Schriesheim im Bild 2023

02.07.2004

Bald ist alles unter Dach und Schacht

Schriesheimer Bergwerker feiern bei ihrem Fest am Wochenende auch Richtfest am neuen Schachthäuschen - Viel Tüftelei und Eigenarbeit

Von Roland Kern

Schriesheim. So professionell kann Ehrenamt aussehen: Bis zum Winter ist das Schachthaus am Besucherbergwerk fertig, das als Kassenhaus, Kiosk und Umkleidekabine für die Gäste genutzt wird. Am Samstag im Rahmen des Bergwerksfestes wird Richtfest gefeiert.

Eine solche Präzision kann Wilhelm Gassert, den Entdecker und Chef des Bergwerks, auch mit 73 Jahren noch begeistern. "184 Loch in schweren Stahlträgern", schwärmt der alte Schlossermeister, "und kein einziges musste nachgearbeitet werden". Fachmännisch bescheinigt er: "Des hot gebasst wie ä Latzhos'."

Am Samstag um 17 Uhr, wenn das 19. Schriesheimer Bergwerksfest mit den Klängen der Jagdhornbläser gerade begonnen hat, feiert die "Krawwler"-Gruppe Richtfest am neuesten Schmuckstück der Anlage: Im Laufe der letzten anderthalb Jahre ist nach historischen Plänen, die wieder einmal Bergwerks-Historiker Curt Full aufgearbeitet hat, das ehemalige Schachthäuschen neu entstanden: "Der Schoppen", wie das Gebäude in den alten Plänen lapidar genannt wird. Wie alles im Bergwerk erfüllt das Gebäude, das jetzt in seinen Grundfesten steht, einen praktischen Zweck. Eigentlich sogar mehrere: Erstens deckt es den Tagschacht ab, der direkt unter dem Dach ins Freie kommt, und der bekanntlich Dreh- und Angelpunkt der nächsten Ausbauschritte des alten Bergwerks ist. Zweitens wird daraus ein kleines Nutzgebäude für den Besucherbetrieb: eine Kasse, ein kleines Kiosk, ein Versorgungsraum, vor allem aber ein Umkleideraum, in dem sich die Besucher für unter Tage ankleiden - das alles wird in dem "Schoppen" untergebracht sein. "Dann wird vieles für uns praktischer", wünscht sich Gassert.

Wie immer, so ist auch das neue Gebäude überwiegend durch einen gewaltigen ehrenamtlichen Einsatz der Bergwerkshelfer entstanden. In einer Art Eilauftrag hat Zimmerer Georg Grüber als Profi nochmal Hand angelegt. Ansonsten haben Gassert und seine "Schaffer" nur die Materialkosten verursacht. Und wer den obersten Bergwerker kennt, der weiß, dass sich Schriesheims größter Tüftler wieder einige Besonderheiten hat einfallen lassen. Das Zeltdach des Gebäudes bekommt einen kleinen Glockenturm, den der Vorsitzende persönlich gestiftet hat. Dort soll künftig jedes Mal ein kleines Glöckchen geschlagen werden, bevor eine Besuchergruppe in die Grube Anna-Elisabeth einfährt. Außerdem kann ein Wagen, der aus dem Schacht mit Erdabraum emporsteigt, mit einem an der Decke angebrachten Seilzug abgefahren und draußen vor dem Häuschen geleert werden. Nach dem Richtfest am Samstag wird weitergebaut, bis zum Winter dürfte der "Schoppen" in Gebrauch sein.

Von dem Tagschacht aus, der vom neuen Dach abgeschirmt wird, sucht die Truppe im Moment nach einer neuen Tiefsohle, die nach Süden, also in Richtung Talstraße abführt. Damit eröffnen sich die "Krawwler" neue Dimensionen. "In zwei bis drei Jahren könnten wir soweit sein", hofft Gassert. Auf der neuen Sohle, so kann er sich ein Grinsen nicht verkneifen, wartet dann so viel Arbeit: "Bis die erledigt ist, gibt es noch das Bergwerk, aber keinen Gassert mehr." Mal sehen, bei dem Mann ist alles möglich. . .

INFO: Bergwerksfest in Schriesheim am Wochenende mit Führungen und Live-Musik (T-Band, Eugen Fallmann) und dem Richfest am neuen Schachtgebäude, ab Samstag, 17 Uhr.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung