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19.10.2014

Schriesheimer helfen den Flüchtlingen, wo sie können

Deutsch-Kurs, Schule, Kindergarten, Spenden: Die Unterstützung für die syrischen Flüchtlingsfamilien aus dem Kleinen Mönch ist groß

Von Carsten Blaue
Schriesheim. Vor knapp vier Wochen bezogen die fünf syrischen Familien das Haus im Kleinen Mönch 5. Die 25 Flüchtlinge aus den Bürgerkriegsgebieten ihrer Heimat sind dabei, sich in Schriesheim einzuleben: "Unser Ziel ist es, ihnen zu helfen, damit sie in den nächsten Wochen noch selbstständiger werden", sagt Grünen-Stadt- und Kreisrätin Fadime Tuncer. Diese Unterstützung nimmt inzwischen konkrete Formen an: "Es gibt viel zu tun".

Sie steht den Asylbewerbern von der ersten Minute an zur Seite, und das ehrenamtlich. Zudem hält sie den Kontakt zu den Betreuern von Seiten des Rhein-Neckar-Kreises und zu den Behörden. Vergangenen Freitag bot Tuncer im katholischen Pfarrzentrum eine Art Infoabend für Mitbürger an, die helfen wollen. Das Treffen wurde vorher bewusst nicht an die große Glocke gehängt. Auch so kamen über 40 Personen, darunter Anwohner, Mitglieder beider Kirchengemeinden und des Arbeitskreises Schriesheimer Senioren (ASS) sowie Bürger mit guten Kontakten zu Vereinen: "Und auch viele Jugendliche im Alter zwischen 14 und 18 Jahren waren da", freut sich Tuncer. Bei ihr stehe das Telefon nicht mehr still: "Viele bieten ihre Hilfe an." So habe der Jugendgemeinderat schon eine Idee geäußert, wie er Zeit mit den gleichaltrigen Syrern verbringen könnte. Ferner stehe der ASS zum Beispiel für Hausaufgabenbetreuung zur Verfügung, für die der Unterrichtskreis in der Bahnhofstraße Räume in Aussicht stelle. Auch Spiele könnte man hier machen.

Die Familien haben Kinder im Kindergarten-, Grundschul- und Teenageralter. Das Landratsamt sorgte laut Tuncer dafür, dass alle einen Platz bekommen. Bei den Kleinsten laufe die Anmeldung für den Kindergarten, die Grundschüler würden jetzt am Montag eingeschult und ab Dienstag in den Klassen unterrichtet, und für die Ältesten werden weiterführende Schulen außerhalb Schriesheims gesucht, die über Vorbereitungsklassen verfügen. Diese bereiten ausländische Kinder auf den normalen Schulalltag vor.

Auch die Erwachsenen drücken die Schulbank: Gestern begann ihr Deutsch-Kurs in der Schriesheimer Volkshochschule (VHS). Dazu Tuncer: "Sie wollen unbedingt die Sprache lernen." Außerdem erwähnt sie lobend den Leiter der VHS, Frank Röger, der "sehr offen und kooperativ" gewesen sei, um diesen Zusatzkurs außerhalb des Semesterprogramms auf die Beine stellen zu können. Auch sonst ist die sinnvolle Zeitgestaltung ein wichtiges Thema bei der Koordination der Hilfe. Freilich sagt Tuncer dazu: "Die Familien sind bereits jetzt sehr unternehmungsfreudig." So seien sie mit der Bahn beispielsweise schon nach Mannheim gefahren, um die Yavuz Sultan Selim Moschee aufzusuchen, oder nach Weinheim, um hier im türkischen Supermarkt einzukaufen.

Aber ein geregelter Tagesablauf müsse das Ziel sein. Auch im Sinne des Zusammenlebens im Kleinen Mönch. Tuncer berichtet, wie aufgeschlossen die Nachbarn gegenüber den Syrern seien: "Aber diese Akzeptanz sollte man nicht ausreizen." Denn es sei jetzt durchaus lauter im Kleinen Mönch: "Die Kinder spielen auf der Straße, und wenn sich die Eltern bei offenem Fenster unterhalten, dann hört man das. Diese Menschen haben eben auch ein anderes Temperament", lächelt Tuncer.

Sie habe "Hochachtung" vor den Familien, wie sie sagt. Aus Gesprächen weiß sie, dass die Flüchtlinge in ihrer Heimat fast alles zurücklassen mussten: "Sie machten sich nur mit dem, was sie tragen konnten, auf den Weg." Entsprechend wird jetzt Manches gebraucht, aber eben nicht alles: "Ich musste an dieser Stelle eher etwas bremsen", so Tuncer. Die Bürger hätten viele Dinge angeboten, einige hätten sogar zuvor Fotos geschickt. Etwa von Möbeln. Wichtiger war aber zunächst Kleidung für die kälteren Jahreszeiten, denn die Asylbewerber kamen ja mit Sommersachen in die Stadt. Tuncer berichtet zudem, dass sie andere Schriesheimer gefragt hätten, ob Geldspenden willkommen seien. Ein weiterer Aspekt. Denn eigenes Geld durch Arbeit dürfen die Asylbewerber nach geltender Rechtslage nicht verdienen. Höchstens über Ein-Euro-Jobs. Also ist Tuncer auch diesbezüglich mit der Stadt im Gespräch - ob es eine Möglichkeit von zweckgebundenen Spenden an das Rathaus gebe oder Chancen der Beschäftigung. Etwa im Bauhof. Den Lohn würde wiederum das Landratsamt bezahlen.

Für Tuncer gibt es aber etwas, das sie fast wichtiger findet als die materielle Unterstützung der Flüchtlinge: "Man sollte auf sie zugehen und sich auf sie einlassen." Sie selbst und auch Nachbarn hätten hier Schönes erlebt: "Wenn man sie besucht, dann sollte man Zeit mitbringen. Sie bieten einem gleich Tee an und freuen sich." Eine Möglichkeit des Kennenlernens gibt es für den Kreis der Unterstützer bereits in Kürze. Tuncer organisiert ein Treffen, an dem auch die syrischen Familien teilnehmen werden.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung