Schriesheim im Bild 2023

08.03.2005

Wer zu Späth kommt, den belohnt das Leben

Und wieder ein Abschied für Peter Riehl: Dieses Mal als "Lokalmatador" der Mittelstandskundgebung - Lothar Späth war sein Wunschgast

"Und wenn das Fass leer ist, sagen Sie Bescheid", so Peter Riehl zu Lothar Späth. Dieser traf auch Käthe Hauser wieder, die 1984 ihr Dekolleté als "Ablage" zur Verfügung gestellt hatte, damit sich Späth ins Gästebuch der Hausers eintragen konnte. Beim Rundgang machte der ehemalige Ministerpräsident des Landes auch Halt am RNZ-Stand im Zelt der Leistungsschau. Fotos: Kreutzer

Von Carsten Blaue

Schriesheim. Er war der erste Gastredner, den Peter Riehl damals 1974 als junger Bürgermeister Schriesheims auf der Mittelstandskundgebung des Orts- und Landes-BdS begrüßte. Und heuer, im Abschiedsjahr als Rathaus-Chef, schloss sich der Kreis: Gestern hieß Riehl wieder seinen Wunschgast Lothar Späth im rappelvollen Festzelt willkommen.

Eine Stunde zuvor saß man noch im Gästehaus Hauser beim Kaffee zusammen. Und schon hier gestand Späth: "Es ist ja wie ein Heimspiel. Früher habe ich immer gesagt: ,Ich bin gerne gekommen'. Heute meine ich es auch so. Ich will ja nicht mehr gewählt werden. Ich kann tun und lassen, was mir Spaß macht". Da lächelte das "Cleverle" verschmitzt. Bereits zum sechsten Mal war er gestern bei der Schriesheimer Mittelstandskundgebung der Gastredner: "Ich habe hier ein Umfeld gefunden, in dem man zur Sache kommen kann. Die Leute wollen keine Sprechblasen. Ein Zelt ist ja auch kein Symposium". "Es ist toll, dass Sie nochmal gekommen sind", flüsterte Riehl ihm zu. Der Bürgermeister war zufrieden und erinnerte seinen Gast an dessen Auftritte gerade auch damals in den 70ern und 80ern. "Wir haben uns in den letzten 25 Jahren alle ganz gut gehalten", befand der 67-jährige Späth.

Riehl sei ein Original, "wie wir sie immer seltener haben", so Späth. "So ein Bürgermeister ist immer auch Ausweis für die Originalität einer Gesellschaft". Parteipolitik sei ja im Kommunalen auch eher Nebensache. "Denn den Menschen ist es egal, ob der Kindergarten sozialdemokratisch, liberal oder konservativ ist". Ob er denn selbst nochmal politisch aktiv werden wolle, wurde Späth gefragt. Seine Antwort: "Nein. Vor zwei Jahren hätte ich es nochmal gemacht. Aber eigentlich muss eine neue Generation ran". "In Schriesheim sind dieses Jahr Bürgermeister-Wahlen", lockte Riehl. Aber Späth blieb dabei: "Auch ohne Amt fühle ich mich wahnsinnig gut". Außerdem könne das in Schriesheim auch ein Junger, "schließlich hat der Riehl ja auch mal jung angefangen".

Nach dem Kaffee samt Eintrag ins Goldene Buch der Stadt drehte der Ehrengast mit Riehl und Tross noch eine Runde durchs Zelt der Leistungsschau. Dann ging es ins Festzelt nebenan. Späth hatte zuvor gebeten: "Nicht zu viele Grußworte". Der Gast hat einen engen Terminkalender. Und Riehl erwiderte mit einem Augenzwinkern: "Jetzt hab' ich sieben Seiten Rede! Dann halt' ich eben nur eine". Zuvor war es aber an Dorothea Störr-Ritter, der Präsidentin des Bundes der Selbständigen Baden-Württemberg, die Gäste "in dieser tollen Arena" zu begrüßen - und "Lokalmatador" Riehl zu danken für über 30 Jahre Treue zum BdS. "Die Ehe zwischen dem BdS und Schriesheim hätte längst Silberhochzeit gehabt. Und diese Ehe ist jung und frisch wie am ersten Tag". Riehl habe den Pakt mit den Mittelständlern geschlossen und sich dafür eingesetzt, dass Arbeitsplätze dort sind, wo die Menschen sind: "in der Heimat", sagte Störr-Ritter. Riehl habe immer verstanden, was der Mittelstand braucht. Dafür gab es eine "Canstatter Kanne" als Abschiedsgeschenk für den Bürgermeister.

Dieser erwiderte: "Die Ehe mit dem BdS endet nicht mit dem Ruhestand. Wir werden auch noch das 40-Jährige feiern". Er nutzte seinen letzten Auftritt als Bürgermeister vor den Mittelständlern im Festzelt für einen flammenden Appell: "Ich habe noch nie so nachdenklich zu Ihnen gesprochen. Alles globale Denken ist richtig: Aber man darf die Region nicht vergessen! Wir im Ort haben mit zwei Insolvenzen zu kämpfen. Die Statistiker sollen hierher kommen und sehen, was sich da abspielt. Das ganze Statistiker-Geschwätz hilft nämlich nicht. Wir brauchen Arbeit!".

Und auch die Bürgermeister müssten wieder gemeinsam zusammenstehen mit den Mittelständlern. Faule Politiker-Kompromisse, die an Runden Tischen morgens um 5 Uhr ausgehandelt würden, hätten keinen Wert: "Die sollen abends um acht aufhören, an den Stammtisch gehen und am nächsten Morgen richtige Gesetze machen", so Riehl.

Er überreichte Späth nach der Begrüßung durch die Weinhoheiten ein "Schriesheimer Weinfass". "Und wenn das leer ist, sagen Sie mir Bescheid". Das ließ sich das "Cleverle" nicht zwei Mal sagen: "Da werde ich sicher oft zu Ihnen kommen". Danach hielt Späth eine seiner rhetorisch brillanten Reden und redete Klartext - eine Belohnung für jeden, der sie hörte.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung