Schriesheim im Bild 2023

28.08.2004

Es gibt keinen SPD-Kandidaten um jeden Preis

RNZ-Sommerinterview mit Hans-Jürgen Krieger: "Jemanden oder etwas zu verhindern, das ist für mich keine politische Kategorie"

Krieger: "Wir wollen vermeiden, dass ein Wettlauf entsteht um das größte Sparen." Foto: Dorn

Von Roland Kern

Schriesheim. Heute setzen wir die Reihe mit den Sommerinterviews der Fraktionsvorsitzenden fort. Hans-Jürgen Krieger von der SPD spricht über Sachpolitik im Gemeinderat und einen möglichen sozialdemokratischen Bürgermeisterkandidaten.

Herr Krieger, wann kehrt der Schriesheimer Gemeinderat wieder zur Sachpolitik zurück?

Es ist zutreffend, dass in den letzten Monaten mehr die Personen im Zentrum standen als die Themen, das hat natürlich mit der Kommunalwahl zu tun. Die Auseinandersetzungen waren erforderlich, weil sie der Klarheit dienten. Ich gehe davon aus, dass der Gemeinderat wieder zur Sachpolitik zurückkehrt, wenn er sich zu seiner neuen Amtszeit konstituiert hat.

Macht die Arbeit noch Spaß, wenn es am Ratstisch mehr Grabenkämpfe gibt als Argumente?

Nein, aber das kann auch kein Dauerzustand sein, denn wir allen haben die Aufgabe, uns um die Belange unserer Gemeinde zu kümmern. Hierfür haben die Wählerinnen und Wähler uns das Mandat übertragen. Ich kann mich allerdings nicht daran erinnern, dass sich die SPD an irgendwelchen Grabenkämpfen beteiligt hätte.

Was verändert sich nach der Kommunalwahl an der Arbeit und am Klima im Gemeinderat?

Die nächsten ein bis zwei Jahre werden die Positionen noch stärker herausgearbeitet werden. Das ergibt sich zwingend aus dem Fakt, das wir vor dem Ende einer 32-jährigen Bürgermeister-Ära stehen. Hier gilt es für alle, sich klar zu positionieren. Das heißt aber nicht zwingenderweise, dass sich das Klima im Gemeinderat verschlechtert.

Wie sieht die SPD in diesem veränderten Machtverhältnis ihre Rolle, man hatte in letzter Zeit den Eindruck, Ihre Fraktion suche die Nähe zu den Konservativen?

Hierfür erkenne ich wirklich keine Hinweise. Die SPD muss, um ihren Einfluss halten zu können, mit allen Gruppen und Parteien im Gemeinderat zusammenarbeiten und von Fall zu Fall entscheiden, mit wem sie zusammenarbeitet. Das hat aber nichts mit Nähe oder Distanz zu tun. Die SPD wird ihre eigenständige Politik weiter betreiben.

Aber das Verhältnis zu den Grünen scheint angekratzt zu sein, liegt das an den Umständen, wie das Heuer-Wolf-Mandat zustande gekommen ist?

Ortsverein und Fraktion der SPD haben sich ausführlich mit der Problematik befasst und die Umstände wie das Verhalten der Beteiligten Personen sehr negativ aufgenommen. Wir sind jetzt aber der Meinung, dass die Diskussion abgeschlossen werden muss.

Wie beurteilen Sie das Zusammengehen der CDU und der liberalen Einzelstadträtin Dr. Birgit Arnold im Finanzausschuss. Sehen Sie eine gewisse Symbolik hinter dieser Partnerschaft?

Es ist die Angelegenheit der CDU, mit wem sie zusammenarbeitet. Natürlich steckt ein gewisser Symbolcharakter dahinter, sonst wäre es nicht gemacht worden. Es ist allerdings auch nichts Dramatisches und wird die Koordination der Schriesheimer Kommunalpolitik nicht wesentlich verändern.

Heißt das, dass das "bürgerliche Lager" wirklich zusammenrückt, weil es bei der nächsten Bürgermeisterwahl einen Grünen-Bürgermeister zu verhindern gilt?

Es geht nicht darum, einen Bürgermeister zu verhindern, sondern darum, den richtigen zu finden. Wir müssen die Bürgermeister-Frage deshalb positiv stellen, um einen guten Nachfolger für Herrn Riehl zu finden. Jemanden oder etwas zu verhindern, das ist für mich keine politische Kategorie.

Kann sich denn die SPD einen Grünen-Bürgermeister vorstellen?

Im Rahmen des demokratischen Spektrums kann sich die SPD viel vorstellen, das ist aber nicht unser Thema. Wir müssen uns darüber klar werden, ob wir einen eigenen Bürgermeister-Kandidaten aufstellen oder nicht.

Wie sieht die SPD-Zeitplanung für die Kür eines Bürgermeister-Kandidaten aus?

Es gibt jedenfalls keinen SPD-Kandidaten um jeden Preis. Für uns stellt sich die Frage, wie erfolgreich ein SPD-Kandidat oder eine Kandidatin sein kann. Verheizen werden wir nämlich niemanden. Im November wird sich der Ortsverein mit dem Thema befassen. Wir werden jedenfalls eine ganz eigenständige Entscheidung treffen. Und wenn wir keinen eigenen Kandidaten stellen, werden wir gut darüber nachdenken, wie wir trotzdem unseren politischen Einfluss geltend machen können.

Welches sind die kommunalpolitischen Themen der zweiten Jahreshälfte?

Da steht bei uns die Verkehrssituation ganz oben. Das Gutachten liegt auf dem Tisch, wir werden es jetzt bewerten und prüfen, welche Gestaltungsmöglichkeiten wir haben. Dann wollen wir den Runden Tisch für die Heidelberger Straße auf den Weg bringen, um gemeinsam mit dem BdS zu prüfen, ob es eine Lösung für die sinnvolle Nutzung der Heidelberger Straße gibt. Danach gehen wir an die Talstraße. Dort müssen Sofortmaßnahmen in Angriff genommen werden, um die Belästigung für die Anwohner so weit es geht einzudämmen.

Und dann geht es bald schon wieder an die Vorbereitungen des nächsten Etats. Wahrscheinlich gibt es einen Wettlauf: wer spart am meisten? Wo kann sich denn die SPD weitere Kürzungen vorstellen? Und wo nicht?

Ich verweise auf die alte SPD-Forderung nach einer Haushaltsstruktur-Kommission, um ausgewogen diskutieren zu können. Denn wir wollen vermeiden, dass ein Wettlauf entsteht um das größte Sparen. Das würde niemandem helfen und nur die jeweilige Klientel bedienen. Es wird die Frage sein, wie weit man kürzen kann, ohne die Existenz von Einrichtungen zu gefährden. Ich kann nicht erkennen, dass Schriesheim auf seine Einrichtungen verzichten kann. Ich rede von Musikschule, VHS und Stadtbibliothek, von den Vereinen, dem Museum. Wir brauchen sie alle.

Aber vom Sparen kann die Stadt auf Dauer nicht leben, haben Sie langfristige Konzepte?

Wir kommen nur über eine verbesserte Zusammenarbeit zwischen den Kommunen weiter. Das wird auch eine Aufgabe des nächsten Gemeinderates und des nächsten Bürgermeisters sein, zu prüfen, wo man Aufgaben mit Nachbarkommunen gemeinsam leisten kann. In diesem Bereich sehe ich nachhaltige Sparpotenziale.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung