Schriesheim im Bild 2023

09.04.2005

Wenn Füchse Fischmehl-Pralinen fressen...

... sollten Hunde besser an der Leine bleiben - Jagdpächter legen heute entlang der Bergstraße Impfschutzköder gegen Tollwut aus

So sehen sie aus, die Fischmehl-Pralinen, in denen die Tollwut-Impfung versteckt ist. Karl Balmert sorgt dafür, dass sie in Schriesheim richtig verteilt werden. Foto:Dorn

Bergstraße/Schriesheim. (kaz) Entlang der Bergstrasse sind heute die Jagdpächter unterwegs, um Impfschutzköder gegen die Tollwut auszulegen. Im Raum Mosbach waren zwischen Anfang Dezember und Ende Februar acht Fälle von Tollwut registriert worden.

Betroffen: Sieben Füchse und ein Reh. Grund genug für eine "Zwischenimpfung" in dieser Zeit. Die Impfung im Frühjahr sind quasi Standard. Ausgelegt werden über 3000 Impfschutzköder (etwas so groß wie Pralinen) mit einer Wirkstoffkapsel im Innern und ummantelt mit einer Masse aus Fischmehl. Auf diesen Geruch sollen Füchse regelrecht abfahren. Das gilt allerdings auch für Hunde. Deshalb werden Hundehalter gebeten, ihre Tiere in nächster Zeit im Wald nicht frei laufen zu lassen.

"So eine Impfung ist staatlich verordnet und kostet Steuergelder" weiß Karl Balmert aus Schriesheim. In Sachen "Impfschutzköder" ist er so was wie die zentrale Verteilungsstelle für den Bezirk Schriesheim. Dort teilen sie elf Jagdpächter rund 1500 Hektar Wald.

Gestern verzögerte sich die Anlieferung der tiefgekühlten Köder, von denen jeder Pächter etwa 130 Stück erhält. Sonst wären sie noch am Freitag im Wald verteilt worden. Dies vor allem dort, wo Füchse gerne jagen. Also auf Wiesen mit reichlich Mäuse-Vorkommen. "Wir sind etwas ratlos und wissen eigentlich nicht, warum die Tollwut überhaupt ausgebrochen ist" erklärte Dr. Richard Wacker vom Chemischen Veterinäruntersuchungsamt mit Sitz in Heidelberg auf RNZ-Anfrage. Schließlich sei der Impfschutz seit Jahren auch in den benachbarten Bundesländern erfolgreich aufgebaut worden. Allerdings sei es nicht ungewöhnlich, dass ein Fuchs am Tag so um die 50 Kilometer zurücklege. Ein "Positiver" könne die tödliche Krankheit also schnell verbreiten. Zurzeit werden in dem Amt monatlich weit über 300 erlegte Füchse seziert. Da sich ihr Bestand in den letzten Jahren stark vermehrt hat, sind sie seitens des Ministeriums für Landwirtschaft, Ernährung und Forst quasi zum Abschuss freigegeben. Ein zusätzlicher Sezierraum wird gerade eingerichtet. Finanziert wird dies aus städtischen Mitteln sowie durch Gelder der Landesregierung.

Wie wird ein Fuchs zu seziert? Man trennt ihm den Kopf ab und entnimmt Gewebeproben aus dem Mittelhirn. Veränderungen der Struktur sind allerdings nicht mit bloßem Auge, sondern nur unter dem Mikroskop zu erkennen beziehungsweise durch Einsatz des Immunfluoreszenzverfahrens. Wenn sich eingefärbte Antikörper mit Viren verbinden, ist dies ein Alarmsignal, das auf Tollwut-Befall schließen lässt. Ob noch nicht auffällig gewordene Füchse gegen Tollwut immun sind oder nicht, lässt sich wiederum an Blutproben erkennen. Hat die Tollwut-Gefahr Auswirkungen auf den Genuss von Wildgerichten? Laut Dr. Richard Wacker muss man sich da eigentlich keine Gedanken machen. Seinen Worten nach kann es natürlich vorkommen, dass ein kranker Fuchs beispielsweise ein Reh beißt und es so infiziert. Doch Jäger sind seiner Überzeugung nach gut genug geschult, um zu erkennen, ob beispielsweise ein Reh die Tollwut hat. Es blökt dann mitunter wie ein Schaf und verliert sein Fluchtverhalten. Das ist im Fall des Falles auch vor dem tödlichen Schuss bei der Jagd zu erkennen. Dann weiß ein Jäger, was zu tun ist und das erlegte Tier landet beim Chemischen Veterinäruntersuchungsamt. Sollten noch keine Symptome erkennbar sein, kann man davon ausgehen, dass das Virus beim Kochen von Fleisch abgetötet wird. Eine Tollwut-Epidemie fürchtet er im Übrigen nicht. Er glaubt, dass die Ausbreitung durch die jetzige Impfaktion in den Griff zu bekommen ist.

"Es hat sich viel getan" weiß der Fachmann. So werden die Köder mit dem Impfstoff über dem Odenwald zum Teil aus der Luft abgeworfen. Das GPS-System leistet dabei wertvolle Hilfe. Bisher sei noch niemand von einem Impfschutzköder getroffen worden, beruhigt er ängstliche Gemüter. Zumal der Abwurf zu Zeiten erfolge, in denen eigentlich keine Wanderer unterwegs sein dürften.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung