Schriesheim im Bild 2023

01.04.2005

Das Waldschwimmbad wird überdacht

Membrankonstruktion für Schwimmerbecken kostet rund 15000 Euro - Baustart nächste Woche - Pläne können heute eingesehen werden

Vom idyllischen Anblick des Waldschwimmbades muss man sich wohl verabschieden. Gestern stellte der Architekt Otto Frei die Pläne für die Überdachung vor. Die Membrandach-Konstruktion aus insgesamt zwölf Tuchflächen aus Polyester-Gewebe wird an einem Stahlrahmen verankert. Acht Stützträger und zwei Zentralsäulen tragen das Dach, das durch Spanndrähte eine elastische Festigkeit erhält. Foto: Dorn/Repro: D/Frei

Von Carsten Blaue

Schriesheim. Das ist ein saurer Apfel, in den die IEWS, die Interessengemeinschaft zur Erhaltung und Betreibung des Waldschwimmbades, beißen muss: Das Schwimmerbecken muss überdacht werden. Die Umsetzung einer EU-Richtlinie macht die Maßnahme erforderlich - und das zwingend. Das Umweltbundesamt informierte den Verein darüber bereits vor sechs Wochen. "Wir müssen uns fügen. Wir haben kein Wahl", so Bauausschuss-Vorsitzender Hans-Peter Bosch. Gestern wurden die Pläne für die Überdachung im Waldschwimmbad vorgestellt.

Sie stammen von den Zeichentischen des Architekten Otto Frei aus Garching. Frei ist Experte auf dem Gebiet der Baubionik in Dach-Architekturen. Die Baubionik orientiert sich an den Baumaterialien aus der Natur und überträgt diese in die Architektur. "Für das Waldschwimmbad bietet sich eine Membrankonstruktion einfach an. Sie wirkt leicht, ist stabil und kostet vergleichsweise wenig Geld". Rund 15000 Euro muss die IEWS aufbringen. "Wir werden uns aber auf jeden Fall um Bundes- und Landeszuschüsse bemühen", so der Zweite Vorsitzende der IEWS, Jochen Wähling. Fördertöpfe für Baumaßnahmen, die durch EU-Richtlinien provoziert werden, gibt es.

Im konkreten Fall handelt es sich um eine europaweite Normanpassung. Schwimmerbecken von Freibädern in bewaldeten Trichter-Tal-Lagen müssen dann überdacht werden, wenn die Abstandsentfernung zwischen Bad und Wald weniger als 100 Meter beträgt.

Fünf Sonnenstunden retten

"Das war uns bis vor einigen Wochen völlig neu", so Sabine Portz vom Wirtschaftsausschuss. Sie kann den Sinn der Richtlinie genauso wenig verstehen, wie Betriebsleiter Jürgen Merkel. Frei klärt jedoch auf: "Starke Talwinde können aus den angrenzenden Waldbereichen Blätter, Äste und Waldboden-Material in das Bad wehen. Es geht also auch um den Schutz der Badegäste". Wesentlich ist auch der Sonnenschutz, der durch das Membrandach gewährt wird. Dazu der Architekt: "Nach der EU-Richtlinie darf die Sonnen-Einstrahlzeit in den betroffenen Bädern nicht mehr als fünf Stunden täglich betragen". Manche Badbetreiber hätten daraufhin einfach resigniert, so Frei aus Erfahrung: "Ich habe meine Membrankonstruktionen vorgeschlagen. Aber anstatt dessen entschieden sich viele für komplette Einhausungen. Das waren dann zum Schluss keine Freibäder mehr". Die Schriesheimer machen es anders - und werden von Freis Patent profitieren. Dazu Merkel: "Unsere fünf Sonnenstunden am Tag wollten wir uns auf keinen Fall nehmen lassen".

So wird ein Membrandach installiert, dass sich in der Grundkonstruktion an einem Blatt orientiert. Die Dachseiten sind nach innen gerichtet und leicht in Richtung Eingangsbereich geneigt. Niederschlagswasser wird in der Stahlrohrkonstruktion des Tragwerks aufgefangen. Jede Dachseite besteht aus sechs Tuchflächen aus PVC/PES. Dabei handelt es sich um ein Polyestergewebe mit beidseitiger Beschichtung aus Polyvinylchlorid. Die Oberfläche der Membranen werden durch spezielle Veredelungsverfahren behandelt, um die Witterungs- und UV-Stabilität und das schmutzabweisende Verhalten der Membranen zu verbessern. Für PVC/PES-Membranen stehen zudem umfangreiche Recyclingmöglichkeiten zur Verfügung.

Die Membranen können durch ein manuelles Zugsystem nach innen aufgerollt werden. So werden die Badegäste ihren Platz an der Sonne im Bad nicht verlieren - zumindest für fünf Stunden nicht. Einer glaubt noch nicht so ganz an das neue Dach. Es ist Hans Portz. Er sagt: "Was heißt in der Richtlinie eigentlich 'Abstand zwischen Bad und Wald'? Das ist mir zu ungenau. Er will heute beim Arbeitseinsatz erstmal genau vermessen. "Und dann werden wir ja sehen, ob wir das Dach wirklich bauen müssen". Plangemäß soll es schon nächste Woche losgehen.

INFO: Wer die Pläne zur Membranüberdachung einsehen möchte, hat heute zwischen 11 und 13 Uhr im Waldschwimmbad Gelegenheit dazu.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung