Schriesheim im Bild 2023

18.09.2005

Hilfe für eine fast schon vergessene Katastrophe

Kurpfalz-Realschüler unterstützen SOS-Nothilfe im Tsunami-Gebiet


Aktive SMV: Insgesamt 13 Klassen aller Jahrgangsstufen der Realschule fördern die Projekte des Vereins „SOS-Kinderdörfer weltweit“ in Südostasien. Ein lokaler Schwerpunkt des Hilfseinsatzes nach der Flutkatastrophe befindet sich in Sri Lanka. Foto: Blaue

Von Carsten Blaue

Schriesheim. Eigentlich wollten sich die Realschüler an einer Patenkind-Aktion in Afrika beteiligen. Das war im November vergangenen Jahres. Doch dann kam die südostasiatische Tsunami-Katastrophe am Zweiten Weihnachtsfeiertag, „und so haben wir entschieden, unsere Hilfe auf dieses Krisengebiet zu lenken“, so Schülersprecher Jan Metzger, der jetzt in die zehnte Klasse gekommen ist. Er geht in sein zweites Jahr als Sprecher der Schüler, ist seit der sechsten Klasse in der SMV, „und er engagiert sich ungemein“, wie Vertrauenslehrerin Ute Johnscher betont.

Schüler und Schule informierten sich lange, wie sie am besten helfen können. Und ließen sich überzeugen von den „SOS-Nothilfe-Patenschaften“, einem Projekt des Vereins „SOS-Kinderdörfer weltweit“ zur langfristigen Unterstützung im Katastrophengebiet. Bis zur ersten konkreten Hilfe hatte das Ganze dann noch einen langen Vorlauf. Juristisch musste das Engagement der Schüler auch geprüft werden. Die Schule übernimmt nun quasi das rechtliche Risiko bei der Teilnahme an der Patenschafts-Aktion.

Im Moment sieht es so aus, dass genau 13 Klassen aller Jahrgangsstufen zwischen fünf und neun monatlich 15 Euro sammeln. Damit haben sie im Juni vor den Ferien begonnen, und angesetzt ist das Engagement erstmal auf ein Jahr. Jede der 13 Klassen hat die Patenschaft für eine Familie in Sri Lanka, Indonesien oder Indien übernommen. Die Familien werden beim Wiederaufbau einer Existenz unterstützt. Auch verwaisten Kindern kommt die Hilfe zugute. Vergewissern, dass die Unterstützung auch wirklich ankommt, kann sich die Realschule an Hand von Berichten, die ihr von Seiten des Projekts „SOS-Nothilfe-Patenschaften“ zugeschickt werden.

Das sieht sich derzeit im Stadium der mittel- und langfristigen Hilfe beim Wiederaufbau. In bis zu 20 Kinderschutzcamps im Süden von Indien und in Sri Lanka werden über 6000 Kinder betreut; rund 3000 Familien erhalten finanzielle Unterstützung in der Form, wie sie auch die Klassen der Kurpfalz-Realschule leisten.

Von dem Geld werden etwa Koch- und Ernte-Utensilien, Werkstoffe zum Hüttenbau oder Reparatur-Material für die Fischerboote gekauft. Langfristig werden in Indien und Sri Lanka für in Not geratene Kinder oder Waisenkinder neue SOS-Kinderdörfer gebaut oder in bestehenden Dörfern neue Kinderdorf-Familien gegründet. In Indonesien sollen Sozialzentren mit Kindertagesstätte und Schule gebaut werden. Neue SOS-Kinderdörfer sollen hier nach Bedarf entstehen.

Arbeit im Tamilengebiet


Mit dem Geld der „SOS-Nothilfe-Patenschaften“ werden auch Reparatur-Materialien für Fischerboote gekauft. Foto: zg

In Sri Lanka stellen die behördlichen Genehmigungswege durchaus ein Problem dar. Dazu Georg Willeit, der Geschäftsführer von SOS-Kinderdorf weltweit: „Insgesamt liegen uns vier Genehmigungen vor: drei teils widersprüchliche von der Zentralregierung und eine von den Rebellen. Wo die Grundstücksfragen geklärt sind, ist ‘SOS-Kinderdorf‘ voll im Zeitplan. Es wäre allerdings sinnlos, unter Zeitdruck Häuser hinzustellen, die in drei Jahren von den Behörden wieder abgerissen werden“. Das Problem in Sri Lanka: „Die SOS-Kinderdörfer arbeiten im Tamilengebiet. Das bedeutet, dass Zustimmungen und Genehmigungen der Zentralregierungen meist gleichbedeutend mit Ablehnungen der Tamilen-Kommandos sind. Die SOS-Mitarbeiter können viel ertragen. Oft ist es aber dennoch sehr schwer. Es gab sogar schon Bedrohungen an Leib und Leben“.

Besonders wichtig ist auch die psychologische Betreuung der Kinder im Krisengebiet – eine langfristige Aufgabe. Dazu der Verein „SOS-Kinderdörfer weltweit“: „Viele mussten mit ansehen, wie die Flut ihr Elternhaus mit sich riss. Viele haben Eltern, Geschwister, Verwandte oder Freunde verloren“.

Oftmals würden solch traumatische Erlebnisse bei Kindern eine Schockreaktion bewirken. Langfristig bestehe die Gefahr, dass Kinder mit schweren Trauma-Erlebnissen Angstzustände, Verlustängste, Depressionen und Schlafstörungen haben. Die SOS-Kinderdörfer besitzen jahrelange Erfahrung in der Betreuung traumatisierter Kinder aus Krisengebieten. Sie setzen modernste klinische und wissenschaftliche Erkenntnisse ein, um die betroffenen Kinder zu therapieren.

Die konkreten Hilfen im Tsunami-Gebiet, die die „SOS-Kinderdörfer weltweit“ leisten, sind langfristig angelegt. Willeit rechnet damit, „dass für die Umsetzung aller Projekte ein Zeitraum von drei Jahren benötigt wird“. Die „SOS-Nothilfe-Patenschaften“ scheinen dabei keine unwesentliche Säule der Unterstützung zu sein. Umso beachtlicher ist das Engagement der Kurpfalz-Realschüler.

INFO: www.realschule-schriesheim.de; www.sos-kinderdoerfer.de.

Copyright (c) rnz-online

Autor: Rhein-Neckar-Zeitung