Schriesheim im Bild 2023

05.06.2004

RNZ-Wahlfrage Schriesheim

Stichwort "Finanzen": Schriesheim steckt in der Finanzkrise.
Gibt es Konzepte, diese Krise zu überstehen? Wo sind Einsparungen vertretbar? Wo auf keinen Fall?

Die erste der sechs Schriesheimer "RNZ-Wahlfragen", die die Parteien der Weinstadt bis zur Wahl am 13. Juni an dieser Stelle beantworten werden, widmet sich dem kommunalen Dauerbrenner: den Finanzen. Spätestens dieses Jahr hat die allgemeine Finanzkrise auch Schriesheim erreicht. Die CDU, die SPD, die Freien Wähler (FWV), die Grünen (GL) und die FDP bewerten in ihren Stellungnahmen die aktuelle Finanzlage und machen Sparvorschläge. Am Montag werden die Kokurrenten um Sitze am Ratstisch zu einer Frage Stellung nehmen, die ein weiteres Hauptthema der Schriesheimer Kommunalpolitik betrifft: das Neubaugebiet "Nord". cab

CDU: Zuschüsse deckeln oder kürzen

Zur Deckung der laufenden Ausgaben fehlen 500000 Euro. Da dieser Fehlbetrag in hohem Maße bundespolitisch verursacht ist, also nicht hausgemacht - Schriesheim hatte in den letzten Jahren durchweg steigende Gewerbesteuereinnahmen - kann letztendlich und dauerhaft diese Krise nur durch eine vernünftige Politik in Berlin beendet werden. Dies entbindet uns jedoch nicht, immer wieder und wie in der Vergangenheit auch nach Einsparungsmöglichkeiten zu suchen.
Doch in vielen Bereichen, zum Beispiel bei den Unterhaltungsausgaben, sind wir an unsere Grenzen gestoßen. Die Mitgliedschaft der Stadt in Verbänden und überörtlichen Vereinigungen ist zu überprüfen und gegebenenfalls zu kündigen.
Die Zuschüsse in der Musikschule, Bibliothek und VHS sind zu deckeln, notfalls zu kürzen, allerdings mit der Vorgabe, diese Einrichtungen zu erhalten. Investitionsvorhaben sind genau auf ihre Folgekosten zu untersuchen und gegebenenfalls nicht durchzuführen. Wünsche sind den Finanzen anzupassen und nicht umgekehrt.
SPD: Alle Ausgaben müssen auf den Tisch

Nicht nur Schriesheim, sondern alle Gemeinden stecken in einer Finanzkrise, beziehungsweise in einer angespannten finanziellen Situation. Ursache hierfür sind die Einnahme-Minderungen aus dem kommunalen Finanzausgleich bei gleichzeitig erhöhten Umlagezahlungen. Wir gehen aber davon aus, dass die Gewerbesteuereinnahmen stabil bleiben, die Konjunktur anzieht und so mit Mehreinnahmen zu rechnen ist.
Trotz allem muss die Haushaltskonsolidierung auf den Weg gebracht werden: 1. Haushaltsstruktur-Kommission (Alle Ausgaben müssen auf den Tisch); 2. Aufgabenanalyse und Aufgabenkritik städtischer Dienstleistungen; 3. Kooperation mit anderen Gemeinden; 4. Überprüfung des Deckungsgrades städtischer Gebühren; 5. Einbezug privater Partner für Aufgabenerfüllung und Dienstleistungen der Stadt.
Um die Zukunftsfähigkeit unserer Stadt zu sichern ist es erforderlich, die Standards im Bereich Schule, Kinder- und Jugendarbeit, im kulturellen und sportlichen Bereich zu erhalten.
FWV: Freiwillige Leistungen prüfen

Nicht nur Schriesheim steckt in einer Finanzkrise, sondern viele Kommunen, insbesondere auch Bund und Länder. Ein wesentliches Konzept, diese Krise zu überstehen, sehen wir im Überprüfen freiwilliger Leistungen, im Zurückstellen von Unterhaltungs- und Pflegemaßnahmen bei öffentlichen Gebäuden, Straßen und Grünflächen. Keine Einsparungen sollten bei Bezuschussung von ehrenamtlichen Tätigkeiten erfolgen, zum Beispiel bei der Jugendarbeit in Vereinen und Kirchen.

GL: Bürgermeister besser kontrollieren

Mangels eigener großer Gewerbegebiete und damit Gewerbesteuereinnahmen ist der Haushalt der Stadt stark konjunkturabhängig. Größere Ausgaben wurden in den letzten Jahren durch Grunstücksverkäufe finanziert. Mit dem Anteil an den Steuern der neu hinzugewonnenen Einwohner sollen dann die zusätzlichen Straßen- und Grünflächen unterhalten werden. Schon heute fehlt für die Unterhaltung der bestehenden öffentlichen Gebäude, Straßen und Plätze das Geld. Einerseits kann der Bürgermeister 30000 Euro ohne die Zustimmung des Gemeinderats ausgeben, andererseits wird über ein paar hundert Euro mehr oder weniger für die Altenfeiern in Schriesheim und in Altenbach diskutiert.
Hier liegt Einiges im Argen. Der neue Gemeinderat wird den Bürgermeister besser kontrollieren müssen. Es müssen zukünftig alle freiwilligen Leistungen der Stadt auf den Prüfstand, wobei wir aber ausdrücklich die finanzielle Förderung ehrenamtlicher Tätigkeiten, also die Vereinsförderung, nicht antasten werden.
FDP: Nur wenige Bereiche zum Kürzen

In Schriesheim wird gerade mal wieder mit den Einnahmen aus einem Neubaugebiet der Haushalt ausgeglichen. Kommentar der Kommunalaufsicht: "Eine solche Finanzierung führt auf die Dauer zu einem merklichen Substanzverlust". Die Stadt habe hingegen eine grundsätzliche Verpflichtung zur Erhaltung des gemeindeeigenen Vermögens.
Schriesheim verhält sich wie ein Familienvater, der Stück für Stück sein Grundstück verkauft, um seine Familie zu ernähren. Laut mittelfristiger Finanzplanung wird die Stadt in den nächsten Jahren nur die ordentliche Tilgung erwirtschaften. Mehr Geld wird nicht übrig sein. Das Personal der Stadtverwaltung ist jetzt schon überlastet, Gebäude- und Straßenunterhaltung finden nicht mehr statt, die Sachausgaben der Schulen wurden deutlich reduziert, also bleiben nur wenige Bereiche, wo gekürzt werden kann: Es sind die freiwilligen Leistungen der Stadt und es sind die Mittel, die wir für das Feiern ausgeben. Außerdem muss die Stadt ihre Einnahmen erhöhen. Wenn die Bürger die wahre Lage kennen, sind sie auch zu Opfern bereit.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung