Schriesheim im Bild 2023

14.07.2017

Eine Veranstaltung wie jede andere?

Alice Weidel kommt am 22. Juli in die Mehrzweckhalle – Die Gemeinderatsparteien planen keine Gegenkundgebung

Von Frederick Mersi

Schriesheim. Für Andreas Geisenheiner ist es ein großer Erfolg: Alice Weidel, die Spitzenkandidatin der Partei "Alternative für Deutschland" (AfD) im Bundestagswahlkampf, kommt am Samstag, 22. Juli, zu einer Veranstaltung in die Schriesheimer Mehrzweckhalle, obwohl deren Partei gar keinen Ortsverband in der Weinstadt hat. Geisenheiner ist Sprecher der "Freunde der AfD", die aber nicht im Vereinsregister eingetragen sind.

Dennoch sei die Vergabe der Mehrzweckhalle rechtens, sagte Stadtkämmerer Volker Arras der RNZ: "Die ,Freunde der AfD’ dürfen die Halle als politische Wählervereinigung mieten." Sie müssten dafür nicht als Verein eingetragen sein, eine örtliche Struktur reiche - wie bei der Grünen Liste - aus. Bei politischen Parteien gilt zudem das Gebot der Gleichbehandlung. "Selbst die NPD hatte einen Anspruch auf die Stadthalle in Weinheim als Versammlungsstätte", so Arras. Nur wenn eine Partei verboten sei, könne eine Vergabe versagt werden.

Bürgermeister Hansjörg Höfer wusste deswegen zunächst auch nichts von der Veranstaltung. "Die AfD hat satzungsgemäß die Halle angefragt", sagte Steven Schmich vom Liegenschaftsamt, "das ist unproblematisch, und deshalb legen wir das dem Bürgermeister nicht noch einmal vor." Es gebe zudem keine negativen Erfahrungen mit der AfD, ein erster Auftritt Weidels im Zehntkeller während des Landtagswahlkampfs verlief problemlos.

Die Mitglieder des Gemeinderats erfuhren erst aus der Presse von der Veranstaltung. "Wir hätten erwartet, dass wir im Vorfeld von der Stadtverwaltung informiert werden", kritisierte Christian Wolf (Grüne Liste) in einer Stellungnahme. Aus seiner Sicht sind die ,Freunde der AfD’ weder Ortsverband noch örtliche Wählervereinigung. "Deshalb erwarten wir von der Verwaltung eine umfassende Erklärung, wie es zu dieser Genehmigung kam."

Sebastian Cuny, Fraktionschef der SPD, hätte sich ebenfalls eine Vorabinformation an den Gemeinderat gewünscht. Auch FDP-Stadtrat Wolfgang Renkenberger merkte an, "es wäre nett gewesen", in Kenntnis gesetzt zu werden. Ansonsten stützte er die Ansicht der Kämmerei. Auch Michael Mittelstädt (CDU) hielt die Vergabe für unproblematisch: "Eine Nutzung für politische Veranstaltungen ist hier nicht ausgeschlossen." Heinz Kimmel (Freie Wähler) pflichtete dem bei: "Wenn es andere Parteien gewesen wären, hätte ich auch nichts gesagt."

Gegenkundgebungen hat keine der im Gemeinderat vertretenen Parteien geplant. "Wir sind sicher, dass sich die AfD über kurz oder lang selbst erledigen wird", so Christian Wolf, "insofern können wir dem Auftritt gelassen entgegensehen." SPD-Stadtrat Cuny betonte: "Unsere Stadt steht für Gemeinsinn, Anpacken und Vielfalt. Dies muss unseres Erachtens nicht besonders unterstrichen werden." Auch Wolfgang Renkenberger sah die Veranstaltung gelassen: "Jeder soll für sich werben, mit guten Argumenten, und nicht nur andere schlechtmachen."

Wie der Ortsverband der Linkspartei Schriesheim-Ladenburg gestern Abend mitteilte, wurde von dessen Seite eine "Mahnwache für Demokratie und Toleranz" beim Kreisordnungsamt angemeldet. Die Genehmigung steht noch aus. Frank Lobstedt, Sicherheitsbeauftragter der AfD Baden-Württemberg, sagte der RNZ: "Mit ,Hausfrauenprotesten’ haben wir kein Problem." Man werde aber am Eingang Ausweise kontrollieren: "Wir hatten schon genügend Veranstaltungen, bei denen etwas vorgefallen ist." Man wolle allen Zutritt gewähren, die sich nicht aggressiv verhielten oder optisch provozierten. Auch Geisenheiner hofft, dass der Auftritt keine reine Parteiveranstaltung wird. 450 Stühle sollen gestellt werden.

Wie genau das Sicherheitskonzept an der Mehrzweckhalle aussieht, entscheidet sich erst in den 48 Stunden vor der Veranstaltung. Bis dahin wird die Sicherheitslage immer wieder neu bewertet, eingebunden sind dabei das Kreisordnungsamt und das Polizeipräsidium Mannheim.

Laut AfD-Bundessprecher Christian Lüth will Weidel Kernthemen der Partei ansprechen: unter anderem, dass der Islam nicht zu Deutschland gehöre und mehr abgeschoben werden solle. "Am Rande wird sie auch die Familienpolitik streifen", so Lüth. Ein kontroverser Punkt: Weidel lebt in einer gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft, während für ihre Partei Familie nur aus Vater, Mutter und Kind besteht. Aus dem Gemeinderat ist nur FDP-Stadtrat Renkenberger an der Veranstaltung interessiert: "Ich war schon bei den Linken, den Grünen und bei der SPD. Ob ich der AfD im Wahlkampf den Saal fülle, weiß ich aber noch nicht."

Copyright (c) rnz-online

Autor: Rhein-Neckar-Zeitung