Schriesheim im Bild 2023

03.09.2004

Es gab keine inhaltlichen Absprachen"

RNZ-Sommerinterview: Dr. Birgit Arnold (FDP) war "freudig überrascht" von der Großzügigkeit der CDU

"Die Schriesheimer Kommunalpolitik braucht nach Herrn Riehl viel Ruhe und Gelassenheit." Foto: Dorn

Von Roland Kern

Schriesheim. Mit Dr. Birgit Arnold (FDP) stellt sich heute die letzte Fraktionsvorsitzende den Fragen der RNZ. Die Liberale spricht über den Bürgermeisterkandidaten, eigene Ambitionen und das Heuer/Wolf-Mandat.


Frau Dr. Arnold, Sie hatten ja früh für Georg Wacker als Bürgermeister-Kandidat plädiert. Sind Sie nun enttäuscht, dass er zurückgezogen hat?

Enttäuscht bin ich nicht. Er wäre ein guter Kandidat, aber ich respektiere natürlich seine Entscheidung und bin froh darüber, dass die Entscheidung so schnell gefallen ist.

Nach Wackers Wahl haben sich die Fragestellungen irgendwie verschoben...

Es ist zumindest eine wichtige Vorentscheidung. Wackers Haltung war in dieser Frage Dreh- und Angelpunkt.

Was machen denn eigentlich Ihre eigenen Ambitionen?

Die Frage einer Kandidatur kann ich nicht allein entscheiden, sondern das ist Aufgabe unserer Mitgliederversammlung. Und da verfügt der FDP-Ortsverein nach wie vor über drei Optionen. Erstens: Er hat vor Ort eine Stadträtin mit langjähriger politischer Erfahrung, die schon andernorts einen Bürgermeisterwahlkampf erfolgreich bestritten hat. Zweitens: Die FDP kann einen gemeinsamen Kandidaten von CDU und FW unterstützen. Und drittens: Die FDP kann sich von außerhalb einen eigenen liberalen Bewerber holen. Wir werden das bald ausführlich beraten. Für mich kann ich nur soviel sagen: Nach fünf Wahlkämpfen als Spitzenkandidatin gehe ich nur noch in ein Rennen, das auch Aussicht auf Erfolg hat.

Geht es immer noch darum, einen Grünen-Bürgermeister zu verhindern?

Nein, es soll niemand verhindert werden. Aber die bürgerlichen Kräfte brauchen einen gemeinsamen Kandidaten, darüber müssen wir uns im Klaren sein. Nur dann gibt es eine realistische Chance. Gleich nach den Ferien werden wir Gespräche mit CDU und FW führen. Die FDP wird in diesem Wahlkampf so oder so eine Rolle spielen.

Man hat den Eindruck, Sie seien in den letzten Monaten zur schärfsten Kritikerin der Grünen geworden...

Das ist überinterpretiert. Wir haben uns, wie angekündigt, nach der Kommunalwahl als erste zur Bürgermeisterwahl geäußert. Und wir haben gesagt, dass wir keinen grünen Bürgermeister in Schriesheim wollen. Sie können nicht im Ernst erwarten, dass wir hier die politische Gruppierung unterstützen, die auf Bundes- und Landesebene unser größter politischer Konkurrent ist. Das ist auch für mich, selbst wenn ich es gewollt hätte, politisch nicht durchsetzbar. Außerdem: Die Schriesheimer Kommunalpolitik braucht nach Herrn Riehl viel Ruhe und Gelassenheit. Ich beneide die Person wirklich nicht, die den Karren weiterziehen muss. Nach dem, was sich jüngst im Gemeinderat abgespielt hat und was ich auch persönlich im Wahlkampf erlebt habe, wird es diese Ruhe und Gelassenheit wohl nicht mit einem ortsansässigen Grünen-Bürgermeister geben.

Wann kehrt der Schriesheimer Gemeinderat wieder zur Sachpolitik zurück?

Das hängt von der Person des Bürgermeisters ab. Er ist der Vorsitzende des Gemeinderates, er muss ein Arbeitsklima schaffen, in dem sich alle Stadträte wohlfühlen. Er darf nicht so einseitig agieren, wie das Herr Riehl wieder einmal vorgeführt hat. Hoffentlich gestaltet er die letzten Monate seiner Amtszeit nicht so, dass wir uns nur noch mit Schaudern daran zurück erinnern.

Was steckt hinter Ihren Absprachen mit der CDU?

Es gab keinerlei inhaltliche Absprachen oder irgendwelche Vorbedingungen. Sie wissen, dass ich seit der Novellierung unserer Hauptsatzung darum kämpfe, einen Sitz in dem mittlerweile sehr wichtigen Haupt- und Finanzausschuss zu bekommen. Ich habe deshalb auch jetzt mit fast allen Fraktionsvorsitzenden gesprochen. Dass die CDU mir freiwillig einen Sitz abtritt, war auch für mich eine - zugegeben - freudige Überraschung. Sie sollten das aber nicht immer nur unter dem Aspekt der Bürgermeisterwahl sehen, sondern vor allem auf dem Hintergrund der finanziellen Situation in unserer Stadt. Schon bei den Haushaltsberatungen wie auch im Wahlkampf wurde deutlich, dass CDU und FDP mit ihrem Sparwillen zumindest teilweise auf einer Linie liegen.

Sind die Grünen isoliert?

Das wird man erst sagen können, wenn man das kommunale Geschehen über eine längere Zeit beobachtet.

Wird sich die Debatte über das Doppelmandat Heuer/Wolf in die Arbeit hineinziehen, oder sollte man zu Beginn der Amtszeit einen Schlussstrich ziehen?

Das wird für uns auf der Tagesordnung bleiben. Es hat mich sehr überrascht, dass die Grünen, die auf der Klaviatur der politischen Machbarkeit sonst so gut spielen können, die politische Brisanz dieses Themas offensichtlich unterschätzt haben. Ich hätte ihnen mehr politisches Gespür zugetraut. Die FDP wird auf Landesebene alles daran setzen, dass die Gemeindeordnung in diesem Punkte überarbeitet wird. Denn dem Geist der Gemeindeordnung entspricht dieses Doppelmandat auf keinen Fall.

Welches sind die Themen des zweiten Halbjahres?

Die oberste Priorität wird die Haushaltslage haben, es gibt nach wie vor keine finanziellen Spielräume für die Stadt. Wir werden auch nach wie vor ein Auge auf die Umsetzung des Neubaugebietes Nord werfen. Dort wird der Bebauungsplan ja jetzt schon den Forderungen eines Großinvestors angepasst.

Wo kann man noch sparen?

Das kann man erst genau sagen, wenn wir die Eckdaten für den neuen Haushalt kennen. Unser Ziel muss es sein, im Verwaltungshaushalt wieder einen finanziellen Spielraum zu bekommen. Es gibt nur einen Bereich, der bisher nicht zusammengestrichen wurde, das sind die freiwilligen Leistungen. Natürlich will auch ich die Bücherei oder Musikschule beibehalten. Sie sind ganz wichtige "weiche" Standortfaktoren für unsere Stadt. Aber es darf keine Tabus mehr geben. Wir werden im Herbst die Leiter dieser Institutionen zu einem Gespräch einladen, damit wir hier gemeinsam einen Weg finden.


Gibt es langfristige Konzepte?

Wir müssen die Gewerbesteuereinnahmen der Stadt verbessern, denn auch nach einermöglichen Gemeindefinanzreform wird sie eine wichtige Einnahmequelle bleiben. Wahrscheinlich muss sich die Stadt auch von manchen Aufgaben zurückziehen. Sehr erfreulich ist gerade in diesem Zusammenhang das zunehmende bürgerschaftliche Engagement in Schriesheim. Das müssen wir ausbauen und den Menschen immer wieder klar machen, dass es doch ihre Stadt ist, in der sie leben.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung