Schriesheim im Bild 2023

14.07.2005

Winzer können zum Jubiläum im Sekt baden

Jahreshauptversammlung der Winzergenossenschaft erfuhr von Rekordumsatz und Flächenerweiterung – Heinrich Rufer seit 50 Jahren Mitglied


Die Winzergenossenschaft ehrte in Anwesenheit der Schriesheimer Weinhoheiten langjährige Mitglieder (Bild links) und die Öchsle-„Champions“ (Bild rechts). Der neue 2004er Schriesheimer Rittersberg Pinot Noir „Blanc de Noirs“ Kabinett trocken wurde den Winzern erstmals vorgestellt. Fotos: Kreutzer

Schriesheim. (pak) Darauf darf angestoßen werden. Im Jahr ihres 75-jährigen Bestehens lässt die Schriesheimer Winzergenossenschaft weiter sämtliche Rekorde purzeln. Geschäftsführer Harald Weiss konnte bei der Jahreshauptversammlung am Dienstagabend im Zehntkeller einen neuen Umsatzrekord in Höhe von 1,396 Millionen Euro für das Jahr 2004 vermelden. Außerdem hat sich die Anbaufläche im letzten Jahr vergrößert – erstmals seit einigen Jahren.

Es gibt nur ein klitzekleines Minuszeichen in der Bilanz der Weinbaugenossen. Bei den Sekten sank der Absatz im Jahr 2004 um neun Prozent. Aber dieses Rechenzeichen ist leicht erklärbar, denn auf der anderen Seite wuchs der Umsatz mit dem schon berühmten sektähnlichen Perlwein „Schriesecco“ um 22 Prozent an. Immer mehr Menschen trinken die leckere, mit Kohlensäure aufgepeppte Weißwein-Cuvee „als Sekt“. Deshalb ist dieses einsame Minus kein Schaden.

12 Medaillen bei Landesprämierung

Den Gesamtumsatz konnten die Winzer um 16,4 Prozent steigern, das passt im Übrigen auch zur steigenden Qualität und zur Wahrnehmung des Schriesheimer Weines in Deutschland. Mit zwölf Medaillen bei der Landesprämierung war die Genossenschaft im letzten Jahr bekanntlich das erfolgreichste Weingut an der Badischen Bergstraße. Auch der Erlös pro Liter Wein konnte gesteigert werden: Im Durchschnitt auf 3,73 Euro netto pro Liter. Bei den einzelnen Sorten konstatierte Weiss teilweise hohe zweistellige Zuwachsraten, vor allem die Rotweine, so der Geschäftsführer „verkaufen sich nach wie vor wie warme Semmeln“. Bedeutende Steigerungen gibt es laut Geschäftsbericht bei den Privatkunden (plus 12 Prozent), bei den Firmen (plus 14) und sogar in der oft klagenden Gastronomie (plus 8,8). Daher sei es richtig gewesen, Service und Beratung im Verkauf weiter auszubauen, betonte Weiss und begrüßte – erstmals bei einer Jahreshauptversammlung – Mustafa Taslaman, den neuen Verkaufsberater. Die Mitglieder empfingen ihn mit herzlichem Applaus.

Eine einzige bedenkliche Zahl war während des Abends zu hören und wurde zum Wermutstropfen im neuen „Blanc de Noirs“, den der Vorstand seinen Winzern erstmals vorstellte. Die Zahl der Mitglieder, also Trauben-Produzenten, ist erstmals unter die 300er-Grenze gefallen. Der Rückgang ist drastisch. 293 Mitglieder stehen jetzt in der Kartei, im Vorjahr waren es noch 327.

Andererseits wächst aber die Ertragsfläche – sie liegt im Moment bei 118 Hektar. Was also heißt: immer mehr kleine Hobby-Winzer stellen, vermutlich aus Altersgründen, den Weinbau ein. Die „Profis“ pachten indessen neue Flächen hinzu. Das ist gerade im Jubiläumsjahr sicherlich ein großer Strukturwandel der Schriesheimer Winzergenossenschaft. A propos: Vorstandsvorsitzender Friedrich Ewald nahm explizit Stellung zur aktuellen Diskussion um die Rebflurbereinigung: „Natürlich befwürworten wir die Rebflurbereinigung, weil sie im Interesse des Schriesheimer Weinbaus ist, aber wir respektieren auch unsere Mitglieder, die Bedenken haben und würden auf sie nie Druck ausüben. Überhaupt muss das Verfahren zeigen, ob die Bedenken gerechtfertigt sind oder nicht“.

Mit dem Herbst 2004 wird die Genossenschaft den Erfolgskurs der letzten Jahre fortsetzen. Der Ertrag in Höhe von 1,3 Millionen Kilo Trauben war beachtlich und füllte nach dem Sahara-Jahrgang 2003 wieder reichlich die Fässer. Beim Rebsortenspiegel „haben wir unsere Hausaufgaben gemacht“, konnte Weiss stolz berichten.

Mittlerweile wächst an Schriesheims Hängen wesentlich mehr Spätburgunder als Müller-Thurgau. Mit St. Laurent, Chardonnay und jetzt einem neuen Sauvignon blanc sind neue und moderne Sorten hinzugekommen. „Es lohnt sich, sich anzustrengen“, freute sich der Geschäftsführer, der wieder einmal großes Lob von allen Seiten erhielt. „Er bringt in vorbildlicher Weise die Genossenschaft voran“, attestierte zum Beispiel Hermann Wiegand, der Verwaltungschef des Badischen Winzerkellers in Breisach. Der Keller-Vorstand berichtete übrigens, dass es beileibe nicht allen badischen Winzergenossenschaften so gut geht wie der Schriesheimer. „In manchen südbadischen Regionen gibt es erste Fusionen“.

Für 50 Jahre Mitgliedschaft bei der Winzergenossenschaft wurde kein Geringerer als Ehrenmitglied Heinrich Rufer, der langjährige Geschäftsführer, ausgezeichnet. Der 80-jährige Mann ist heute noch eine große Stütze der Genossenschaft. 40 Jahre Mitglied sind: Hermann Kling, Karl-Heinz Grüber, Philipp Morast, Georg Urban, Richard Schüssler, Fritz Bletzer und Friedrich Fath. Seit 25 Jahren Winzer sind: Karl Würz, Bernhard Döringer, Peter Hartmann, Fritz Hartmann und Anna Ulrich. Für die besten Öchslegrade im letzten Herbst wurden ausgezeichnet: Hermann Kling, Hans Schneider, Wolfgang Kneier, Peter Sandel, Heiko Jost, Werner Fath, Peter Moss, Ralf Brand, Gerhard Stöhr, Winfried Krämer und Adam Kling. „Öchslekönig“ ist Aufsichtsratsvorsitzender Winfried Krämer, der einen Spätburgunder Rotwein mit 106 Grad Öchsle erzeugte.

Vorstandsvorsitzender Friedrich Ewald wies eindringlich auf den Festakt zum Jubiläum hin, der am Samstag, 23. Juli, in der Mehrzweckhalle stattfinden wird – im Übrigen nicht mit Ministerpräsident Günther Oettinger als Ehrengast, wie es in einer ersten Einladung hieß. „Beim Verschicken der Eintrittskarten hatten wir noch keine ganz feste Zusage, also sind wir eben das Risiko eingegangen“, erklärte Ewald den Fauxpas.

Allerdings hat Simone Landerer, die neue Badische Weinkönigin, ihre Zusage bekräftigt. Ewald bezeichnete das Jubiläum „als ausgezeichnete Möglichkeit, für unseren Wein zu werben“ und forderte die Mitglieder zur regen Teilnahme auf. Im weiteren Verlauf des Jubiläumsjahres gibt es weitere Veranstaltungen, bei denen kein Gaumen trocken bleiben muss: Unter anderem ein Kelterhausfest im August und einen kulinarischen Abend im Zehntkeller.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung