Schriesheim im Bild 2023

21.07.2004

Ab September morgens sieben Stunden

Dafür deutlich weniger Nachmittagsunterricht am Schriesheimer Kurpfalz-Schulzentrum - "G 8" macht es notwendig - Stadt spart dabei viel Geld

Von Roland Kern

Schriesheim. Die schlechte Nachricht zuerst: Schriesheims Schüler müssen ab dem nächsten Schuljahr fünf Minuten früher aufstehen. Dafür die bessere gleich hinterher: Mit einer Sieben-Stunden-Tafel kann der Nachmittagsunterricht künftig deutlich reduziert werden. Das haben die Schulgremien jetzt beschlossen.

"Klar", sagen Schulleiter Werner Rendel und sein Stellvertreter Ludwig Schwöbel unisono, "die Stadt spart durch diesen Schritt eine Menge Geld, "aber das war nicht unser Hauptbeweggrund". Die Gymnasien im Lande geraten mit der Einführung von "G8" im nächsten Jahr teilweise in ein Dilemma. Weil sich die Wochenstundenzahl in manchen Klassenstufen auf bis zu 36 Stunden erhöht, sind bis zu acht Stunden am Nachmittag nötig. Bei dieser Nachmittagsbelegung schreibt das Schulgesetz wiederum eine Kantine, Mensa oder eine vergleichbare Einrichtung vor. Denn nicht alle Kinder haben die Möglichkeit, zwischen dem Vormittags- und dem Nachmittagsunterricht nach Hause zu gehen.

Das wäre in Schriesheim, wo viele Schüler aus dem Odenwald das Kurpfalz-Schulzentrum besuchen, ein gewaltiges Problem - das die Stadt als Schulträger in der derzeitigen Finanzkrise wohl vor eine unlösbare Aufgabe stellen würde. Aber nicht nur deshalb haben sich Schulleitung und Schulkonferenz jetzt für einen anderen Weg entschieden: die siebenstündige Stundentafel am Vormittag. Klartext: ab dem nächsten Schuljahr beginnt der Vormittagsunterricht an allen Schulen des Schriesheimer Schulzentrums (also auch Real-, Grund- und Hauptschule) morgens bereits um 7.40 Uhr. Mit zwei 15-Minuten-Pausen dauert der Unterricht in den Klassen, die mehr als 30 Wochenstunden benötigen, sieben Schulstunden lang bis um 13.45 Uhr. Damit wird Nachmittagsunterricht zumindest nicht die Regel. Und zumindest vorläufig braucht der Schulträger keinen Raum und keine Mittagsverpflegung bereitzustellen. Das ist für die Schulleiter allerdings nur ein Nebeneffekt: "Das ist für uns eindeutig die sozial verträglichere Lösung", erklärt Schulleiter Werner Rendel. Denn er weiß aus Erfahrung, dass viel Nachmittags-Unterricht in den Familien seiner Schüler zu einigen Problemen führt: Die Freizeit der Jugendlichen in den Vereinen oder anderen Bildungseinrichtungen ist schwieriger zu organisieren. Auch verträgt sich die Zeitplanung oft nicht mit der Halbtags-Berufstätigkeit eines Elternteils. "Es sind vor allem pädagogische Argumente", ergänzt Konrektor Ludwig Schwöbel.

Der frühere Schulbeginn, so Rendel mit leicht ironischem Unterton, "bringt sowieso nur die Schriesheimer Erziehungsberechtigten in Sorge". Für die Schüler mit den weiteren Anfahrtswegen reicht sogar der gleiche OEG-Bus wie zuvor. "Mit großer Mehrheit", so die Schulleiter, habe die Schulkonferenz daher auch den Weg zur Sieben-Stunden-Tafel am Vormittag mitgetragen. Übrigens im Gegensatz zu den meisten anderen Gymnasien der Bergstraße, in denen künftig mehr Unterricht in den Nachmittag hinein gelegt werden muss.

Im Kurpfalz-Schulzentrum war es schnell klar, dass auch die anderen Schularten mitziehen werden. "Den Kollegen war das Recht, so haben sie vormittags einen zeitlichen Puffer", weiß Rendel aus Gesprächen zu berichten. Und er fügt hinzu: "Wer vernünftig an das Thema herangeht, kann sich unserer Diskussion nicht verschließen."

Die Schulleiter haben sich auch bewusst schon für das nächste Jahr zur Ausweitung des Vormittags-Unterrichts entschieden, obwohl "G 8" die Erhöhung erst dann nötig gemacht hätte, wenn die "G-8er" in die sechste Klasse kommen. "Somit haben wir erst einmal eine Probephase, aus der wir lernen können und vielleicht noch Kleinigkeiten ändern", erklärt Ludwig Schwöbel. Und Rendel ist sich sicher: "Mein Nachfolger im übernächsten Jahr wird sich noch freuen, dass wir ihm einige Steine aus dem Weg geräumt haben."

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung