Schriesheim im Bild 2023

05.08.2004

Sie würden auch wieder von vorne anfangen

Straßenkinder-Verein feierte in Schriesheim zehnjähriges Bestehen mit den Heimleitern Ligia und Gregory Helm aus Rumänien

Schriesheim. (lim) "Die Situation der verlassenen Kinder lastet noch immer schwer auf Rumänien. Von den 5,6 Millionen rumänischen Kindern befinden sich rund 90 000 in staatlichen Heimen oder Pflegefamilien. Daraus ergibt sich, dass es in Rumänien noch immer viele verlassene Kinder gibt und es werden auch weiterhin viele Kinder wegen Armut, Arbeitslosigkeit und Alkoholismus verlassen werden." Mit diesen eindringlichen Worten schilderte Ligia Helm die nach wie vor schlechte Lage in Rumänien. "Wir hoffen, dass die Erwachsenen mit der Zeit gewissenhafter und verantwortungsbewusster werden. Das wird aber noch viele Jahre dauern: Denn viele sozial benachteiligte Eltern haben durch die im Kommunismus entstandene Mentalität den Eindruck gewonnen, es sei völlig normal, wenn der Staat oder private Personen die Kinderbetreuung übernehmen und sie sich darum nicht mehr kümmern müssten."

Der Arbeitskreis Straßenkinder in Rumänien e.V. ist eine solche private Initiative, die sich vor zehn Jahren das Ziel gesetzt hat, verlassenen Kindern in Rumänien eine Zukunft zu geben. Dieser kleine, runde Geburtstag hatte der Vorstand zum Anlass genommen, im Tenniscenter Schriesheim mit Mitgliedern und Freunden zu feiern.

Im Mittelpunkt standen die Gäste aus Rumänien, die in dem vor vier Jahren eröffneten Kinderheim leben und arbeiten. Neben den Heimeltern Gregory und Ligia Helm freuten sich die fünf Kinder und Betreuerin Kinga über den Aufenthalt in Deutschland. Zum ersten Mal konnten sie sehen, wer sich alles für sie engagiert. Der Vorsitzende Jürgen Pfeiffer begrüßte herzlich die Gruppe aus dem Dorf Cristian bei Brasov (Kronstadt) sowie die rund 70 Mitglieder und Freunde des Vereins.

Sehr kurzweilig erinnerte er an die Anfänge von vor zehn Jahren, als drei Studenten sich dem Leid der Straßenkinder annahmen (die Rhein-Neckar-Zeitung berichtete ausführlich am Freitag). Eine moderne Power-Point-Präsentation über die Entwicklung und Ziele des Vereins schloss sich an, nachdem das reichhaltige Büfett italienischer Spezialitäten eröffnet worden war. Musikalisch wurde der unterhaltsame Abend von Kerstin Pfeiffer (Gesang) und Jens Nobiling (Gitarre) umrahmt.

Die Heimeltern Gregory und Ligia Helm dankten allen, die dieses Projekt ermöglicht haben. Oft beschäftigen sie sich damit, was sie bisher erreicht haben und was in den nächsten Jahren auf sie zukommen wird. "Eines ist klar", konstatierte Ligia Helm, "der Unterschied im Leben und im Verhalten der neun Kinder, die wir bisher betreut haben, ist unglaublich. Die Kinder, die wir vor vier Jahren in unserer Familie aufgenommen haben, haben ganz große Fortschritte in der Entwicklung gemacht. Jederzeit würden sie mit dieser so wichtigen und unerlässlichen Tätigkeit wieder beginnen, die zu ihrem Lebensinhalt geworden ist - trotz der schwierigen Zusammenarbeit mit den Behörden, die anfangs sehr zurückhaltend und misstrauisch waren. Bis heute bereitet die Suche nach geeignetem Personal größte Probleme.

Ein wichtiger Bestandteil der Arbeit mit den Kindern ist der Kontakt zu den Eltern. Vor allem für Kinder, die von den Eltern misshandelt wurden, können diese Besuche große Ängste und Unsicherheiten auslösen. Die Begleitung der Kinder bei diesen Kontakten erfordert viel Einfühlungsvermögen und pädagogisches Geschick. Selbstverständlich steht dabei das Wohl des Kindes im Vordergrund, aber auch die Bedürfnisse und die oft ambivalenten Gefühle der Eltern müssen respektiert werden. Es versteht sich von selbst, dass eine Rückführung eines Kindes in seine Herkunftsfamilie von Seiten des Heimes sorgfältig vorbereitet und begleitet werden muss. Bei zwei Kindern hat eine solche Rückführung bisher geklappt. Im Normalfall ist aber davon auszugehen, dass die jetzigen Bewohner des Kinderheims bis zum Erwachsenenalter dort bleiben werden.

INFO: Der Straßenkinder-Verein unbedingt auf Spenden angewiesen: Hypovereinsbank Heidelberg, Konto 325 417 161, BLZ 672 202 86. Infos gibt es bei Jürgen Pfeiffer, Telefon 07056/963364, und im Internet unter www.asirev.de.

Copyright (c) rnz-online

Autor: Rhein-Neckar-Zeitung