Schriesheim im Bild 2023

27.01.2014

Eine große Schlacht auf kleinem Raum

Theater-AG des KGS brachte "Gott des Gemetzels" auf die Bühne - Kreative Überraschungsmomente und mitreißende Schülerleistung

Von Nicoline Pilz

Schriesheim. Meist braucht es nur kleine Räume, um große Schlachten zu schlagen: Wenn vernichtende Vorwürfe wie Pfeilhagel auf das Gegenüber niederprasseln, fühlt sich der "Gott des Gemetzels" fast genauso wohl wie auf anderen Kriegsschauplätzen. Zumal die Grenze vom zerstörerischen Wort zur echten Tätlichkeit dann nur noch ein hauchdünner Schleier ist, der jederzeit reißen kann.

Die Dramatik dieses sich aufschaukelnden Prozesses, geboren aus der Banalität, brachte die neu zusammengesetzte Theater-AG am Kurpfalz-Gymnasium Schriesheim (KGS) in einer packenden Adaption von Yasmina Rezas Drama "Gott des Gemetzels" vor vollem Haus auf die Bühne. Von der am Ende Taschen und Klopapierrollen flogen und die Zuschauer die Köpfe einzogen, nur um kurz darauf heftigst zu applaudieren und die Truppe mit lauten "Bravo"-Rufen zu mehreren Vorhängen zu nötigen.

Schlimm und schlimmer

Gut, eigentlich gab es keinen Vorhang. Stattdessen war die Bühne offen und lief über einen roten Teppich ins Publikum hinein. Die reduzierte Kulisse verteilte sich eingangs auf zwei Schauplätze: Hier die Wohnung der blasiert geschäftigen Familie Reilles, dort die intellektuell inszenierte Bürgerlichkeit der Duponts. Beider heranwachsender Söhne lagen auf der Straße miteinander im Clinch, wobei Ferdinand Reilles dem gleichaltrigen Bruno Dupont mit einem Stock zwei Schneidezähne ausschlug.

Véronique und Michel Dupont bitten Annette Reilles und ihren Mann Alain zum klärenden Gespräch in ihre Wohnung; man will die Angelegenheit friedfertig regeln. "Wir beherrschen doch alle die Kunst des zivilen Umgangs", bemerkt Véronique, von Nina Kreutzer herausragend gespielt. Doch die Maske der Kultiviertheit weicht rasch auf. In der Folge geht es um die Frage, wer schlimm und wer schlimmer ist: der arrogante und dauertelefonierende Anwalt Alain, dem Chiara Lange beeindruckend machohafte Attitüde verlieh, oder der sich harmoniesüchtig windende Michel.

In der Rolle des feigen Hamstermörders fühlte sich Liza Schäfer überzeugend wohl. Als Vierte im Bunde der wechselnden Verbrüderungen und Anfeindungen setzte sich Janina Haring als gestresste Anwaltsgattin Annette in Szene, die sich gekonnt auf wertvolle Kunstkataloge übergab.

Mimisch wie sprachlich einfühlsam, präsent und reif agierten die Schülerinnen der elften und zwölften Klassen. Zugleich hielten sie mitreißend den Spannungsbogen.

Die sparsam, aber effizient eingesetzten Kunstgriffe der Regisseurinnen Alexandra Eschmann, Carolin Julier und Jasmin Ziegler sorgten für kreative Überraschungsmomente: Am Ende agierten nicht nur zwei, sondern sechs Ehepaare auf der Bühne - Reilles'sche und Dupont'sche Doppelgänger, die die Zahl der bitteren Anschuldigungen und Handgreiflichkeiten zu einem virulenten Crescendo nicht nur verbaler Grausamkeiten komponierten. Die ursächliche Prügelszene sah man eingangs als Filmausschnitt - nachdem die Technik endlich einwilligte, wieder zu funktionieren.

Schulleiter Matthias Nortmeyer fasste nach knapp zwei Stunden zutreffend zusammen: "Das war eine turbulente und tolle Aufführung. Ein Extralob für ein göttliches Gemetzel."

Blumensträuße und Dankesworte an Protagonisten, Regie und alle Helfer wechselten. Bei Kurzauftritten dabei waren: Pauline Grunert, Helena Kick, Friederike Schober, Alexa Gentner, Marc Himmelmann, Annika Günther, Lisa Larisch und Greta Kaiser.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung