Schriesheim im Bild 2023

24.05.2004

Steht der Talhof vor einer ungewissen Zukunft?

Finanziert der Kreis, wenn der Landeswohlfahrtsverband aufgelöst wird? - Grüne versprechen Unterstützung, Sckerl beruhigt

Schriesheim. (anzi) "Dass den Bewohnern so viele Möglichkeiten geboten werden war mir gar nicht bewusst." Diese Aussage eines Grünen drückte die positive Überraschung anlässlich des Besuchs der Kreistagsfraktion und der Schriesheimer Grünen Liste im Talhof treffend aus. Kaum jemandem wusste, wie vielfältig dort Wiedereingliederung betrieben wird.

Angefangen bei der Wäscherei, wo man nicht nur Frauen bügeln sehen konnte, über die Gärtnerei, die zur großen Freude der Grünen fast gänzlich biologisch betrieben wird, bis hin zur Schlosserei und zur neuen Schreinerhalle zeigte Leiterin Heidi Morath, wie im Talhof den Menschen, die aus ganz unterschiedlichen Gründen dort gelandet sind, neue Perspektiven vermittelt werden. "Ein geregelter Tagesablauf mit sinnvoller Arbeit ist der erste Schritt, um sich später in der Gesellschaft wieder zurechtzufinden." Für die Besucher fasste Stadträtin Gisela Reinhard zusammen: "Wir sind stolz, bei uns in Schriesheim eine so sinnvolle und engagiert betriebene Einrichtung zu haben."

Neue Entwicklungen bereiten dem Talhof allerdings auch Kopfzerbrechen. "Gelten nach der Auflösung des Landeswohlfahrtsverbandes zum Jahresende die derzeitigen Förderrichtlinien weiter, wenn der Rhein-Neckar-Kreis zuständig wird?", fragte sich Heidi Morath mit Blick auf die leere Kreiskasse. Der Landeswohlfahrtsverband fördert bisher die Tätigkeiten des Talhofes und seiner Bewohner. Uli Sckerl, Vorsitzender der grünen Kreistagsfraktion, konnte sie beruhigen: "Der Kreis wird die bestehenden Verträge 1:1 übernehmen. An den Standards für den Talhof wird nicht gerüttelt." Die Grünen werden sich um die neue Kreisaufgabe Eingliederungshilfe im Übrigen besonders kümmern. Diese Integrationsaufgaben seien für eine Partei, die sich um Minderheiten kümmert, unverzichtbar.

Heidi Morath hatte weiter erhebliche Bedenken gegen manche Bestimmungen der Arbeitsmarktreformen (die sog. "Hartz-Gesetze"). Sie sieht beispielsweise in der Betreuung der Langzeitarbeitslosen durch den Landkreis anstelle der Bundesagentur für Arbeit die bessere Lösung. Kreisrätin Dr. Annette Heuer machte hier deutlich, dass die Übernahme dieser Aufgabe durch den Kreis für die Grünen von den finanziellen Rahmenbedingungen abhängt. "Erst wenn die von Bund und Land versprochene Entlastung des Kreises von den sozialen Kosten tatsächlich sicher gestellt ist, können wir für die Trägerschaft des Kreises sein", betonte sie. Dass dies wünschenswert ist, steht für sie mit Blick auf die Biographie der Talhofbewohner außer Frage, denn "sie brauchen eine besondere soziale Förderung und würden im Vermittlungsapparat der Arbeitsämter völlig untergehen". Heidi Morath kritisierte weiter die neuen harten Förderbestimmungen der "Hartz-Gesetze", nach denen die Talhofbewohner nach nur 6 Monaten ohne Vermittlungserfolg auf dem Arbeitsmarkt aus der Förderung herausfallen werden. Angesichts der Flaute auf dem Arbeitsmarkt sei es realitätsfremd, von derart schnellen Erfolgen bei der Arbeitssuche auszugehen, zumal viele Talhofbewohner oft erst nach sechs Monaten in der Lage seinen, eine Vermittlung anzugehen.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung