden.

Und die Festplatzgestaltung?

Wir planen einen Gestaltungswettbewerb. Der Festplatz ist ja etwas ganz Emotionales. Da müssen Sie die Bürger besonders mitnehmen.

Von der Umgestaltung des Zehntkellers wird auch die Winzergenossenschaft profitieren. Sie bekommt mehr Platz. Wollen Sie die WG an den Sanierungskosten beteiligen, etwa über eine höhere Pacht?

Auf Dauer werden wir darüber reden müssen. Vielleicht auch darüber, ob sich die WG am Innenausbau beteiligt. Fest steht aber auch, dass die WG jahrelang mit schlecht beheizten Räumen leben musste, deren Wände verschimmelt sind und in die es hineinregnet. Da gab es nie eine Klage von Seiten der Winzer.

Die Hangrutschungen nach starken Regenfällen im Mai haben auch Sie in Atem gehalten. Wie geht es mit den Hangsicherungen weiter?

Diese werden uns die nächsten Jahre begleiten. Wir beginnen mit dem Bereich zwischen Branichstraße und Bergwerk. Östlich davon installieren wir Netze. Die Ausschreibung erfolgt, wenn der Haushalt 2014 verabschiedet ist.

Nächstes Jahr feiert Schriesheim auch das 30-jährige Bestehen der Städtepartnerschaft mit Uzès.

Das feiern wir gleich am 5. Januar im Rahmen des Neujahrsempfangs zum Stadtjubiläum in der Mehrzweckhalle. Ich freue mich, dass mein Kollege Jean-Luc Chapon aus Uzès zu diesem Anlass kommt. Unsere Städtepartnerschaft steht heute auf einer breiten Basis, aber der Reiz des Neuen ist weg.

Können Sie vor dem Jubiläumsjahr noch mal Kraft tanken?

Weniger. Die Weihnachtstage verbringen wir mit der Familie und Freunden. Für beide hatte ich dieses Jahr zu wenig Zeit. Zwischen den Jahren geht es aber wieder ins Rathaus. Durch die Bürgermeisterwahl ist manches liegen geblieben, das ich dann gut wegarbeiten kann.

Ausruhen also erst wieder 2015?

Abwarten, denn auch dann wird es in der Stadt sicher irgendwas geben.


Copyright (c) rnz-online

Autor: Rhein-Neckar-Zeitung