Schriesheim im Bild 2023

11.01.2004

Jetzt geht's der Sau an den Kragen

Heute starten Jäger der Bergstraße eine konzertierte Aktion - Vorsicht ist in den Waldbezirken geboten

Schriesheim. (ron) Kein leichtes Leben haben heute Morgen die Wildschweine, die zwischen Heidelberg und Weinheim den Vorderen Odenwald bevölkern. Die Bergstraßen-Jäger blasen heute zur groß angelegten gemeinsamen Wildschwein-Drückjagd, um der Plage Herr zu werden. So eine konzertierte Aktion gab es noch nie. Waldspaziergänger bleiben in der Zeit am besten zu Hause.

Außergewöhnliche Umstände erfordern außergewöhnliche Maßnahmen: seit Jahren nehmen die Wildschweine an der Bergstraße und im Vorderen Odenwald überhand und werden von den Anwohnern, vor allem aber von den Winzern und Landwirten, als Plage angesehen. Aber in diesem Herbst war es ganz schlimm: In Schriesheims "Hinterland", den Wiesen rund um Ursenbach und Altenbach, pflügten die Schwarzkittel auf der Suche nach verborgenem Essbaren die Grasnarbe um. Mitunter trieb die Lage sogar bunte Blüten. Unweit von Altenbach pachtete ein Jäger eine Heuwiese, um den satten Wildschaden zu sparen, den er ansonsten dem bewirtschaftenden Bauer hätte bezahlen müssen. Die Bewohner der Odenwalddörfer verdächtigten die Jäger: sie vernachlässigten ihre Pflicht. Die Waidmänner wehrten sich.

Die heutige umfassendste Drückjagd aller Zeiten geht zum Teil auf die Berichterstattung der RNZ zurück. Im November schilderte eine Geschichte die Situation der Bauern in Ursenbach, deren Wiesen im Rüsselumdrehen zu Matsch geworden waren. Ursenbachs Ortsvorsteher Thomas Edelmann kritisierte die Jagdpächter. Doch diese ließen die Kritik nicht auf sich sitzen. Vielmehr erklärten sie sinngemäß: Für sie sei es fast unmöglich, ein Wildschwein zu erlegen, weil das Tier immer nur nachts zur Nahrungssuche in ihr Revier wandert und sich bei Morgengrauen, wenn man es erspähen und treffen könnte, in einen Unterschlupf nahe Schriesheim zurückzieht. Da könnten sie ja gleich die Flinte ins Korn schmeißen. Nur wenn auch die Jäger der westlichen Jagdbezirke (Weinberge, Branich usw.) mit an einem Spannhebel ziehen, hätten sie eine Chance. "Das stimmt", erklärte der Schriesheimer Jäger Karl Balmert in einem RNZ-Interview. Balmert ist der amtierende Hegeringleiter und damit der Koordinator der Jagdreviere zwischen Heidelberg und Weinheim. Er berief also eine Hegering-Sitzung ein, auf der sich alle Bergstraßen-Jäger auf einen Termin verständigten. Zwischenzeitlich hatte auch das Jagdamt des Rhein-Neckar-Kreises darauf hingewiesen, dass wegen der Überpopulation die Gefahr einer Schweinepest besteht.

Heute geht's der Sau also an den Kragen. Ab 8 Uhr ziehen mehr als 100 Menschen aus Dossenheim, Hirschberg, Schriesheim und Weinheim (jeweils mit den Odenwaldstadtteilen) in den Wald, Jäger und Treiber, die systematisch die Schwarzkittel aus ihren Unterständen treiben wollen, sie erlegen oder weit in den Odenwald treiben wollen, wo sie weniger Schaden anrichten können. Die Straßen, die von der Aktion betroffen sind, werden gekennzeichnet, trotzdem sollten Wald-Spaziergänger, Jogger, Mountainbiker und andere Passanten heute zwischen 8 und 14 Uhr auf der Hut sein, helle Kleidung tragen oder am besten den Wald ganz meiden.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung