Schriesheim im Bild 2023

27.10.2003

Den Wildschweinen geht es bald an den Kragen

Die Jäger der Bergstraße planen eine groß angelegte gemeinsame Bewegungsjagd, um der Schwarzkittel-Plage Herr zu werden

Von Roland Kern

Schriesheim. Der Odenwald bräuchte dringend einen Obelix, der Wildschweine vertilgt wie andere Leute Gummibärchen. Am schlimmsten ist die Schwarzkittel-Plage im Moment in Altenbach und Ursenbach. Doch die Jäger versprechen baldige Abhilfe.

Ursenbachs Ortsvorsteher Thomas Edelmann ist wahrhaftig keine Memme. Doch neulich abends, als er noch auf eine späte Zigarette vor seinem Haus stand, wurde ihm gruselig zumute. Irgendwo in der Dunkelheit schmatzte es, dazu roch er einen animalischen Duft. Prompt erkannte Edelmann eine Rotte von Wildschweinen. Vielleicht 20 oder 30 Stück, sagt er heute. Und das Ärgste: Die ehemals scheuen Schwarzkittel kamen bis auf wenige Meter an den Garten heran und wollten sich gar nicht vertreiben lassen, so dreist sind die Tiere mittlerweile geworden. Für den Ortsvorsteher ist die Lage ernst und doch klar: "Die Wildschwein-Plage war noch nie so groß", klagt er, während er auf einer ehemals grünen Wiese auf der Ursenbacher Höhe steht, die im Moment einem frisch durchgepflügten Acker gleicht. Doch nicht der Pflug am Schlepper hat den Rasen zerstört, sondern unerbittlich raue Schnauzen von Wildschweinen.

Thomas Schmitz in Altenbach geht es nicht anders. Seit zehn Jahren hält der gelernte Koch auf den Wiesen am Rande des Ortes seine Pferde - und leistet damit einen deutlichen Beitrag für den Erhalt der Wiesentäler. Im nächsten Jahr, so fürchtet er, könnten sich seine Tiere die Beine brechen, so aufgewühlt sind die Flächen: Wildschweine auf der Suche nach Nahrung.

Die Leute aus den Schriesheimer Odenwald-Stadtteilen sind zunächst einmal verärgert über die Jäger ihres Reviers. Sie bezichtigen die Waidleute der zuständigen Jagdbögen der Untätigkeit, man müsse sie quasi zum Jagen tragen - doch die lassen das nicht auf sich sitzen. "Wir sind doch selbst die Geschädigten", entgegnet Jägerin Silvia Rothenburger und erklärt: "Die Schweine haben ihre Unterschlüpfe eigentlich weiter im Westen zur Bergstraße hin, sie wandern nur nachts in unser Revier, so bekommen wir sie so gut wie nicht vor die Flinte." Stimmt, sagen ihre Jägerkollegen - und planen eine konzertierte Aktion, wie sie sich zum Beispiel Ortsvorsteher Edelmann schon lange wünscht.

Der Schriesheimer Jäger und Hegering-Leiter Karl Balmert bestätigte gestern auf Anfrage der RNZ, dass die Jäger an der Bergstraße und im Vorderen Odenwald das Problem erkannt haben und eine gemeinsame "Bewegungsjagd" ins Visier genommen haben. Etwa 30 Schützen und fast nochmal so viele Treiber sollen sich wahrscheinlich im Januar zusammentun, um fette Wildschweinbeute zu machen. "Mindestens zehn Sauen", verspricht sicht Balmert von der gemeinsamen Jagd. Die Tiere, die nicht getroffen werden, sollen zumindest einen solchen Schreck in den Gliedern haben, dass sie sich in entfernte Reviere trollen, wo sie nicht so viel zerstören können. Balmert übersetzt aus dem Jägerlatein: "Die Luft muss an diesem Tag einfach überall bleihaltig sein." Alle Waidmänner und - frauen stehen, sagt er, Gewehr bei Fuß. "Es gibt niemanden, der sich dagegen sperren würde", erklärt er.

Allerdings verweist der Ober-Jäger darauf, dass eine solche Bewegungsjagd "mit Haken und Problemen verbunden ist". Die Verkehrsbehörde muss zum Beispiel eingeschaltet sein, zuvor müssen Warnschilder aufgestellt werden, die Bevölkerung informiert. Alles in allem wird die Großjagd die Jäger der Bergstraße wohl an die 5000 Euro kosten. "Trotzdem machen wir's", versichert Balmert, der übrigens, wie er sagt, ganz beiläufig einen "teuflischen Plan" ausgeheckt hat: alle Schriesheimer Gemeinderäte sollen als Treiber fungieren.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung