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27.08.2005

Kritiker gegen „Willkür“ der Rebflurbereinigung

Sie machen eigenen Vorschlag zur Ausweisung der Planieflächen

„Wir können mit Sicherheit sagen, dass immer noch 17 Grundstückseigentümer gegen die Rebflurbereinigung sind“: Ralf Gille, Dieter Thoni, Andreas Kirchner, Karl-Heinz Grüber, Brigitte Gille und Ilse Thoni (von links). Foto: Dorn
Von Carsten Blaue

Schriesheim. Die Gegner der Rebflurbereinigung sind irritiert von den jüngsten öffentlichen Äußerungen zur Rebflurbereinigung von Seiten des Amtes für Flurneuordnung sowie von Friedrich Ewald, dem FW-Fraktionssprecher und Vorstandsvorsitzenden der Winzergenossenschaft. Die Genossenschaft besitze im geplanten Planiebereich nicht ein einziges Grundstück und habe daher in der Rebflurbereinigung auch „nichts zu sagen“, so Andreas Kirchner. Nur noch Dieter Thoni und Karl-Heinz Grüber als Kritiker zu bezeichnen sei zudem falsch, ergänzt er. Die Gegner fordern, nicht nur die Grundstücke von Thoni und Grüber aus der Rebflurbereinigung herauszuhalten, sondern von deren Weinbergen aus den kompletten Bereich bis zum Steinschleifenweg im Süden.

„Die Flächen in diesem Bereich sind bis auf wenige Ausnahmen komplett bewirtschaftet und lassen sich ohne Probleme im Direktzug bearbeiten“, so Kirchner. Er hält die Festlegung der Bereinigungsfläche für „willkürlich“: „Es ging wohl nur um die Masse und ein möglichst großes zahlendes Publikum“. Ihn stört das Argument kein bisschen, dass der Kuhberg dadurch quasi in zwei Teile geteilt würde – und das nicht nur optisch: „Im Gegenteil. Das entspräche dann auch der Tektonik. Vorne in Richtung Stahlenburg sind die Hänge viel steiler. Hier macht die Rebflurbereinigung Sinn“. Vor allem auch, weil die teilweise seit Jahrzehnten offen gelassenen Weinberge endlich gestaltet würden. Gerade auch der Schlossberg sei ja „verwahrlost“, so Kirchner.

„Im südlichen Bereich ist aber nicht nur der Zustand unserer Weinberge ordentlich, der Geländeverlauf wird auch immer flacher. Hier ist die Bereinigung einfach nicht nötig“. Und durch das Biotopnetz würde der optische Unterschied nicht so sehr auffallen, ergänzt Brigitte Gille. Kirchner meint aber, dass man das Wegekonzept durchaus im ganzen Areal umsetzen könne: „An dieser Stelle wollen wir uns gar nicht verschließen“.

Thoni erinnert daran, dass die Rebflurbereinigung alleine Sache zwischen den Grundstückseigentümern und dem Amt für Flurneuordnung sei. Darauf würde auch der Leiter des Amts, Reinhold Schmidt, in einem Schreiben vom 2. August verweisen. Die Stadt werde nur als Trägerin öffentlicher Belange an den Planungen beteiligt. Insofern stört es Thoni auch, dass sich „Riehl zu viel einmischt“. Dieser ist aber immerhin Bürgermeister und sollte ein Recht haben, Stellung zu nehmen. „Mag sein“, so Thoni, „einen Weinberg hat er aber nicht“. Und Kirchner ergänzt: „Riehl sollte zurückhaltender mit anderer Leute Geld umgehen“. Immerhin gehe es um eine erhebliche Summe Steuergelder.

Thoni wundert sich zudem immer noch darüber, „wie man davon sprechen kann, dass 90 bis 95 Prozent der Grundstücksbesitzer das Ganze unterstützen, wenn einem nicht mal einer sagen kann, um wie viele betroffene Eigentümer es sich eigentlich genau handelt“. Und Kirchner ergänzt: „Wir können aber mit Sicherheit sagen, dass immer noch 17 Grundstückseigentümer gegen die Rebflurbereinigung sind“. Auch die Interessen des Gemeinwohls sieht Thoni durch die Rebflurbereinigung nicht gewahrt, „sondern nur ein paar Einzelinteressen“: „Einige haben ihre Grundstücke hoffnungslos verwahrlosen lassen. Ich dachte mal, Eigentum verpflichtet“.

„Önologischer Schwachsinn“

Thoni wiederholt diesen schon häufig geäußerten Vorwurf und fragt sich: „Für diese Eigentümer sollen wir jetzt mitbezahlen?“. Auch die Nichteigentümer, die „die Rebflurbereinigung im Hintergrund vorantreiben“, hätten nur ihre Interessen im Sinn, so Thoni. Teilweise würden die Grundstücke an Schloss- und Kuhberg wahren „Sauställen“ gleichen, meint Kirchner. Und dass diese Flächen für gesunde Weinberge gefährlich werden können, habe schon Reinhard Vogel vom Regierungspräsidium im Fachblatt „Badischer Winzer“ dargestellt, ergänzt Thoni. Außerdem habe Vogel betont, dass die Stadt zuständig sei für die Überwachung der Bewirtschaftungs- und Pflegepflicht. „Da fragt man sich dann schon manchmal, wie es zu diesen Verwilderungen kommen konnte“.

Kirchner hält die Rebflurbereinigung nach wie vor für einen „önologischen Schwachsinn“, der sich auch ökonomisch nicht rechne. Wenn überhaupt, dann habe sie ökologische Vorteile. „Aber auch die nur, weil wir mit den Grünen zusammen Druck gemacht haben“, so Gille. Kirchner sieht das ähnlich: „Die ersten Pläne gingen von einer Grundplanie aus, und selbst Riehl hat gesagt: ‘Kein Stein bleibt auf dem anderen‘“.

Dabei sei die Rebflurbereinigung für Schriesheims Weinbau „wirtschaftlich unbedeutend“. Und bis der Extraktreichtum der Trauben wieder das gleiche Niveau erreiche, dauere es mindestens 20 Jahre. Wenn das überhaupt reiche; Kirchner: „Gerade durch die Böden und die Verwurzelung entsteht doch der Extraktreichtum“. Grüber räumt zwar ein, dass es für die Grundstückseigentümer Entschädigungen nach einem Punktesystem geben soll. „Aber das macht maximal ein Viertel der Kosten aus, die ich in meinen Weinberg gesteckt habe. Mein Weinberg ist in Ordnung. Sollen die anderen doch ihre auch in Ordnung bringen“.

Kirchner gibt zu, dass ihm die neue Kostenprognose durchaus gefällt. Statt 2,4 Millionen Euro werden nun 1,6 Millionen kalkuliert. „Vielleicht hat uns das eingelullt“. Den Widerstand der Kritiker hat das aber nicht gebrochen. „Wir werden gegen die Anordnung der Rebflurbereinigung auf jeden Fall klagen“. Ob zusammen oder einzeln, ob alle oder nur ein paar Gegner: Das steht noch nicht fest.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung