Schriesheim im Bild 2023

01.07.2005

Wasser und Freudentränen flossen ins Becken

Nach mehreren Tausend Arbeitsstunden und harten Kämpfen: Heute vor zehn Jahren wurde das Waldschwimmbad wieder eröffnet

Der 1. Juli 1995 war der Tag, an dem das Becken des Waldschwimmbades wieder mit Wasser gefüllt war. Foto: Kreutzer

Schriesheim. (anzi) Heute vor zehn Jahren wurde nach harten Kämpfen und noch härterer Arbeit das Waldschwimmbad wieder eröffnet. Einige hatten es davor schon abgeschrieben, doch sie rechneten nicht mit dem Willen und dem Einsatz der Schriesheimer Bürger. Am 1. Juli 1995 floss das Wasser zurück in das Schwimmbecken des Waldschwimmbades.

Schon Ende der 80er Jahre war das 1937 erbaute Waldschwimmbad in einem schlechten Zustand. Aus Kostengründen investierte die Stadt nicht mehr in das heruntergekommene Bad. Gäste konnten immer noch zum Schwimmen kommen, mussten aber keinen Eintritt zahlen. 1991 stand das Waldschwimmbad vor dem Aus. Noch während der Saison beschloss die Stadt, das Bad zu schließen: Ein Schock für einige Schwimmbadbesucher. Eine kleine Gruppe wollte daher eine Bürgerinitiative für eine schnelle Sanierung des Waldschwimmbads gründen. Nur wenige waren sich darüber im Klaren, wie schlecht es für das Bad tatsächlich aussah. Durch Mundpropaganda wurde verbreitet, dass man sich an einem Freitagabend im Oktober im Gasthaus "Zur Pfalz" treffe: Über 80 Leute erschienen, "das Nebenzimmer war knallvoll", erinnerte sich Wolfgang Amann, ein "Kämpfer" der ersten Stunde.

Eine emotionale Diskussion über die geplante Schließung des Schwimmbads folgte, am Ende beschlossen die Schriesheimer, mit dem Bürgermeister zu sprechen. Und organisierten eine Unterschriftenaktion für den Erhalt des Waldschwimmbads. Sie legten in den Schriesheimer Geschäften Listen aus und schon nach ein paar Tagen hatten 4500 Bürger ihre Unterschrift auf die Formulare gesetzt. Diese wurden dann Bürgermeister Peter Riehl übergeben.

Der wehrte das Begehren zunächst ab und meinte nur: "Gründet erstmal einen Verein". Das taten die Schwimmer: Am 25. Oktober 1991 entstand die "Interessengemeinschaft Erhaltung und Betreibung Waldschwimmbad" (IEWS), nach einem Jahr hatte sie 1800 Mitglieder - heute sind es knapp 6000. "Danach ging es erst richtig los", sagte Amann. Eine kommunalpolitische Diskussion "Pro und Contra Waldschwimmbad" entfachte. Ihr Dreh- und Angelpunkt: Die Finanzen. Denn eine Komplettsanierung des Schwimmbads musste her. Die unterirdischen Rohre waren alt, Pumpe, Filter und die elektrischen Einrichtungen nicht mehr brauchbar. Von den anderen anfallenden Arbeiten ganz zu schweigen. Im April 1992 bei der IEWS-Generalversammlung sprachen sich Gemeinderäte für eine Sanierung des Bads aus, und Ende Mai 1992 stellte der Gemeinderat in einer Haushaltssitzung Sanierungsgelder in Aussicht.

So reinigte die IEWS in dem Sommer einen Wasserschacht und füllte das Becken mit Quellwasser, denn die Betonqualität war besser als erwartet. Im August desselben Jahres organisierte der Schwimmbadverein ein Fest im Industriegebiet. Zahlreiche Gäste feierten mit, so dass am Ende ein Erlös von 25000 Mark zusammenkam.

Dieses Geld nutzte die IEWS, um das komplette Dach des Hauptgebäudes auf dem Schwimmbadgelände zu sanieren. Anstelle des undichten Flachdachs entstand ein Ziegeldach. Im Juni 1993 erstellte die Stadt ein Gutachten zur Sanierung des Waldschwimmbads, doch die Kosten von 2,3 Millionen Mark und auch die weiteren Betriebskosten waren zu hoch. Der Gemeinderat stimmte gegen die Sanierung. Die IEWS gab trotzdem nicht auf, sie bekam unter anderem Unterstützung von BWT. Gemeinsam erstellten Firma und Verein ein Gegengutachten. Sie veranschlagten für die Sanierung 1,3 Millionen Mark. "Inzwischen hatten wir fast den kompletten Mittelstand Schriesheims hinter uns", betonte Amann. "Damals klopften uns teilweise wildfremde Menschen auf der Straße auf die Schulter und ermutigten uns, weiter für das Schwimmbad zu kämpfen", erinnerte er sich.

Die folgende, "denkwürdigste" Gemeinderatssitzung brachte dann die Entscheidung. Ganz Schriesheim schien daran teilzunehmen: Bis auf den Vorplatz des Rathauses standen die Menschen und warteten auf den Entschluss. Für die IEWS-Mitglieder wich die Menge beiseite und bildete eine Gasse, damit die Interessenvertreter des Schwimmbads in den Ratssaal gelangen konnten.

Nach heftigsten Diskussionen stimmte der Gemeinderat dem Sanierungsvorschlag zu. Bei einem weiteren Treffen mit Riehl einigte man sich, dass die IEWS das Bad nach der Sanierung weiter im Auftrag der Stadt führen solle. Jetzt musste alles schnell gehen. Die Vereinsmitglieder verbrachten jede freie Minute im Schwimmbad. Mehrere Tausend Arbeitsstunden steckten sie in die Sanierung. Was eigenhändig gemacht werden konnte, packten sie an. Viele Schriesheimer Firmen unterstützten die Arbeit. Die Filteranlage wurde saniert, die Rohre und Elektrik erneuert, das Becken, zuvor aus angestrichenem Beton, wurde komplett gefliest, auch das Kinderbecken versetzt und viele weitere Arbeiten erledigt.

Kurz vor der Neueröffnung des Schwimmbads wurde zum ersten Mal Wasser ins Becken gelassen, damit das Gesundheitsamt die Qualität prüfen konnte: Nichts zu beanstanden "Wir lagen uns in den Armen und auch Tränen sind geflossen", so Amann.

Am 1. Juli wurde dann bei wunderbar sonnigem Wetter das Eröffnungsfest mit vielen Gästen gefeiert, darunter auch der komplette Gemeinderat. Die ersten, die an diesem Tag ins Wasser sprangen, waren die Kinder, denn "besonders für sie haben wir um den Erhalt des Waldschwimmbads gekämpft", unterstrich Amann. Die IEWS hatte an diesem Tag schon 2700 Mitglieder und war längst Schriesheims größter Verein.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung