Schriesheim im Bild 2023

30.01.2004

Ein Haushalt, der die Bürger (noch) schont

In der nächsten Woche legt Bürgermeister Riehl einen Krisen-Etat für das Jahr 2004 vor - Baugebiet "Nord" als Nullsummenrechnung

Am Neubaugebiet Nord (unser Foto zeigt die beabsichtigte Fläche) werden sich im Zuge der anstehenden Etatberatungen die Geister scheiden. Die Stadt muss erst einmal 9,5 Millionen Euro an die Grundstücksbesitzer zahlen, die zum Bauen keine Lust oder kein Geld haben. Erst dann können Erlöse fließen. Foto: Kreutzer

Von Roland Kern

Schriesheim. Aus Schriesheims neuem Haushalt schreit die Finanzkrise ihre Geldsorgen heraus. Die Verwaltungskosten sind nicht gedeckt, die Investitionen gehen gegen Null, und überhaupt ist das Zahlenwerk nur genehmigungsfähig, weil sich Stadt bald Einnahmen durch das Neubaugebiet "Nord" erhofft. Dennoch: In dem Etat, den Bürgermeister Peter Riehl in der nächsten Woche im Gemeinderat einbringen wird, soll der Bürger weitgehend von Kürzungen verschont bleiben (s. weitere Artikel auf dieser Seite).

Natürlich fällt eine Zahl bei der Lektüre des neuen Entwurfs gleich ins Auge: 9,5 Millionen Euro muss die Stadt im April an die Grundstücksbesitzer in "Nord" überweisen, die zum selbst bauen kein Geld oder keine Lust haben: das nennt man dann eine Minderzuteilung. 9,5 Millionen Euro, fast 20 Millionen D-Mark, wie viele Menschen noch rechnen. Wegen dieser umstrittenen Städtebaupolitik hat Verwaltungschef Riehl in letzter Zeit bekanntermaßen viel Kritik einstecken müssen - und wird damit im Zuge der jetzt anstehenden Haushaltsberatungen sicher weiter damit leben müssen.

Der Bürgermeister verweist allerdings darauf, dass die Minderzuteilung zum Teil vertraglich bereits gedeckt ist. 6,7 Millionen Euro stehen im neuen Vermögenshaushalt dagegen: das sind die Mehrzuteilungen über Bauträger, die sich größere Grundstücke gesichert haben. Allen voran die Firma Concepta-Plan mit ihrem Öko-Gebiet, aber auch zum Beispiel Gerhard Burkhardts Familienheim eG. Außerdem rechnet Riehl damit, dass bis Mitte nächsten Jahres die städtischen Grundstücke bis zu einem Wert von 3,17 Millionen verkauft sind. Unterm Strich wären die Minderzuteilungen damit ausgeglichen, mehr aber auch nicht. Im Gemeinderat gibt es Kräfte, die an dieser Strategie zweifeln. Und dem Rathauschef selbst dürfte ein zentnerschwerer Stein vom Herzen fallen, wenn die Bauplätze verkauft sind. Klar ist aber: mehr als eine Nullsummenrechnung dürfte das Neubaugebiet in diesem Jahr nicht werden.

Wer die Zahlen des Entwurfs etwas genauer betrachtet, erkennt, dass er auf wackeligen Beinen steht. Kämmerer Volker Arras kalkuliert mit 3,3 Millionen Euro Gewerbesteuer - das wäre für Schriesheimer Verhältnisse neuer Rekord. Auch die 5,8 Millionen Beteilugung aus der Einkommenssteuer sind nach aktuellen Steuerschätzungen eher fraglich - obwohl diese schon niedriger angesetzt sind als im Vorjahr. Insgesamt muss der Verwaltungshaushalt mit rund zwei Millionen Euro weniger auskommen, weil auch die so genannten Schlüsselzuweisungen des Landes um fast die Hälfte zurückgegangen sind. Auf der anderen Seite muss die Stadt fast 700 000 Euro über Umlage an den Landkreis blechen, dem es auch nicht gerade rosig geht. Das Ende vom Lied: erstmals seit vielen Jahren sind die laufenden Kosten nicht ausgeglichen, sondern müssen in den Vermögenshaushalt übertragen werden. Und das obwohl schon mehr als eine Million Unterhaltungskosten für Gebäude und Straßen herausgestrichen sind.

Alles in allem ist die Stadt gezwungen, diese Löcher mit einem Darlehen in Höhe von 1,5 Millionen Euro zu flicken. Das geht haushaltsrechtlich übrigens nur, weil die Stadt weitere Grundstücke in "Nord" als Sicherheit aufzuweisen hat: im Wert von rund 2,5 Millionen Euro. Im Vermögenshaushalt finden nur Maßnahmen statt, zu denen die Stadt vertraglich oder gesetzlich verpflichtet ist. Zum Beispiel 25 000 Euro für die Umsiedelung der Geflügelzüchter oder 100 000 Euro zur Unterbringung der Obdachlosen.

INFO: Bürgermeister Peter Riehl bringt den Haushalt 2004 in der nächsten öffentlichen Gemeinderatssitzung am Mittwoch, 4. Februar, 19 Uhr, ein.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung