Schriesheim im Bild 2023

28.03.2006

Sieger und Verlierer der Abstimmung: der Wähler

Landtagswahl 2006: Die Stimmen sind gezählt, jetzt schlägt die Stunde der Analysten – Die RNZ nimmt eine Bewertung des Ergebnisses vor

Von Lutz Engert

Bergstraße. Die Kreuzchen sind gemacht und die Stimmen längst ausgezählt: Jetzt schlägt die Stunde der Analysten. Landauf landab zermartern sich die Meinungsforscher und Politstrategen die Köpfe: Wer hat die Wahl gewonnen? Und wer zählt zu den Verlierern? Auch im Wahlkreis 39 „Weinheim“ ist das nicht anders.

Die Antwort auf die Frage nach dem Wahlsieger scheint einfach. Die CDU hat die meisten Stimmen erhalten. Untrügliches Zeichen: Georg Wacker hat das Direktmandat souverän und unangefochten verteidigt. Hat er deswegen aber auch die Wahl gewonnen? Die absoluten Zahlen sprechen eine andere Sprache. Zwar erreichte der Kultusstaatssekretär mit 42,6 Prozent den gleichen Stimmenanteil wie vor fünf Jahren. Bei genauerem Hinsehen wird auch dem Schriesheimer Abgeordneten aufgefallen sein, dass am Sonntag über 3000 Wähler weniger das Kreuz hinter seinem Namen gemacht haben.

Anders sieht es da schon bei FDP und Bündnis 90/Die Grünen aus. Beide Parteien haben zugelegt – sowohl relativ als auch absolut. Das verdient Respekt und Anerkennung. Insofern zählen Uli Sckerl und Dr. Birgit Arnold zur großen Gruppe der Wahlgewinner. Bleibt die Frage, wer die Landtagswahl verloren hat. Klar, die SPD werden viele sagen – und damit auch nicht ganz daneben liegen. Zu eindeutig ist der Stimmenverlust von über zehn Prozent für Hans Georg Junginger. Daran lässt sich nichts deuteln. Weil der SPD-Mann trotz erdrutschartiger Verluste doch wieder in den Landtag einzieht, ist er mit einem blauen Auge davongekommen. Insofern wäre alles wie gehabt: Alle haben gewonnen.

Der eigentliche Sieger ist aber ein anderer: der Wähler selbst. Vier Abgeordnete vertreten künftig die Bergstraßen-Interessen im schwäbischen Stuttgart. Das Ergebnis mutet geradezu sensationell an: Vor allem, wenn man bedenkt, dass es in Baden-Württemberg nur wenige Wahlkreise gibt, die vier Abgeordnete in den Landtag entsenden. Zum Vergleich: Selbst in der Großstadt Mannheim schafften nur drei Politiker den Sprung in den Landtag. Besser hätte es für die Menschen an Neckar und Bergstraße kaum laufen können.

Der eigentliche Verlierer steht auch fest: der Wähler selbst. Stell dir vor es ist Wahl und keiner geht hin. Noch ist das ein Schreckensszenario – noch. Die Wahlbeteiligung zwischen Laudenbach und Edingen-Neckarhausen war diesmal schon gering. Nur etwas mehr als jeder zweite Wahlberechtigte, genau 57,50 Prozent, gab seine Stimme ab.

Das passt ins Bild. Immer weniger Bürger interessieren sich für das gesellschaftliche Leben und sind bereit, Verantwortung zu übernehmen. Darunter leidet auch die Wahlbeteiligung. Und dabei ist Wählen nur ein Teil der politischen Willensbeteiligung – wenn auch der wichtigste. Interessiert Politik die Menschen zwischen Bergstraße und Neckar nicht mehr, so dass sie freiwillig auf ihr Grundrecht verzichten? Stichwort Politikverdrossenheit.

Auch wenn gelegentlich der Eindruck entsteht, dass Politiker um ihrer selbst Willen Politik machen – das Gegenteil ist der Fall. Es geht um Menschen. Und die sollten ihren Sorgen und Nöten Stimme verleihen. Ansonsten werden sie über kurz oder lang tatsächlich zu Wahlverlierern.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung