Schriesheim im Bild 2023

07.04.2018

Blutspendeaktion in Schriesheim: Zwei Stunden Rundlauf für einen Beutel Blut

Zur Feierabendzeit herrschte bei Spendeaktion des Roten Kreuzes Hochbetrieb - Ehrenamtliche Helfer waren rund um die Uhr im Einsatz

Von Frederick Mersi

Schriesheim. Die Schlange vor Peter Rupprecht ist lang. Es ist 17.23 Uhr, Feierabend. Viele Berufstätige sind direkt in die Mehrzweckhalle gekommen. Doch Rupprecht lässt sich nicht aus der Ruhe bringen, seit über acht Jahren hilft er bei den Blutspendeaktionen des Deutschen Roten Kreuzes (DRK). In Ruhe prüft er Personalausweise, scannt Spenderkarten, gibt Fragebögen und Informationsblätter aus. 159 Mal in fünf Stunden. Wenn es um Blut geht, darf nichts dem Zufall überlassen werden.

Für Erstspender dauert das Prozedere an diesem Nachmittag bis zu zwei Stunden. Sie werden registriert, über Risiken und den Datenschutz aufgeklärt. Das DRK will vieles wissen, von der sexuellen Neigung und den Sexualpartnern der vergangenen vier Monate über möglichen Drogenkonsum und Schmerzmittel bis zur Frage, ob der Spender zwischen dem 1. Januar 1980 und dem 31. Dezember 1996 länger als ein halbes Jahr in Großbritannien war. Homosexuelle Männer dürfen erst seit dem vergangenen Jahr Blut spenden - und nur, wenn sie ein Jahr lang keinen Geschlechtsverkehr hatten. Damit soll das Risiko, Spenderblut mit HIV oder Hepatitis C zu erhalten, minimiert werden.

Ist der Fragebogen ausgefüllt, geht es wieder ans Ende der Warteschlange vor Rupprechts Tisch. "Ah, Sie sind wieder da", sagt er, nimmt den Fragebogen entgegen, klebt einige Strichcodes zur Identifizierung darauf. "Jetzt geht es in die Stuhlreihe und durch den Rundlauf."

Im östlichen Hallendrittel der Mehrzweckhalle herrscht Hochbetrieb. Wie bei der Reise nach Jerusalem rücken die Blutspender in den Wartereihen vor Laboruntersuchung, Arztgespräch und den blauen Abgabeliegen von Stuhl zu Stuhl. Immer wird der Personalausweis verlangt, bei jeder Spende muss klar sein, von wem das Blut kommt.

Am Anfang steht ein Piks in den Finger: Ein Tropfen Blut wird entnommen, Hämoglobin-Werte, Körpertemperatur und Blutdruck gemessen. Mit pochendem Finger geht es weiter zum Arzt: Für die Aufklärung der Erstspender ist dieses Mal Volker Kühn zuständig. Der Eingriff sei weitgehend risikolos, sagt er. Doch die Schwestern seien schon den ganzen Tag am Blutabnehmen. "Da kann es sein, dass sie mal daneben stechen", sagt Kühn und lächelt. "Dann haben sie einen blauen Fleck, Pech gehabt."

Zu kollabieren sei die größere Gefahr, sagt seine Kollegin Rebecca Sinn-Neumann. Deshalb: vor der Spende viel trinken, nach der Spende auf jeden Fall liegen bleiben. Besonders jungen Männern empfiehlt sie, bei Unwohlsein nicht den Helden zu spielen. Die Erfahrung hat Tobias Gernold schon gemacht: "Beim ersten Mal war es unproblematisch, beim zweiten Mal bin ich umgekippt", sagt der 26-Jährige, während er in einer weiteren Stuhlreihe auf eine Liege wartet. "Aber in dem Fall ist man hier top versorgt."

Die eigentliche Blutspende dauert nicht mal zehn Minuten, manche regelmäßigen Gäste auf den blauen Liegen haben einen Wettbewerb daraus gemacht: Wer füllt am schnellsten den Halbliter-Beutel? "Fünf Minuten 59 Sekunden, heute war ich echt gut", sagt ein Mann, nachdem er die magische 500-Milliliter-Marke mit einem an frühe Computerspiele erinnernden Geräusch erreicht hat.

Helfer des Ortsvereins begleiten ihn zu Stühlen und Liegen. Dort ist Cola, sonst für ihren Zuckergehalt gescholten, bei den Spendern beliebt, um den Kreislauf wieder in Schwung zu bringen. Im Vereinsraum warten zudem Fleischkäse, Kartoffelsalat, Pellkartoffeln und Quark, zubereitet von den Frauen der DRK-Seniorengymnastik. "Unsere Engel in der Küche", sagt Bereitschaftsleiterin Stefanie Zöllner.

Drei Mal im Jahr stemmen die Ehrenamtlichen in Schriesheim Spendenaktionen. Zöllner ist, mit Einkauf, Auf- und Abbau, meist zwölf Stunden im Einsatz. "Wir könnten das auch jeden Monat machen", sagt sie. "Aber das wäre zu viel." Das sieht auch Peter Rupprecht so. Bis 19.30 Uhr sitzt er an seinem Tisch im Foyer, dann geht es langsam ans Abbauen. Bis 22 Uhr, schätzt er. Viel Arbeit sei das. "Aber es macht einfach Spaß."

Copyright (c) rnz-online

Autor: Rhein-Neckar-Zeitung