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06.11.2003

Riehl: "Nur so schaffen wir Wohnraum für Familien"

Schriesheimer Bürgermeister verteidigt das "Familien-Quartier" im Neubaugebiet Nord - "Nutzt nichts, wenn's leer steht"

Schriesheim. (ron) Mit heftiger Kritik an den Gegnern des Neubaugebietes "Nord" hat Schriesheims Bürgermeister Peter Riehl gestern die Gemeinderats-Sitzung vom letzten Mittwoch nachbereitet. Die Einwände, die vor allem von der SPD kamen, hält der Rathauschef für "unqualifiziert und schädlich für die Stadt".

Riehls Bauamtsmann für Bebauungspläne, Friedrich Urban, legt sorgfältig ein abgeschrubbtes Lineal auf den "Nord"-Bebauungsplan. Zwischen dem Mittelpunkt der ehemals "Öko-Quartier" und nun "Familien-Quartier" genannten Fläche und einer 4000 Quadratmeter großen Grünfläche weiter östlich liegen gerade mal zehn Zentimeter. Laut Planmaßstab sind das 100 Meter. Auf diesen 4000 Quadratmetern, so Riehl und Urban, soll es Spielplätze geben und parkähnliche Anlagen. "Jetzt frage ich mich", so der Bürgermeister verwundert, "wo man da von einem sozialen Problemgebiet reden kann?" Die Gemeinderats-Fraktionen, so Riehls Kritik, haben den "Nord"-Plan bei der Debatte um das "Familien-Quartier" nur "stückweise betrachtet, ohne die Gesamtheit des Bebauungsplanes zu sehen".

"Florett und Säbel benutze ich auch, aber nicht das Hackbeil"

Er wirft dabei vor allem der SPD vor, die Debatte nicht sorgfältig genug vorbereitet zu haben und "nicht über den Tellerrand hinausschauen zu können". Riehls Argument: In den Fensenbäumen, Schriesheims jüngstem Neubaugebiet, beträgt der Grünflächenanteil sieben Prozent der Gesamtfläche - und im Allgemeinen werden die Fensenbäumen wegen ihrer Grüngestaltung sogar gelobt.

Im gesamten "Nord"-Gebiet sind jetzt sogar zehn Prozent als Grünfläche ausgewiesen. Und selbst im sehr dicht bebauten "Familien-Quartier" liegt der Anteil noch bei sieben Prozent - also genauso hoch wie in den Fensenbäumen. Außerdem, so Riehl, ermögliche die massive Bebauung des Quartiers eine lockerere Anordnung im restlichen Teil des Gebietes. Grundsätzlich steht der Rathauschef hinter der Philosophie des Gebietes. "Nur so können wir für Familien Wohnraum anbieten, der erschwinglich ist", erklärt er. Der Wohnraum sei "eingeschränkt, aber ausreichend". Die Alternative für die Personengruppe sei "eine Etagenwohnung in einem Wohnblock, und wer will da heute noch rein". Die Fraktionen des Gemeinderates ("die so ein scharfes Geschütz auffahren") seien jetzt vielmehr aufgerufen, an der sozialen Ausgestaltung des Gebietes mitzuarbeiten.

Heftig kritisierte Riehl erneut die Umgangsformen während der letzten Sitzung, in der SPD-Stadtrat Frieder Menges der Satz entwich: "Wer so etwas baut, der gehört eingesperrt." Riehl: "Wenn der Gemeinderat Dinge so schlechtredet, muss er sich überlegen, wem er damit hilft und wem er damit schadet." Er selbst sei ja auch bekannt dafür, in kommunalpolitischen Diskussionen mal "mit dem Florett und mal mit dem Säbel zu fechten" (wie es SPD-Fraktionschef Hans-Jürgen Krieger in der Sitzung erklärt hatte), das sei auch in Ordnung. Zum Thema "Familien-Quartier" habe die SPD aber "zum Hackebeil gegriffen".

Riehl und Urban lassen das Argument der zu dichten Bebauung nicht gelten. "Was hätten wir dann für ein Zusammenleben in der Altstadt?", so Riehls Frage an die Sozialdemokraten. In dem wegen seiner Wohnqualität so hochgelobten Altstadtquartier "Rosengasse" ist laut Auskunft von Friedhelm Urban die Baudichte wesentlich höher als im "Familienquartier". Und der nächste Spielplatz sei viel weiter weg, ergänzt Riehl. Der Bürgermeister: "Dieses Baugebiet ist durchdacht bis Zum-Geht-Nicht-Mehr" und die Planer der Firma Conceptaplan, so der Rathauschef, "haben bestimmt mindestens so viel Sachverstand wie ihre Kritiker".

In der Frage des ökologischen Bauens gebe es indessen "null Dissens" mit den Grünen und Öko-Gutachter Dr. Michael Gagelmann, so Riehl. "Wir sind uns alle darüber im Klaren, was hundertprozent ökologisches Bauen ist." Allerdings habe die Stadtverwaltung letztlich aus Gründen der Vermarktung andere Vorgaben machen müssen. "Die ganze Ökologie nützt uns nichts, wenn wir die Dinger nicht verkaufen können und sie leerstehen", so Riehl. Allerdings sieht er das gesamte Neubaugebiet "Nord" mit seiner "ökologischen Zielsetzung in der Region ganz vorne". In einem Pressegespräch nahm Riehl gestern auch Stellung zu den finanzpolitischen Problemen, die mit dem Neubaugebiet einhergehen.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung