Schriesheim im Bild 2023

22.10.2003

Außenseiter und andere Geschichten aus dem Leben

Frederickwoche an der Bergstraße: Kinderbuchautorin Katja Reider las gestern in Großsachsen und Schriesheim aus ihrem Buch "Tom in der Tinte"

Hirschberg/Schriesheim. (soh) Tom sitzt ziemlich in der Tinte. Denn da ist seine Mutter. Die verlangt doch tatsächlich von ihm, den blöden Dieter zu seinem elften Geburtstag einzuladen. Und dass, wo den keiner in der Klasse leiden kann, den elenden Streber. Ja, der dicke Malte hat sogar schon gesagt: "Wenn der kommt, dann kommen wir anderen nicht!"

Aber noch schlimmer: Mathelehrer "Spinne" will einen außerplanmäßigen Test schreiben! Und der kann seinen besten Freund Jonas das Schuljahr kosten. Noch eine schlechte Note in Mathe, und Jonas muss das Jahr wiederholen. Mit wem wird Tom dann rumhängen, mit wem Schul-Freud und Schul-Leid teilen?

Richtig kompliziert wird die Sache aber, als Malte vorschlägt, Tom solle die Fragen für den Test aus dem Lehrerzimmer klauen und kopieren. Ausgerechnet Tom, der schon bei jeder kleinen Lüge einen knallroten Kopf bekommt! Doch die Freunde bestehen darauf: Wenn Tom die Aufgaben klaut, ist er wieder einer von ihnen und die Sache mit dem blöden Dieter vergessen. Und so entschließt sich Tom, den Freunden zu helfen. Dabei geht dann erstmal einiges schief, aber Tom bekommt unerwartete Hilfe…

Wie die Geschichte um Tom, seinen besten Freund Jonas, Malte und Dieter endete, wollte Katja Reider nicht verraten, nur so viel: Sie habe schon immer einmal ein Buch über einen Außenseiter schreiben wollen, denn die gebe es wahrscheinlich in jeder Klasse.

Außerdem hat sie die Kinder während ihrer Lesung am Dienstagmorgen voll in die spannende Geschichte von "Tom in der Tinte" einbezogen. Zuerst las die Autorin in Hirschberg, wenig später in der Altenbacher Grundschule. "Wollen eure Eltern denn auch mitbestimmen, wen ihr zum Geburtstag einladet?" fragte die Autorin die Viertklässler. Und ob sie das Verhalten von Malte fair fanden und was sie denn gemacht hätten, wenn ihr bester Freund von ihnen einen Betrug verlangen würde. Begeistert machten die Kinder mit und diskutierten mit Katja Reider die Themen Eltern, Schule und Freundschaft.

Aber die Grundschüler lernten noch mehr: Zu Beginn der Lesung durften die Kinder auch persönliche Fragen stellen, denn immerhin hatten sie zum ersten Mal eine echte Schriftstellerin vor sich. Wieviel Zeit sie denn für ein Buch brauche, wollte ein Mädchen von Katja Reider wissen. Da sie nur vormittags arbeite, brauche sie so etwa zwei bis drei Monate, meinte die Autorin. Wenn mittags ihr Sohn aus der Schule komme, habe sie keine Zeit mehr zum Scheiben. Wie viele Seiten sie denn so an einem Tag schaffe, fragte ein anderes Mädchen. Je nach Tagesform bis zu zehn Seiten, antwortete Katja Reider. Und woher sie ihre Ideen nehme, wollte ein Junge wissen. Da habe sie drei Tricks, erklärte die 43-jährige. Einmal sei es hilfreich, selbst Kinder zu haben. Ihr Sohn erzähle viele Geschichten aus seiner Schule und sie frage dann nach seinen Gedanken und Gefühlen. Das inspiriere sie. Außerdem höre sie immer hin, wenn Kinder sich unterhalten, zum Beispiel in der Straßenbahn. "Meine Geschichten sind also direkt aus dem Leben gegriffen", unterstrich Katja Reider. Schließlich informiere sie sich immer genau über die Themen, zu denen sie Geschichten schreibe. Wenn sie zum Beispiel eine Indianergeschichte erzählen wolle, so Katja Reider, dann recherchiere sie alles zum Thema Indianer: Wie sie gelebt haben, wie die Kinder aufwachsen, womit sie spielen und so weiter und so weiter.

Geschockt waren die Viertklässler zunächst darüber, wie wenig Geld so ein Autor für seine Bücher bekommt: Nämlich "nur" 40 bis 50 Cent pro Buch. Das sei gar nicht so wenig, denn die Bücher würden in einer Auflage von 4000 bis 25 000 Exemplaren verkauft, beschwichtigte die Autorin. Davon könne sie sehr gut leben.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung