Schriesheim im Bild 2023

27.11.2015

(Noch) kein Bestattungswald für Schriesheim

Emotionale Diskussion im Gemeinderat - Kritik an Verwaltungsvorlage: Veträge und Zahlen müssen erst intensiv geprüft werden

Schriesheim. (sk) Soll Schriesheim künftig einen Bestattungswald bekommen oder nicht? An dieser Frage schieden sich im Gemeinderat die Geister, was zu einer zum Teil emotionalen Diskussion führte. Den Anfang machte der Grüne Heinz Waegner, der den Antrag seiner Fraktion vorstellte. Deren Vorstoß, die Einrichtung eines Bestattungswalds zu veranlassen, datierte bereits auf Anfang Mai. Argumentiert wurde schon damals mit einem Wandel in der Beerdigungskultur und dem Wunsch vieler Menschen nach einer natürlichen Umgebung für ihr Grab. Jetzt untermalte Waegner seinen Sachvortrag mit einer Beamerpräsentation, die Eindrücke aus bestehenden Einrichtungen zeigte: Kleine Tafeln mit Namen, Geburts- und Sterbedaten an den Bäumen wiesen auf die dort liegenden Urnen hin, weitere Impressionen waren Bänke, Eingänge und Holzskulpturen.

Noch nie in seiner langen Zeit als Stadtrat, bemerkte Waegner, sei die Resonanz auf ein Thema in der Bevölkerung derart groß gewesen. Da stimmten viele Ratskollegen zu: Auch Andrea Diehl (CDU) machte den Wunsch nach Veränderungen bei den Menschen aus, und SPD-Stadträtin Renate Hörisch-Helligrath zeigte Verständnis, wenn viele die Zeit und das Geld für die Grabpflege nicht mehr hätten.

Er stehe diesem Angebot grundsätzlich positiv gegenüber, betonte Wolfgang Renkenberger (FDP): "Es besteht sicher eine Nachfrage." Karl Reidinger scherte aus der CDU-Fraktion aus und sah dagegen den Friedhof als Ort zum Abschiednehmen und Trauern.

Kontrovers ging es weiter, als Waegner auf die finanzielle Seite zu sprechen kam. Das Friedhofswesen sei defizitär - Bürgermeister Hansjörg Höfer nannte einen Kostendeckungsgrad von 67 Prozent - dazu kämen noch andere kommunale Aufgaben. Fraktionssprecher Christian Wolf war sicher, dass ein Bestattungswald nie mit Verlusten arbeite und mit seinen Überschüssen sogar Defizite des Friedhofs ganz oder teilweise decken könne. Das sei abhängig von der Zahl der Bestattungen, wandte Ordnungsamtsleiter Willy Philipp ein: Erforderlich wären jedes Jahr 200 Beerdigungen und 325 Verträge zum Kauf einer Grabstelle. Dazu komme die Unsicherheit, ob im Land die Bestattungspflicht nicht ebenso aufgegeben werde wie das bereits in Bremen geschehen sei; als Folge könnten die Angehörigen die Urnen ihrer Verstorbenen einfach mit nach Hause nehmen, statt sie beerdigen zu lassen.

Das sah auch Höfer so, der zudem auf die Verträge einging, die die Stadt mit dem Betreiber eines Bestattungswalds schließen müsse. Eine Laufzeit von 99 Jahren komme für ihn nicht infrage, außerdem sei er gegen eine "Übernutzung" des Waldes. Er schlug vor, einen Bestattungswald im Friedhof einzurichten. Die Idee hatte für FW-Fraktionssprecher Heinz Kimmel durchaus Charme, der darum bat, sie auf jeden Fall weiterzuverfolgen. Seine Fraktion erteilte der Bestattungswald-Idee aber ansonsten eine Absage mit der Begründung, dass ein solcher Ort zur Konkurrenz für die Friedhöfe werde und mit einem erhöhten Personal- und Pflegeaufwand verbunden sei, weil die Stadt dann künftig mehrere Bestattungsflächen unterhalten müsse.

Hier stimmte Renkenberger zu, der höhere Gebühren befürchtete. Diehl nannte Zahlen aus dem Haushalt: Schon jetzt bezahle die Stadt jedes Jahr 280 000 Euro Zuschüsse für den Friedhof, dazu komme ein Investitionsstau etwa in Altenbach. Dass die Entscheidung über Für und Wider aufgeschoben wurde, war der Verwaltungsvorlage zu "verdanken", die allgemein kritisiert wurde: Er sei "deutlich intensivere und bessere" Vorlagen gewohnt, bemerkte Wolf, während Diehl darum bat, einen "entscheidungsreifen" Sachverhalt vorzulegen. CDU-Fraktionssprecher Michael Mittelstädt fasste zusammen: "Das ist aus meiner Sicht so nicht beschlussfähig." Das sahen auch Renkenberger und SPD-Fraktionssprecher Rainer Dellbrügge so: "Wir brauchen fundierte Zahlen." Weshalb der Verwaltung aufgetragen wurde, Verträge und Zahlen "intensiv" zu prüfen.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung