Schriesheim im Bild 2023

20.11.2003

Wieder mal: Ein Pfälzer folgt einem Pfälzer

Stabwechsel gestern beim Badischen Weinbauernverband Bereich Badische Bergstraße - Auf Dr. Werner Schön folgt Dr. Christoph Löwer

Dr. Werner Schön (4.v.l.) war 35 Jahre lang Geschäftsführer des Badischen Weinbauernverbands, Bereich Badische Bergstraße. Ihm folgt nun Dr. Christoph Löwer (2.v.r.) nach. Hochrangige Vertreter des Bergsträßer Weins verabschiedeten gestern Abend den "Alten" und begrüßten den "Neuen" mit edlen Tropfen. Foto: Dorn

Schriesheim. (keke) Das Lob konnte nicht größer ausfallen: "Badens Wein hat von Ihnen profitiert und Ihnen vieles zu verdanken." Unter vier badischen Weinbaupräsidenten war er Geschäftsführer, "Wegbereiter und Vordenker" in einer Person. Und "obwohl Pfälzer", habe er 35 Jahre lang in guten wie in schlechten Zeiten "seine Sache ausgezeichnet gemacht", stimmte gestern Abend Bereichsvorsitzender Peter Haas das hohe Lied auf Dr. Werner Schön an. Seit dem 3. November "eigentlich schon im Ruhestand", schloss sich in der Schriesheimer Winzergenossenschaft im Rahmen der turnusgemäßen Besprechung der Ortsobleute und Mitglieder des Badischen Weinbauverbandes für den nach eigenen Worten "nicht immer bequemen (Wein-)Geist" nun der Kreis. In der Person von Dr. Christoph Löwer stieß zugleich dessen Nachfolger für den Bereich Badische Bergstraße mit den ebenfalls anwesenden Weinhoheiten und Jüngern von Gott Bacchus auf eine "hoffentlich ebenso gute Zusammenarbeit und Zukunft" an.

Als gelernter Jurist habe er einen Traumberuf ausüben und die "Faszination Wein" ebenso entdecken dürfen wie die badische Gastronomie, dankte der scheidende Geschäftsführer auf der letzten Station seiner etappenreichen Abschiedstournee vom Bodensee bis unter die Strahlenburg sowohl "denen, die mich unterstützten als auch denjenigen, die mich all die Jahre ertragen haben". Auch als Ruheständler wolle er Badener bleiben und hoffe auf eine entsprechende Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigung: "Alles andere käme einer Vertreibung aus dem Paradies gleich."

Weil Anfang der siebziger Jahre die damaligen Verbandsstrukturen noch schwach waren, habe er viel aufbauen und auf die Schiene bringen können. Dennoch dürfe sein Nachfolger nicht nur auf bereits tief eingefahrenen Gleisen weiterrollen - so Schöns Ratschlag an Dr. Löwer, manche Weiche künftig anders zu stellen. Warum auf einen Pfälzer erneut ein Pfälzer als Geschäftsführer und kein Badener folge, beantwortete Dr. Schön mit einer Gegenfrage: "Sollte es lieber ein Schwabe sein?" Womit auch dies geklärt war.

Ernster wurde der scheidende Geschäftsführer in seinem Wunsch an die Mitglieder des Badischen Weinbauverbandes, sich zu dessen "Visionen 2020" zu bekennen, den Mut haben, diese umzusetzen und vor allem wieder zu der Solidarität untereinander zurückzufinden, die Anfang der siebziger Jahre innerhalb einer "mustergültigen Kellereiwirtschaft" und solidarischen Gemeinschaftsleistung der Genossenschaftswinzer herrschte, der heute Individualität und wirtschaftlicher Egoismus gefolgt seien.

Schriesheim sei für ihn kein unbekanntes Terrain, verwies der neue Geschäftsführer Dr. Christoph Löwer auf Auftritte als Fagottist mit dem "Schlierbacher Kammerorchester" in der evangelischen Kirche der Weinstadt. Sein Studium unter anderem in England und in der Türkei sei "von der Viruserkrankung des Raps über den Mehltau der Gerste" bis hin zur Risikoanalyse von gentechnisch veränderten Nahrungsmitteln in der Hauptsache auf den Pflanzenschutzbereich ausgerichtet gewesen. Einem fünf Jahre währenden "Seitensprung" bei einer Versicherung folgte mit der Bewerbung als Geschäftsführer des Badischen Weinbauverbandes die Wiederentdeckung der "schon immer vorhandenen Liebe zum Wein".

Wobei dem neuen Geschäftsführer gleich ein Start nach Maß gelingen dürfte. Auch wenn man am Anfang eines Jahrhunderts mit einem solchen Prädikat vorsichtig umgehen müsse: "Der 2003er ist ein Jahrhundertwein." Er kenne keinen Winzer, der jemals zuvor ein so reifes und gesundes Traubengut geerntet und verarbeitet habe. Vom Jahrhundertsommer profitierte in erster Linie der Spätburgunder, der eine "dunkle Färbung und Fruchtdichte wie noch nie" zeigte. Doch egal ob "Roter" oder "Weißer": Insgesamt lägen alle Weine um zwei Qualitätsstufen höher als normal. Was in der Kombination von "geringer Menge (8,3 Millionen gegenüber 10,5 Millionen Hektolitern) und außerordentlicher Qualität" zugleich eine "positive Herausforderung für Verkäufer in schwierigen Jahren" darstelle. Dies auch, weil angesichts von nur 150 Millionen Hektolitern und der damit bisher ebenfalls geringsten Erntemenge "kein Weindruck aus anderen europäischen Ländern droht".

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung