Schriesheim im Bild 2023

28.05.2014

Grüne gewannen 18 von 25 Schriesheimer Wahlbezirken

Analyse der Gemeinderatswahl: 15 Mal über 30 Prozent für die GL - CDU fünf Mal vorne, FW am stärksten auf dem Branich

Von Carsten Blaue

Schriesheim. Die Stimmen der Gemeinderatswahl sind ausgezählt, die Mandate verteilt. Der historische Wahlsieg der Grünen Liste (GL) war gestern ebenso Stadtgespräch wie das Abschneiden der anderen Parteien. Natürlich war auch Gisela Reinhards verpasste Wiederwahl ein Thema. Über drei Jahrzehnte lang hat sie mit dafür gekämpft, dass sich die Grünen in Schriesheim etablieren. Und ausgerechnet jetzt, da diese erstmals die stärkste Fraktion stellen werden, gehört Reinhard nicht mehr dazu. Zwar verlor sie 126 Stimmen. Mit ihren 2790 Stimmen war sie aber immer noch besser als sieben der 21 Stadträte, die für die Kernstadt in den neuen Gemeinderat einziehen werden. So ist das mit dem System der Verhältniswahl.

Ebenfalls nicht wiedergewählt wurden Adrian Ahlers und Oliver Schrade (beide CDU). Alle anderen Stadträte, die dem neuen Gemeinderat nicht mehr angehören werden, traten zur Wahl nicht mehr an: Karl-Heinz Schulz (SPD), die beiden Altenbacher in den Reihen der Freien Wähler, Dr. Herbert Kraus und Alfred Burkhardt, sowie Thomas Edelmann (CDU) aus Ursenbach.

Die Wähler wollten Kontinuität. 21 Stadträte wurden wiedergewählt. Frischer Wind kommt vor allem aus den Ortsteilen mit Sabine Fath (Grüne), Hans Beckenbach (FW) und Dr. Renate Hörisch-Helligrath (SPD). Aus der Kernstadt haben, wie berichtet, Andrea Diehl (CDU) und Georg Grüber (Grüne) auf Anhieb den Sprung ins Stadtparlament geschafft.

Die Grünen holten bei der Gemeinderatswahl insgesamt 46 924 Stimmen (30,8 Prozent). Ihre acht künftigen Stadträte vereinen davon genau 25 142 auf sich – weit mehr als die Hälfte (siehe Kasten). Bei CDU und Freien Wählern (FW) ist die Konstellation der absoluten Stimmzahlen interessant. Die Union erzielte mit gerundeten 24,7 Prozent (37 641 Stimmen) zwar gut drei Punkte oder 4665 Stimmen mehr als die FW mit 21,7 Prozent (32 976). Die sechs künftigen Stadträte der FW schneiden in der Addition ihrer Einzelergebnisse (17 927 Stimmen oder 54,4 Prozent ihrer Gesamtstimmenzahl) allerdings besser ab als die sechs Mandatsträger der CDU (16 660 Stimmen, 44,3 Prozent).

Auch beim Blick auf die Einzelergebnisse in den 25 Wahlbezirken wird die Dominanz der Grünen Liste bei der Gemeinderatswahl deutlich. Die Wählervereinigung gewann 18 Wahlbezirke, 15 davon mit 30 Prozent oder mehr – auch in "Nord". Ihre bestes Resultat erzielten die Grünen im Altenbacher Wahlkreis 20, der Straßen südlich der Hauptstraße abdeckt. Diesen gewannen sie mit 41 Prozent. 38,5 Prozent und 37,1 Prozent holten sie in Schriesheim in den Straßen rund um das Schulzentrum. Stark auch ihr Ergebnis nördlich der Hauptstraße in Altenbach mit 35,6 Prozent. Knapper war es mit 26,8 Prozent in den "Fensenbäumen". Hauchdünn der grüne Vorsprung im Altstadt-Wahlbezirk 10: Hier war die Grüne Liste mit 29,34 Prozent der Stimmen gerade mal um einen Zehntelpunkt besser als die CDU, die fünf Wahlbezirke für sich entschied, darunter zwei der vier Briefwahlbezirke sowie den Steinach-Wahlbezirk 7 mit 28,4 Prozent und den Wahlbezirk 9 (Römer-, Bismarck-, Friedrich- und Heidelberger Straße) mit 25,4 Prozent. Stark war die CDU im Altenbacher Wahlkreis 19 ebenfalls im Süden der Hauptstraße mit gut 30 Prozent – quasi in direkter Nachbarschaft zum besten Wahlbezirk der Grünen. Für diese war der Branich nicht zu holen. Wenig überraschend setzten sich hier die Freien Wähler mit 31,6 Prozent durch, die im Wahlkampf als Einzige eine zweite Zu- und Abfahrt für den Berg als notwendig und wünschenswert bezeichneten. Auch die SPD holte sich nur einen Wahlbezirk, damit allerdings gleich einen ganzen Ortsteil: Die Genossen dominierten in Ursenbach mit 30,2 Prozent im Gesamtergebnis, ihre für den Ortsteil nominierten Kandidaten Leonardo Papandrea und Inge Pfrang konnten sich jedoch nicht durchsetzen.

Festzuhalten bleibt schließlich, dass die Wähler auch dieses Jahr dem Kumulieren und Panaschieren ihren Tribut zollten. Insgesamt 299 Stimmzettel waren ungültig, eine Quote von knapp 4,3 Prozent.

Das Ergebnis der Gemeinderatswahl sorgte, schon kurz nachdem es am Montag feststand, für erste Gedanken in einer nicht ganz unwichtigen Frage: Wie wird im neuen Gemeinderat die Stellvertretung des Bürgermeisters geregelt? Bislang war es Usus, dass das Amt des Ersten Stellvertreters der stärksten Fraktion zusteht, in Zukunft also den Grünen. Würde die Legitimation für den Vize-Posten zudem vom persönlichen Wahlergebnis abgeleitet, müsste die "Stimmkönigin" der Grünen, Dr. Barbara Schenk-Zitsch, vorgeschlagen werden – wenn sie dafür bereitstünde und die Beratungen des künftigen Gemeinderats diese Lösung ergeben würden. Schenk-Zitsch wäre in Schriesheim die erste Grüne und die erste Frau überhaupt in diesem Amt.

Info: Am heutigen Mittwoch, 28. Mai, tagt um 17 Uhr der Gemeindewahlausschuss öffentlich im Großen Sitzungssaal des Rathauses. Hier werden die Endergebnisse der Gemeinderatswahl, der Kreistagswahl in Schriesheim sowie der Ortschaftsratswahlen bekannt gegeben.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung