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18.02.2018

Mathaisemarkt Schriesheim: Kulturkreis zeigt Arbeiten aus Mannheimer Künstlernachlässen

Werke erinnern an Reisen als Wendepunkte - Zwischen Selbstfindung und Traumata

Schriesheim. (mpt) Gaugin hat es getan. Van Gogh ebenso. Picasso erst recht. Aber auch viele Mannheimer Künstler taten es den Meistern ihrer Zunft gleich. Zwar reisten sie nicht unbedingt nach Tahiti wie Gaugin, aber auch sie tingelten durch die Welt, erweiterten ihren Horizont, um ihre Eindrücke und Erfahrungen über den Pinselstrich auf die Leinwand zu bannen. Die Bilder sind geblieben, viele Künstler inzwischen verstorben. Nun wird neun Mannheimer Kunstschaffenden auf dem Mathaisemarkt eine Ausstellung gewidmet. "Reisen. Mannheimer KünstlerInnen unterwegs" heißt die Kunstschau, die im Saal der Feuerwehr vom 2. bis 11. März präsentiert wird.

Im Mannheimer "Speicher 7" gab es die Arbeiten aus dem Depot der Künstlernachlässe schon mal zu sehen. Anlass für die Ausstellung war ein Werk von Paul Löffler (1920-1995). "Manhattan" ist das Aquarell betitelt, auf welchem die Brooklyn Bridge mit den Wolkenkratzern zu verschmelzen scheint. "Eigentlich reisen unsere Künstler alle. Und es waren Wendepunkte in ihren Arbeiten", dachte sich Stiftungsmitglied Silvia Köhler beim Anblick der New Yorker Skyline.

Seit 2005 existieren die Mannheimer Künstlernachlässe. Der Tod von Peter Schnatz (1940-2004) war gleichzeitig die Geburtsstunde für die Bewahrer bedeutsamer Werke. Mittlerweile werden die Nachlässe von neun Künstlern aufbewahrt. Und alle werden bei der Ausstellung in Schriesheim zu sehen sein.

"Diese Künstler tragen mit ihren Werken auch ein Stück zur Stadt- und Kulturgeschichte und somit zur kulturellen Identität Mannheims und der Region bei", erklärt Köhler, "sie alle erzählen eine Geschichte." Norbert Nüssle (1932-2012) beispielsweise galt als sehr frankophil. "Er hatte ein verwunschenes Sommeratelier in der Bretagne, das aber auch sehr zugemüllt war", sagt Susanne Kaepple. Der Grund: Von Eintrittskarten bis Plakatresten sammelte Nüssle fast alles, was ihm zwischen die Finger kam, um die Fundstücke in Collagen festzuhalten. "Er ist ein unendlicher Quell", sagt Kaepple mit Blick auf einen grauen Erdball voller Papierfetzen, der auch die Flyer und Plakate zur Ausstellung ziert.

Während Nüssle die Hinterlassenschaften auf der Straße inspirierten, waren Will Sohl (1906-1969) und Franz Schömbs (1906-1976) von den Küsten des Mittelmeers fasziniert. Für Trude Stolp-Seitz (1913-2004) waren Ausflüge in die Alpenwelt gleichbedeutend mit einem Ausleben der kreativen Ader. Einen Umbruch in seiner künstlerischen Gestaltung stellte für Peter Schnatz eine Reise durch die Toskana dar. Für Gabriele Dahms (1944-1999) dagegen waren die Touren durch Asien gleichbedeutend mit einer Ankunft bei sich selbst.

Manchmal konfrontieren Reisen aber auch mit der bitteren Realität. Wie bei Hans Graeder (1919-1998), der seine Erfahrungen als Soldat im Zweiten Weltkrieg ein Leben lang in seiner Kunst verarbeitete. Oder Ilana Shenhavs (1931-1986), die von Theresienstadt über Israel nach Mannheim kam und in deren Bildern sich eine unruhige Lebensreise widerspiegelt. "Ich bin von den Werken und Künstlern, von der ganzen Idee total begeistert", findet Lynn Schoene, die gemeinsam mit Tom Feritsch als Kurator fungiert - und die Schau bereits im "Speicher 7" bewunderte.

Jetzt freut sich die Leiterin des Kerg-Museums wie Dieter Weitz und Jochen Wähling vom Kulturkreis, dass die Ausstellung in Schriesheim Station macht, um die Mathaisemarkt-Besucher in ihren Bann zu ziehen.

Info: Die Vernissage zur Ausstellung findet am Freitag, 2. März, von 17 bis 19 Uhr im Haus der Feuerwehr statt.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung