Schriesheim im Bild 2023

15.12.2004

Dicke Luft über dem Kuhberg

Heute Abend entscheidet der Gemeinderat über die Rebflurbereinigung - Hitzige Diskussionen bei der öffentlichen CDU-Fraktionssitzung

Zahlreiche interessierte Bürger kamen am Montag zur öffentlichen Fraktionssitzung der CDU, bei der unter anderem Stadtrat Paul Stang (vorne l.) und Weinbaubeauftragter Reinhold Vogel (vorne r.) über die Vorteile der Rebflurbereinigung sprachen. Foto: Dorn

Schriesheim. (ron/cab) Die Rebflurbereinigung des Kuhbergs ist eigentlich beschlossene Sache. Heute, am Tag der Entscheidung im Schriesheimer Gemeinderat, zeichnet sich eine deutliche Mehrheit ab. Die Skeptiker waren am Montag, als die CDU ein letztes Stimmungsbild einholte, zwar hartnäckig - aber deutlich in der Minderheit.

Außerdem schenkte CDU-Stadtrat und Weinbauexperte Paul Stang ein neues Argument ein, so genüsslich wie das erste Viertel nach Feierabend: Er machte eine Rechnung auf, nach der schon aus Sicherheitsgründen eine aufwändige Sanierung der Weinbergswege unausweichlich bevorsteht. In den letzten Jahren habe die Stadt nur Flickwerk betrieben, und selbst das habe rund 150 000 Euro gekostet. Und in den nächsten Jahren könne eine Millioneninvestition nicht mehr herausgeschoben werden.

Im Gegensatz dazu liege die Stadt bei einer Rebflurbereinigung des Kuhbergs und des Schlossbergs vergleichsweise günstig. Denn dabei beträgt der städtische Anteil rund 350 000 Euro - und ein komplett neues Wegenetz ist inklusive. "Erst dann können Bürgermeister und Gemeinderat ruhig schlafen", erklärte Stadtrat Stang. Damit lieferte die CDU kurz vor der Entscheidung noch mal ein wichtiges Argument für die Befürworter. Reinhard Vogel, der als Experte eingeladene Weinbauberater des Karlsruher Regierungspräsidiums, konnte sich nur wundern: "Die Stadt spart gegenüber der Wegesanierung zwei Drittel der Kosten, bekommt das ganze Gelände bereinigt und ermöglicht damit eine moderne ökologische Bewirtschaftung, warum stehen nicht alle hier der Maßnahme aufgeschlossen gegenüber?"

Die Kritiker waren schnell auszumachen, schließlich "outeten" sie sich nicht zum ersten Mal. Allen voran sind es die beiden Senior-Winzer Karl-Heinz Grüber und Dieter Thoni, die eine erhebliche finanzielle Belastung fürchten, wenn sie ihre in voller Blüte stehenden Weinberge roden müssen. "Wer zahlt uns den Ausfall von drei bis fünf Jahren, also bis zur ersten Ernte?", wollte Grüber wissen. "Wie werde ich für meine Weinberge entschädigt?", fragte Thoni nach.

Vogel hatte Antworten parat, die waren freilich nicht für alle Betroffenen zufriedenstellend. Er selbst wird für bestehenden Weinbauflächen Gutachten nach einem Punktesystem erstellen. So werden die Besitzer intakter und ertragsreicher Weinberge entschädigt. Bis zu 20 000 Euro pro Hektar kann es geben - das dürfte allerdings nur selten der Fall sein, wenn überhaupt. Auch bei der Wiederbepflanzung der Lage gibt es Zuschüsse; bis zu 5000 Euro pro Hektar. Dafür wird sich der Winzer mit rund 220 Euro pro Ar an der Rebflurbereinigung beteiligen müssen, dazu kommen die Kosten für die Wiederbestockung, denn 5000 Euro aufs Hektar reichen nicht. "Das ist ein Verlustgeschäft, die Stadt müsste sich mehr beteiligen", beschwerte sich Hobby-Winzer Andi Kirchner. "Und wahrscheinlich wird es eh' teurer als geplant", prophezeite Dieter Thoni.

Davon wollte die CDU als Mehrheitspartei im Gemeinderat nichts wissen. Fraktionschef Siegfried Schlüter versprach zum Beispiel, den städtischen Zuschussbetrag bei 360 000 Euro zu deckeln. Überhaupt spielte das liebe Geld in der Diskussion eine Hauptrolle. "Die Rebflurbereinigung sichert auf Dauer den Ertrag und die Qualität, und das wirkt sich auch auf den Geldbeutel des Winzers aus", gab Harald Weiss, der Geschäftsführer der Winzergenossenschaft, zu Bedenken. "Wir werden später nur noch ein Drittel der Arbeitszeit brauchen", rechnete Winzer Peter Sandel hoffnungsfroh vor. Und Hans-Jörg Mittelstädt erzählte von seinem Familienweinberg am Kuhberg, der nicht mehr zu verpachten ist. "Nach der Rebflurbereinigung passiert das nicht mehr, dabei gewinnt der Weinberg an Wert", hielt Stang dagegen. Und sein Fraktionskollege und Winzer Karl-Heinz Spieß machte nicht viel Worte: "Wenn die Rebflurbereinigung nicht kommt, ist der Weinbau dort oben kaputt".

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung