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01.04.2016

Gegenwind aus Schriesheim: "Je mehr wir sind, desto eher hört man auf uns"

Zweites Treffen der Bürgerinitiative "Gegenwind Schriesheim" - Mitglieder hoffen auf Unterstützung aus der PolitikGegenwind aus Schriesheim: "Je mehr wir sind, desto eher hört man auf uns"

Schriesheim. (sk) "Windkraft ist keine Energie mit Zukunft", sagt Hans-Jörg Goerlach. Es gebe derzeit keine Möglichkeit, den erzeugten Strom in den benötigten Mengen zu speichern. Was er seit dem Abschalten mehrerer Atomkraftwerke beobachte, sei vielmehr eine wahre "Windkraft-Orgie". Er ist Mitgründer der Bürgerinitiative (BI) "Gegenwind Schriesheim", die sich gegen die Aufstellung von Windrädern auf Schriesheimer Gemarkung stark macht. Zum zweiten Mal hat die BI eingeladen; über 20 Interessierte kommen, die Gruppe zieht aus dem Nebenzimmer um in den Saal des Restaurants "Goldener Hirsch".

Goerlach regt eine Vorstellungsrunde an: Fast alle Anwesenden sind Schriesheimer. Die Ausnahme ist Klaus Knorr, der den Hauptvorstand des Odenwaldklubs vertritt. Er plädiert für den Erhalt der Landschaft und gegen Windräder, die das Bild des Odenwalds bestimmen könnten. In der Runde bekommt er Beifall, wie ohnehin das Argument "Verschandelung der Landschaft" immer wieder genannt wird.

Hundespaziergänger, Freizeitsportler und Anwohner machen sich Sorgen, wie es im Wald einmal aussehen könnte. Sie befürchten breite Schneisen für Zufahrtsstraßen, Windräder mit Nabenhöhen von über 200 Metern und tonnenschweren Betonsockeln. "Es ist ein furchtbarer Gedanke, dass der Wald zerstört werden könnte", sagt etwa Birgit Becher. Eine Frau, die oft mit ihrem Hund unterwegs ist, hat Rotmilane im Wald gesehen, ein Anwohner des Branichs fürchtet die Nähe der Anlagen zu seinem Haus: "Wir wären nur 700 Meter weit weg." Falls diese Nähe nach den Vorgaben des Nachbarschaftsverbands nicht bereits ein Ausschlusskriterium wäre. "Wir haben hier überhaupt nicht die Voraussetzungen für Windkraft", so einer seiner Nachbarn. Er denkt an die derzeit noch hohen Subventionen für die Windenergie, glaubt aber: "Wenn es die nicht mehr gibt, haben wir in ein paar Jahren hier Investitionsruinen stehen."

Lärm und Infraschall sind weitere Argumente, doch bei der Diskussion herrscht schnell Einigkeit, dass die Windenergie im Land mit viel politischem Eifer vorangetrieben werde. "Aus ideologischen Gründen wird etwas Ineffizientes gemacht", kritisiert Ingeborg Scharf. "Da wird eine riesige Geldmaschinerie in Gang gesetzt", bemerkt ein Mann.

Diese Diskussion werde sehr zugespitzt, ist aus einer anderen Ecke zu hören: "Ich habe es schon mal mit einem Grünen erlebt. Wer nicht für Windkraft ist, war bei ihm gleich ein Atomkraft-Befürworter." Apropos Grüne: Der Plan, einen offenen Brief an Ministerpräsident Winfried Kretschmann zu schreiben, wird schnell fallen gelassen: "Das bringt gar nichts." Ein Schriesheimer bietet seine Hilfe bei der Herstellung von Faltblättern an, die bald an einem Infostand verteilt werden sollen.

"Man darf nie aufhören zu informieren", sagt Susanne Klug, die sich bereits gegen Windkraft-Pläne auf dem Eichelberg eingesetzt hat: "Je mehr wir sind, desto eher hört man auf uns." Weshalb sich die Bürger-Initiativen am besten landesweit zusammentun sollten. Außerdem sollten die Aktionen zeitnah erfolgen, die BI brauche Unterstützer aus der Politik, sowohl im Land als auch vor Ort, findet Goerlach. Romy Schilling bekräftigt: "Man muss sich jetzt engagieren und nicht erst, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist."

Info: Die BI trifft sich wieder am Mittwoch, 6. April, um 19.30 Uhr im Hotel-Restaurant "Neues Ludwigstal".

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung