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28.06.2015

Schriesheimer Debatte über Solaranlagen: Gilt "Ästhetik vor Klimaschutz"?

Aufstellungsbeschluss: Gemeinderat für Anpassung der Altstadtsatzung - Debatte offenbarte inhaltliche Differenzen - Ortstypische Gebäude sollen geschützt werden

Schriesheim. (sk) Sind Solaranlagen auf den Dächern der Altstadt hässlich oder nicht? Mit dieser Zuspitzung endete die Gemeinderatsdebatte um die künftige Altstadtsatzung. In der Fragestunde am Ende der Sitzung stellte SPD-Stadträtin Renate Hörisch-Helligrath die Frage, auf die ihre Ratskollegen mit aufgebrachtem Murmeln antworteten und Frank Spingel (CDU) konterte: "Historische Gebäude sollen aussehen wie von damals und nicht wie von heute." Auch er erlaubte sich eine Zuspitzung: "Nicht dass noch jemand auf die Idee kommt, eine Solaranlage auf die Strahlenburg zu setzen."

Letztlich spiegelte der Wortwechsel wider, worum sich die Diskussionen der letzten Wochen drehten: um den ästhetischen oder praktischen Wert von Solaranlagen. Über alles andere herrschte im Gremium Einigkeit: Darüber, dass das in die Jahre gekommene Regelwerk den Anforderungen der Jetztzeit angepasst werden muss, dass es neue Regelungen zu Werbeschildern, baulichen Veränderungen und Modernisierungen geben soll und auch über den generellen Zweck einer Altstadtsatzung, den die Verwaltung formulierte als "Erhaltung der gewachsenen historischen Struktur des Stadtkerns" und "Schutz der historischen und ortstypischen Gebäude". Knackpunkt war, ob eine neue Satzung Solar- oder Photovoltaikanlagen in dem Gebiet um das historische Rathaus erlauben soll.

Die gegenwärtig gültige Satzung verbietet sie grundsätzlich, wobei der Technische Ausschuss immer wieder Ausnahmen zuließ, soweit die Anlagen von der Burg aus nicht zu sehen waren. Ob und in welcher Form die Frage künftig geregelt wird, wurde auch in der Sitzung am Mittwoch nicht geklärt. Denn diesmal ging es lediglich um den Aufstellungsbeschluss, den das Gremium einstimmig fasste. Was die Stadträte aber nicht daran hinderte, das Thema erneut zu erörtern.

Wolfgang Fremgen (Grüne) holte weit aus und betonte, dass die Anlagen notwendig seien, um den Wechsel vom Atomstrom zu den regenerativen Energien voranzubringen: "Die Energiewende hat Vorrang vor gestalterischen Elementen." Er sei stolz auf jede Anlage und unterscheide dabei auch nicht zwischen Photovoltaik und Solarthermie. Wegen der West-Ost-Ausrichtung der Dächer seien Solaranlagen ohnehin von der Burg aus nicht zu sehen, so Fremgen.

"Wir haben heute den Aufstellungsbeschluss zu besprechen und nicht inhaltliche Details", setzte CDU-Fraktionssprecher Michael Mittelstädt dagegen und ergänzte sarkastisch an die Adresse Fremgens: "Obwohl wir da heute einen sehr schönen Vortrag gehört haben." Letztlich konnte auch er sich ein paar Ausführungen nicht verkneifen: "Klimaschutz muss nicht vor Ästhetik gehen." Es sei schwer nachzuvollziehen, dass eine Satzung den Bürgern einerseits die Art der Dachziegel und Gauben vorschreibe, dann aber andererseits Solaranlagen erlauben wolle.

Jutta Becker (FW) setzte noch eins drauf: "Solaranlagen sind nicht nur unästhetisch, sondern auch ökologisch äußerst fragwürdig." Grundsätzlich solle die Altstadt lebendig sein und kein Museum, deshalb sei eine Anpassung der Regelungen sinnvoll: "Alle Veränderungen im Erscheinungsbild sollen nach wie vor genehmigungspflichtig bleiben."

Wolfgang Renkenberger (FDP) wollte an diesem Tag nicht inhaltlich argumentieren und gab nur der Aufstellung seinen Segen; ähnlich sah es auch SPD-Stadtrat Marco Ginal, der lediglich zu bedenken gab, dass neben der Optik auch die "Benutzbarkeit" eine Rolle spielen sollte.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung