Schriesheim im Bild 2023

02.04.2005

"0,5 Autos gibt es überhaupt nicht"

Bürgerinitiative des Steinachgebiets glaubt, dass Parkplätze für "Solaris"-Quartier im Baugebiet "Nord" nicht reichen - Vorort-Termin mit Verwaltung
Von Carsten Blaue

Schriesheim. An der Ecke von Wormser und Schönauer Straße stehen gestern Stadtbaumeister Volker Rehberger und Friedhelm Urban von der Bauverwaltung etwa 30 Bewohnern des Steinachgebiets gegenüber. Ein Baufahrzeug zwängt sich im Schritttempo zwischen zwei geparkten Autos durch und fährt weiter über den Uzèsring in das Öko-Bauquartier "Solaris". Hier entstehen gerade die ersten Reihenhäuser. Insgesamt sollen es 108 Einfamilienhäuser werden, wie Rainer Tippel meint. "Aber es werden nur 164 Parkplätze gebaut", sagt er. Und genau deshalb treffen sich die Anwohner mit den Verwaltungsvertretern. Sie glauben, dass für "Solaris" viel zu wenige Parkplätze eingeplant sind. Und befürchten daher, dass sich die neuen Mitbürger, die im Öko-Quartier leben werden, einfach Parkmöglichkeiten im Steinachgebiet suchen.

"Aber kommen Sie mal abends hier vorbei. Dann steht auch jetzt schon alles voll", so Tippel. Er gehört zu einer Bürgerinitiative, die sich im Vorfeld der Planung für das Baugebiet "Nord" gegründet hat. Ein Teil von "Nord" ist das Quartier "Solaris". Die Initiative geht davon aus, dass hier über 50 Parkplätze fehlen werden. "Und dann haben wir über die Gäste der 'Solaris'-Bewohner noch gar nicht gesprochen. Wo sollen denn die parken?", fragt sich Tippel. Der Uzèsring als Erschließungsstraße des Öko-Quartiers scheide dafür aus, meinen die Bürger: "Hier gibt es zu viele Einfahrten". Sie wollen mehr Parkraum sehen für "Solaris" und können sich vorstellen, dass die geplante Tiefgarage unmittelbar westlich der Bebauung eine Ebene mehr bekommt.

"Solaris" wird vom Investor Conceptaplan auch mit dem Hinweis auf "eine autofreie Erschließung mit kurzen, fußläufigen Wegebeziehungen innerhalb des Quartiers" beworben. "Und das auf unsere Kosten!", ist Heidi Kreuzwieser ungehalten: "Es ist keine Ökologie, wenn man anderen die Autos aufdrückt". Die Bürger kritisieren, dass der Bebauungsplan des Baugebiets "Nord" für Wohneinheiten mit mehr als 80 Quadratmetern Wohnfläche beziehungsweise mit vier Zimmern zwar grundsätzlich 1,8 Parkplätze vorschreibt - nicht jedoch für "Solaris". Hier seien nur 1,5 Parkplätze pro Haus vorgesehen. Dazu Rehberger: "Man geht bei einem Öko-Gebiet davon aus, dass weniger Autos fahren. Der übrige Teil des Baugebiets 'Nord' ist eben kein Öko-Quartier". Man habe den Gemeinderatsbeschluss von 1,4 Parkplätzen pro Haus zudem ja auch schon auf 1,5 Parkplätze aufgerundet. "0,5 Autos gibt es überhaupt nicht", kontert Kreuzwieser und sagt: "Ihre Rechnung stimmt nicht. Wir werden hier doch verschaukelt! Auch für 'Solaris' muss die Parkplatz-Anzahl pro Haus auf zwei aufgerundet werden!".

Rehberger meint, der Gemeinderat und die Verwaltung müssten die Interessen aller im Auge haben: die Interessen des Bauherrn, der Stadt und der Anlieger. "Es kann nicht nur um die Anlieger-Interessen gehen. Aus finanziellen und rechtlichen Gründen können wir an der Stellplatzzahl nichts ändern. Wir haben Vorgaben des Gemeinderats", so der Stadtbaumeister, der angibt, dass "über 20" Reihenhaus-Einheiten von "Solaris" verkauft seien.

Rehberger gibt zu, dass die Einwände aus Sicht der betroffenen Bürger sicherlich richtig seien. Etwa der Hinweis darauf, dass auch die Lebenswirklichkeit einer jungen Familie heute so aussieht, dass beide Elternteile meistens berufstätig sind und daher auch beide ein Auto brauchen. Auch sei manche Kurve der Erschließungsstraßen eng und es könne schon passieren, dass ein Krankenwagen nicht durchkommt, wenn beide Seiten der Straße zugeparkt sind. "Aber wir haben nach geltendem Baurecht erschlossen".

Trotzdem, kommt Tippel auf das Parkplatzproblem zurück: "Wir werfen der Stadt vor, in den Vorplanungen nicht sorgfältig genug gewesen zu sein. Hier wird bewusst ein Brennpunkt zwischen künftigen Neubürgern und uns, die wir seit Jahrzehnten hier leben, geschaffen". Das weist Rehberger zurück. In dem Konflikt stecken durchaus die Emotionen der baustellengestressten Anwohner. Der Stadtbaumeister macht dennoch wenig Hoffnung: "Wir haben in der Parkplatzfrage alle Möglichkeiten genutzt". Man könne ja am Südrand von Leutershausen Park & Ride-Plätze für "Solaris" bauen, scherzt Tippel zum 1. April.

Ernster war es ihm mit den Tafeln, die an Straßenschild-Masten auf "Solaris" hinweisen. Spätestens, wenn die Unterführung und der Zubringer von der B3 zum Neubaugebiet fertig seien, dann müssten diese Schilder weg. Schon alleine, damit die Baustellenfahrzeuge nicht mehr den Weg über die Schönauer Straße nehmen. Sie müssten danach durch eine entsprechende Beschilderung über den Zubringer zum Baugebiet "Nord" geführt werden. Rehberger kündigte an, dass die Unterführung bis 25. April fertig sein soll. Auch nicht gerade früh, meinen die Anwohner: "Uns wurde versprochen, dass der Zubringer vor dem Mathaisemarkt fertig wird".

Copyright (c) rnz-online

Autor: Rhein-Neckar-Zeitung