Schriesheim im Bild 2023

19.03.2017

Vor über 30 Jahren suchte Schriesheim auch nach günstigem Wohnraum

Sozialwohnungen am Köhnlesteich? - Abriss des Sudhauses war geplant

Schriesheim. (sk) Der Bau von Sozialwohnungen und Asylbewerber-Unterkünften nimmt im Haushalt breiten Raum ein; Bürgermeister Hansjörg Höfer monierte kürzlich, dass in früheren Jahren viele städtische Wohnungen verkauft worden seien. Doch schon vor über 30 Jahren fehlte es an kommunalem Wohnraum, und es wurde über Lösungen nachgedacht, die heute undenkbar wären.

Am 11. April 1984 fasste der Gemeinderat den Beschluss, das Sudhaus am alten Vitriol-Bergwerk abzureißen, um dort ein Haus mit zehn Wohneinheiten zu bauen. Rückendeckung kam vom Landesdenkmalamt, das das Sudhaus, wie ein Zeitungsbericht vermerkte, "keinesfalls erhaltenswert" fand. Dass es soweit nicht kam, war der "Bergwerksgruppe" um Wilhelm Gassert und Jürgen Sandel, sozusagen der Keimzelle des späteren Bergwerksvereins, zu verdanken, die sich für die Erhaltung des Ensembles stark machte. Erneut schaltete sich das Landesdenkmalamt ein, erstaunlicherweise diesmal mit einer Stellungnahme pro Sudhaus, und zwar "wegen wissenschaftlicher und heimatgeschichtlicher Gründe".

Auf Initiative der Gruppe wurden Bergwerk und Außenanlagen unter Denkmalschutz gestellt. Damit war der Plan, Sozialwohnungen am Köhnlesteich zu bauen, hinfällig, und die Suche nach Alternativen begann.

Im September 1985 schlug der damalige SPD-Fraktionssprecher Wilhelm Weidner vor, das Haus Talstraße 52 zu kaufen und eine Passage zu bauen. Es kam anders: Die Sozialwohnungen entstanden im Nachbarhaus, die Passage wurde gebaut, und in der alten Scheuer ist heute das Museum Théo Kerg.

Im Sudhaus begannen derweil die Renovierungsarbeiten. Eine Hausmeisterwohnung sollte eingerichtet werden, daneben Platz für ein kleines Museum und die Bergwerksgruppe entstehen. Die Fotos von damals zeigen ein trauriges Bild: Heruntergekommene Mauern im Erdgeschoss und bröckeliges Fachwerk im ersten Stock konnten auch hartgesottene Handwerker das Fürchten lehren. Dazu kam, dass im Spätjahr 1988 aus Sicherheitsgründen das Dach abgedeckt werden musste. Die morschen Dachbalken offenbarten noch mehr Elend; dazu kam, dass die Verwaltung plante, einen Teil des Hauses abzureißen, statt dessen ganz oder teilweise einen "historisierenden Neubau" zu errichten. Am 6. April 1989 stürzte der Ostgiebel des Hauses ein - anscheinend ohne Grund. Es stellte sich jedoch heraus, dass Teile der Balken und des Mauerwerks entfernt worden waren. Der Verdacht der Manipulation stand im Raum.

Glück im Unglück: 60 Prozent der Bausubstanz waren noch in Ordnung, und so zeigte sich auch im Gemeinderat schnell die Tendenz zur Erhaltung. "Abgerissen ist schnell, lieber erst was Neues planen", fand SDP-Stadtrat Frieder Menges. Letztlich ließen ihn und seine grüne Ratskollegin Gisela Reinhard die Idee der Sozialwohnungen noch nicht los. Einer gemeinsamen Nutzung, so Reinhard, stehe ja nichts mehr im Wege.

Im August wurde die Sanierung bewilligt, ein Jahr später Richtfest gefeiert und 1994 der Pachtvertrag mit den "Bergwerksgrawwlern" geschlossen. Trotz aller Vorsätze: Sozialwohnungen gibt es hier nicht. Aber ein kleines Museum, Küche, Sanitärräume - und einen der stimmungsvollsten Festräume der Stadt.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung