Schriesheim im Bild 2023

13.09.2005

„Für uns hat die Schulerweiterung Priorität“

RNZ-Sommerinterview: SPD-Fraktionschef Hans-Jürgen Krieger über den Schulstandort Schriesheim, die Jugendsozialarbeit, den Branichtunnel und die Arbeit als viertstärkste Kraft

Von Carsten Blaue

Schriesheim. Regelmäßige Budgetberichte über den Haushaltsvollzug, interkommunale Zusammenarbeit in Sachen Archiv und die Prüfung privater Finanzierungsmöglichkeiten für den Branichtunnel: Das fordert SPD-Fraktionschef Hans-Jürgen Krieger im RNZ-Sommerinterview. Natürlich spricht man mit ihm auch über die Schulsituation in Schriesheim – schließlich ist er ja beruflich der Leiter der Kurpfalz-Realschule.
Herr Krieger, haben Sie den neuen Direktor des Kurpfalz-Gymnasiums, Matthias Nortmeyer, schon kennen gelernt?

Wir haben uns bisher zwei Mal kurz getroffen. Er macht einen sehr sympathischen und kompetenten Eindruck. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit.
Auf die es ja gerade ankommt, wenn man quasi unter einem Dach ist.

In der Tat ist es im Bildungszentrum immens wichtig, dass sich die Schulleiter verstehen. Es ist ja ein Geben und Nehmen. Wir nutzen vieles hier gemeinsam: das Gymnasium und die Realschule teilen sich Aula und Turnhalle, die Realschule und die Hauptschule teilen sich Fachräume. Da ist es gut, wenn man ein vertrauensvolles Verhältnis hat. Außerdem stehen wir auch kommunalpolitisch vor gemeinsamen Herausforderungen im Schulzentrum. Stichworte sind hier Sanierung, Mensa, Caféteria, Ausrichtung des Gymnasiums auf Ganztageselemente.
Und wie ist der Stand der Dinge aus Ihrer Sicht als SPD-Fraktionschef?

Die Realschule und die Hauptschule werden die räumliche Erweiterung bekommen. Das ist für die SPD klar. Bezieht man die Sanierung mit ein, dann sind sowohl Haupt- als auch Realschule für die kommenden 15 Jahre sehr gut versorgt. Mit Ausnahme des Eingangsbereichs der Realschule sind alle wesentlichen Bereiche hier saniert. Ferner gilt unsere Konzentration dem Gymnasium, was die Sanierung des Gebäudes und die Erweiterung der Angebote angeht. Hier geht es vor allem um die Verpflegung und um Aufenthaltsräume. Es gilt, Konzepte zu entwickeln und Mittel zur Verfügung zu stellen. Das ist unabdingbar, um die Herausforderungen von G 8 meistern zu können.
Und wie sieht es mit den Grundschulen aus?

Seit unseren Grundsatzbeschlüssen zur Bewahrung der Zweizügigkeit steht auch die Strahlenberger Grundschule gut da. Mit Ausnahme der Pavillon-Frage. Er muss abgerissen werden, das möglichst bald. Und das Gelände muss als Freifläche der Schule zur Verfügung gestellt werden.
Das sehen die Grünen anders.

Die Maßnahme ist aber absolut notwendig. Außerdem gibt es den Grundsatzbeschluss des Gemeinderates hierzu. Es ist jetzt nur noch eine Frage der Bereitstellung der erforderlichen Mittel. Wir haben alle Alternativen der Nutzung geprüft. Und da geht nichts mehr. Wir sind als Gemeinderat auch gegenüber der Schule und den Eltern im Wort. Im Anschluss an den Abriss muss natürlich noch der Schulhof gemacht werden. Ansonsten haben wir im schulischen Bereich noch die Grundschule in Altenbach, aber hier ist ohnehin alles in Ordnung.
Also sind die Mahnungen, der Schulstandort Schriesheim könne in seiner Qualität einbüßen, wenn die Stadt nicht aufpasst, doch eher Schwarzmalerei?

Die Schulen sind ein Pfund, mit dem Schriesheim wuchern kann und muss! Wenn der Gemeinderat den Weg der vergangenen Jahre weitergeht und trotz beschränkter Mittel die nötigen Erweiterungen und Sanierungen ermöglicht, dann sind wir auf Jahre gut aufgestellt – und das trotz aller Konkurrenz in der Nachbarschaft.
Wir verlassen die Schulen, bleiben aber bei der Jugend: Welches Modell bevorzugen Sie für die Jugendsozialarbeit? Das Vereins- oder das Angestelltenmodell?

Die Fraktion hat sich da noch keine abschließende Meinung gebildet. Wir beraten noch. Ich neige dazu, einen Jugendsozialarbeiter einzustellen. Ich kann nicht erkennen, welche nennenswerten Vorteile ein Vereinsmodell mit dem Postillion oder anderen uns bringen sollte. Aber, wie gesagt: Die Diskussion in der SPD ist noch nicht abgeschlossen.
Wieso neigen Sie zum Jugendsozialarbeiter?

Weil die Stelle eine höhere Qualität haben wird, wenn wir ihr Aufgabenspektrum nicht als Dienstleistung einkaufen. Ein städtischer Jugendsozialarbeiter kann sich mit der Stadt und den spezifischen Anforderungen dieser Stelle persönlich stärker identifizieren. Keine Frage: Der Postillion leistet gute Arbeit, eine nähere Anbindung an Push-Verein, JuTS und Jugendgemeinderat würde ich jedoch bevorzugen.
Herr Schlüter hat im RNZ-Sommerinterview zumindest in Frage gestellt, ob das, was da im Moment auf dem Push-Gelände entsteht, überhaupt ein Haus ist...

Also, es wäre ein Verrat an denen, die hier ihre Freizeit und ihr Engagement über Jahre hinweg ehrenamtlich einsetzen, wenn man diese Sache nicht ernst nehmen und nicht dafür sorgen würde, dass hier etwas Anständiges entsteht.
Herr Schlüter meinte aber, dass es etwa 300000 Euro braucht, um hier eine ordentliche Lösung zu schaffen.

Das sind Horrorzahlen, mit denen man nicht so einfach arbeiten sollte. Klar ist für uns, dass die Schulerweiterung Priorität hat. Danach müssen aber Mittel bereit gestellt werden, um auf dem Push-Gelände etwas Ordentliches zu machen. Die Jugendlichen kämpfen seit über 15 Jahren für ein Jugendzentrum. Und wir haben die Vereine JuTS und Push sowie den Jugendgemeinderat, der gerade eine so großartige Wahlbeteiligung erleben konnte. Das darf nicht einfach als Spielerei angesehen werden, und man darf dieses Engagement nicht kalt lächelnd ins Nichts laufen lassen. Die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt, und damit der Gemeinderat, sind in der Verantwortung, auch diese Jugendlichen zu unterstützen.
Eine weitere Personalie: Welche Lösung würden Sie für die Nachfolge von Frau Abele im Stadtarchiv bevorzugen?

Frau Abele hat eine hervorragende Arbeit geleistet, ihr Einsatz war wirklich bemerkenswert. Ich fürchte, uns wird es nicht gelingen, dieses Engagement auf diesem fachlichen Niveau bei unserem bescheidenen Mitteleinsatz wiederholen zu können. Ich sehe daher in einer interkommunalen Zusammenarbeit mit anderen Gemeinden eine gute Möglichkeit, das fachliche Niveau zu halten und für die einzelnen Gemeinden die Kosten im Rahmen zu halten. Ohnehin bin ich der Meinung, dass die Gemeinden im Blick auf ihre Finanzsituation viel enger zusammenarbeiten sollten.
Man hört in Sachen Branichtunnel immer nur den Namen des CDU-Landtagsabgeordneten Georg Wacker, der sich in Stuttgart für das Projekt stark macht.

Das stört mich nicht. Es liegt in der Natur der Sache, dass der Abgeordnete der Regierungsfraktion da den größeren Einfluss hat. Gleichwohl sollten Sie nicht vergessen, dass sich einst schon Wolfgang Daffinger als Abgeordneter für den Branichtunnel stark gemacht hat, und auch Hans Georg Junginger, der derzeitige SPD-Abgeordnete, tut das. Im Endeffekt bin ich aber Kommunalpolitiker genug, als dass es mich nur nachrangig interessiert, wer gerade welchen politischen Einfluss auf den Bau des Tunnels ausübt. Hauptsache, er wird gebaut.
Und danach sieht es im Moment finanziell nicht aus.

Da überrascht mich auch die Aussage des Regierungspräsidenten kein bisschen. 50 Millionen Euro packt man aus keinem laufenden Haushalt. Eine solche Erwartung wäre naiv. Für die Realisierung müssen im Land Sondermittel eingestellt werden. Und hier muss der politische Druck erhöht werden. Außerdem müssen private Finanzierungsmöglichkeiten geprüft werden, bevor wir uns ganz vom Thema verabschieden. Ich stimme da voll mit dem Kollegen Ewald überein. Der Tunnel ist jedenfalls unabdingbar für die Entwicklung Schriesheims. Das hat auch das Verkehrsgutachten deutlich gezeigt.
Eigentlich ist die Rebflurbereinigung ja nicht gerade Ihr persönliches Thema, oder?

Sie ist beschlossene Sache, im Rat jetzt sogar einstimmig. Sie ist gut auf den Weg gebracht, und jetzt muss es auch zügig weitergehen. Die SPD-Position in dieser Frage war stets klar und unmissverständlich: Zustimmung.
Müssen Sie nicht zugeben, dass sich das Baugebiet „Nord“ schön entwickelt?

Das wäre in zehn Jahren auch noch der Fall gewesen. Nach dem Mehrheitsbeschluss des Gemeinderates im Grundsatz war klar, dass wir uns – trotz gegenteiliger Meinung – an der Gestaltung des Neubaugebiets beteiligen. Wie Sie wissen, haben wir seinerzeit das Baugebiet abgelehnt. Erstens konzeptionell, weil wir es zu diesem Zeitpunkt nicht brauchten. Nach unserer Auffassung hätten wir zunächst mit den „Fensenbäumen“ fertig werden sollen. Zweitens finanziell, weil die Umlegung nach Flächen, nicht nach Werten erfolgte. Im letzteren Fall hätte sich für die Stadt und damit für die Allgemeinheit ein größerer finanzieller Ertrag abgeleitet. Auch hätte „Nord“ für den neuen Bürgermeister neue Gestaltungsmöglichkeiten bieten können. Nun haben wir aber „Nord“, und wir sind natürlich zufrieden, dass es sich gut entwickelt.
Was erwarten Sie vom Haushalt 2006?

Haushaltsdiskussionen zu führen, ist jetzt noch gar nicht möglich. Wir haben noch keinerlei Daten und Kennzahlen, und die will ich haben, bevor ich über den Haushalt spreche. Wir kennen die Einnahmeseite nicht, von der Ausgabenseite wissen wir nur, dass die Kreisumlage erhöht werden soll. Andere Auswirkungen kennen wir nicht. Es ist also zu früh, seriöse Aussagen zu machen. Richtig ist aber, dass wir uns profund zum momentanen Stand der Dinge nur dann äußern könnten, wenn wir – ähnlich wie etwa in Weinheim oder im Kreis – regelmäßig Budgetberichte über den Vollzug des Haushaltsplans bekämen. Ich werde das im Gemeinderat erneut anfordern. Den neuen Haushalt noch in der Amtszeit des alten Bürgermeisters zu verabschieden, finde ich übrigens richtig.
Sie sagten, „Nord“ hätte eine Gestaltungsmöglichkeit sein können für den neuen Bürgermeister. Wo wird denn der Nachfolger von Peter Riehl überhaupt noch Spielräume zur Gestaltung finden?

Diese Frage hätte ich mir auch gestellt, bevor ich mich beworben hätte. Es wird die große Herausforderung sein, in Zeiten hoher Standards, großer Ansprüche und ausgezeichneter Infrastrukturen mit begrenzten Mitteln diese hohe Qualität zu halten. Es wird zukünftig nicht weiter am Wachstum der Stadt gearbeitet werden können. Der neue Bürgermeister wird für die Moderation der Entwicklungsprozesse eine hohe soziale und kommunikative Kompetenz benötigen, die fachliche Kompetenz setzen wir da als gegeben voraus. Der „Neue“ muss mit den Bürgern wieder so etwas wie einen Agenda-Prozess ins Leben rufen, wir brauchen das ehrenamtliche Engagement mehr denn je. Verwaltung, Bürger, Organisationen und Vereine müssen zusammengebracht werden. Das traue ich Erwin Leuthe übrigens zu. Es gelingt ihm schnell, Kontakte zu knüpfen und gut ins Gespräch zu kommen.
Nach einem Jahr seit der Kommunalwahl: Wie lebt es sich als viertstärkste Kraft im Gemeinderat?

Natürlich hätten wir uns ein besseres Ergebnis gewünscht und es wäre angenehmer, wenn wir unsere Position im Rat stärker vertreten könnten. Aber wir haben hier in Schriesheim als SPD vor einem Jahr vergleichsweise noch ordentlich abgeschnitten. Mich persönlich haben meine Ergebnisse vor allem bei der Kreistagswahl sehr motiviert. Außerdem macht die Zusammenarbeit mit unseren jungen Leuten von den Jusos einen Riesenspaß. Und es ist erfreulich, dass wir die Verjüngung geschafft haben.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung