Schriesheim im Bild 2023

15.12.2006

„Für uns ist die Situation komfortabler als früher"

cab) Die SPD hat es im Gemeinderat unter Bürgermeister Hansjörg Höfer etwas leichter, als sie es mit einem Bürgermeister Peter Rosenberger gehabt hätte. Warum das so ist, erläutert SPD-Fraktionssprecher Hans-Jürgen Krieger im Bilanzgespräch. Er rät Höfer, seine kommunikativen Kompetenzen besser zu nutzen: "Er kann es ja".

Herr Krieger, eine Frage mal vorab: Wo werden Sie denn am Freitagabend sein? Im "Adler" bei der SPD-Weihnachtsfeier oder im Hotel Scheid beim Jahresabschluss des Gemeinderats?

Ich werde an diesem Abend im "Adler" sein. Ich bedauere es sehr, dass ich seit 21 Jahren zum ersten Mal nicht beim Jahresabschluss des Gemeinderats mit dabei sein kann.

Aber das ist wirklich unglücklich gelaufen.

Laut Jahresplanung war der 1. Dezember für den Jahresabschluss des Gemeinderats vorgesehen. Aufgrund dieser Planung hat die SPD den 15. Dezember als Termin für ihre Weihnachtsfeier be-nannt. Die Verwaltung hat dann ihren Termin ohne Rücksprache geändert. Mein Respekt vor den SPD-Mitgliedern verlangt es, dass ich meine Zusage zur Teilnahme einhalte. Im Rahmen der Feier gebe ich wie jedes Jahr einen kommunalpolitischen Jahresrückblick. Die Verwaltung hat die Terminverlegung uns gegenüber sehr bedauert. Damit ist für mich das Thema erledigt. Wir haben da keinen Groll. Für die SPD-Fraktion werden der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Rainer Dellbrügge und Stadtrat Karl-Heinz Schulz am Jahresabschluss im Hotel Scheid teilnehmen.

In der SPD scheint sich was getan zu haben nach dem schlechten Ausgang der Bürgermeisterwahl. Ihre Partei macht mehr Öffentlichkeitsarbeit, Sie treten im Gemeinderat forscher auf, und neu ist auch, dass die SPD im Gremium Anträge durchbekommt.

Die Bürgermeisterwahl konnte auch nicht ohne Konsequenzen bleiben. Wir haben den Wahlausgang sorgfältig analysiert und unsere eigenen Schwächen erkannt, und zwar unabhängig von unserem Kandidaten Erwin Leuthe. Aus den Erkenntnissen der Analyse haben sich Veränderungen ergeben, etwa personell mit einer Verjüngung an der Ortsvereinsspitze, mit der Stärkung unseres Vorsitzenden Sebastian Cuny, mit dem Einbezug Altenbacher Vertreter. Die Fraktion ihrerseits kann jetzt ihre Anliegen deutlicher machen, auch in den Gesprächen mit den anderen Fraktionen. So bringt man dann auch seine Anträge durch. Das war ein bemerkenswerter Vorgang.

Hat es die SPD unter einem Bürgermeister Hansjörg Höfer nun leichter, Kommunalpolitik zu machen, als sie es unter einem Bürgermeister Peter Rosenberger gehabt hätte?

Es ist mit Höfer deshalb etwas leichter, weil Rosenberger im Gemeinderat die strukturelle Mehrheit von CDU, Freien Wählern und FDP gehabt hätte. Das hätte uns bei Abstimmungen entbehrlich gemacht. Höfer muss bei allen Fraktionen argumentieren und überzeugen. Er hat diese Mehrheiten eben nicht von vornherein. Und das ist ganz reizvoll. Das gibt uns als kleinerer Fraktion mehr Relevanz. Man hat es ja bei unseren Anträgen gesehen: Die Beschilderung ging gegen die Stimmen der CDU und mit den Stimmen der Freien Wähler und des Bürgermeisters durch. Beim Seniorenbüro war es gerade umgekehrt. Da hat die CDU mit uns gestimmt. Für uns ist die Situation also komfortabler als früher.

Hätten Sie erwartet, dass Bürgermeister Höfer in manchen Punkten recht entscheidende Kommunikationsprobleme mit dem Gemeinderat hat?

Ich habe ihn als Stadtrat kennen gelernt, der offen auf andere zugehen, kontrovers diskutieren kann, und das auch in persönlicher Runde oder unter vier Augen. Insofern bin ich erstaunt, dass er als Bürgermeister eher zurückhaltend ist. Die Zurückstellungen der Marktverlegung, des Themas PPP oder der Verkehrsberuhigungen am Gewerbegebiet hätten so nicht sein müssen. Und auch die Abstimmungsniederlage bei den Kindergartengebühren wäre vermeidbar gewesen. Die Schlüsselauseinandersetzung im Verhältnis zwischen Bürgermeister und Gemeinderat war aber die Sache mit seiner Beraterin. Das kann an Höfer nicht spurlos vorbeigegangen sein. Das Management im Vorfeld war katastrophal. Dabei habe ich gar nichts gegen eine Beratung von außen. Der Bürgermeister muss kein Alleskönner sein. Aber diese Unterstützung muss sorgfältig mit dem Gemeinderat beraten werden. Da haben wir aber rein gar nichts gesehen, keine Stellenbeschreibung, nichts. Das war ein hoch sensibler, belastender Vorgang.

Was raten Sie ihm?

Er täte sich leichter, wenn er seine kommunikativen Kompetenzen besser einbringen würde. Er kann es ja. Und das wird auch nötig sein. Er muss die Entscheidungen politisch besser vorbereiten. Ich habe es in meiner Haushaltsrede gesagt: Es ist ein großer Unterschied, ob der Gemeinderat frühzeitig oder nur rechtzeitig informiert wird. Die frühzeitige Information ist unerlässlich, denn sie bietet noch Gestaltungsmöglichkeiten. Wenn er das beherzigt, werden die Fraktionen bereit sein zu Kompromissen und Wegen, die der Sache dienen. Bei der Kriegsopfergedenkstätte hat man das ja gesehen.

Sie hatten im Gemeinderat, als über die Gestaltung entschieden wurde, eine Unterbrechung der Sitzung beantragt...

...damit er sich mit den Fraktionssprechern zurückziehen kann, um zu beraten. Ich kenne die Kollegen ja lange genug. Jeder ist in der Lage, Abstriche zu machen um zu guten Lösungen für unsere Stadt zu kommen. Mein Beitrag beispielsweise war in diesem Fall, auf die Absenkung der letzten Bronzetafel zu verzichten. Höfer findet in der SPD und gewiss auch in den anderen Fraktionen seriöse Gesprächspartner, wenn er das will.

Bei seinem guten Traditionsbewusstsein und seiner Volksnähe wirkt er für viele schon gar nicht mehr wie ein ehemaliger grüner Stadtrat.

Das Verhältnis zwischen Höfer und der Grünen Liste wird eine ganz spannende Geschichte. Strukturell wird er sich nicht zu sehr konzentrieren dürfen auf die Vorgaben der Grünen. Und er wird das vermutlich auch nicht wollen. Man sieht das immer wieder: Auch die SPD-Bürgermeister der Region wissen ganz genau, woher sie politisch kommen. Und dennoch sind sie hervorragend in der Lage, die Gesamtgemeinde zu vertreten. Höfer wird ein Stück weit in die Mitte rücken. Seine öffentliche Präsenz ist ja gut, er geht zu den Vereinen und setzt auch kulturelle Akzente, wie die Wechselausstellung im Rathaus. Und er ist mit der Stadt verwurzelt.

Wie schätzen Sie die Diskussionen um den Ersten Bürgermeisterstellvertreter, Siegfried Schlüter, und sein Arbeitsverhältnis zu Bürgermeister Höfer ein?

Christian Wolf von der Grünen Liste liegt in dieser Frage völlig daneben. Schlüter ist ein kompetenter und loyaler Bürgermeisterstellvertreter. Das hat er in vielen Jahren bewiesen. Und er hat bei Riehl keineswegs eine sanfte Klinge geschlagen. Der Bürgermeister muss das ein Stück weit auch aushalten – wenn es ihn denn überhaupt stört. Schlüter ist zudem gewählt vom gesamten Gemeinderat und hat dessen Vertrauen. Die Aufregung ist also völlig unangemessen.

Wie fällt Ihre Jahresbilanz aus?

Kommunalpolitisch war es ein durchaus gutes Jahr. Die Umgestaltung der Kriegsopfergedenkstätte war ein ganz bedeutender Schritt. Mit der Einstellung der Jugendsozialarbeiterin ist auch diese Baustelle geschlossen. Von Wichtigkeit ist der Anbau der Fachräume im Bildungszentrum. Für den Schulpavillon hatten wir uns etwas anderes vorgestellt. Wir waren für einen Abriss und dafür, dass das Gelände der Grundschule zugewidmet wird. Dass die jetzige Nutzung recht gut läuft, freut uns im Interesse der Vereine. Erfreulich für die SPD war natürlich, dass unsere beiden Anträge zum Haushalt 2007 erfolgreich waren.

Haushaltskonsolidierung ist immer so ein Schlagwort. Konkrete Maßnahmen zu benennen, ist offenbar schwieriger.

Weil unsere Steuerungsmöglichkeiten als Kommune wirklich gering sind. Und die wenigen, die wir haben, müssen wir behutsam nutzen. Ganz einfach Gebühren, Steuern oder Abgaben zu erhöhen, ist phantasielos und nicht zielführend. Im Gesamten sind wir abhängig von den Zuweisungen von Bund und Land. Unsere eigenen Maßnahmen werden immer unzulänglich sein, weil wir keine großen Finanzmassen bewegen können. Dennoch müssen wir stets auf einen sparsamen Haushaltsvollzug achten, unsere Hausaufgaben eben machen.

Hätte der Gemeinderat die Kindergartengebühren erhöht, wäre das ein Einnahmeplus von 70000 Euro gewesen.

Damit hätten aber auch fällige Gebäudesanierungen bezahlt werden sollen. Und da hat die SPD einen anderen familienpolitischen Ansatz. Einrichtung und Betrieb von Kindergärten verstehen wir als eine Gemeinschaftsaufgabe aller Bürger unserer Stadt, den Mehrbedarf an Mitteln wollen wir nicht allein den Gebührenzahlern, also den Personen mit Kindern auflasten. Das muss aus allgemeinen Haushaltsmitteln kommen. Man muss dafür dann vielleicht andere Etats kürzen. Es geht eben nicht alles.

Was erwarten Sie für das Jahr 2007?

Es wird kommunalpolitisch ein Jahr des Übergangs. Das Thema "PPP" wird geprüft. Mal sehen, was da kommt. Begonnenes wird erledigt, wie der Fachraum-Anbau. Neue Projekte wie die Mensa oder die Gestaltung des OEG-Geländes werden vorbereitet. Diesbezüglich bin auch ich, wie Kollege Ewald, für einen städtebaulichen Wettbewerb. Da müssen die besten Planer ’ran und unterschiedliche ästhetische und konzeptionelle Ansätze liefern. Wir könnten uns vorstellen, eine Achse B3/Stadtzentrum so zu gestalten, dass ein neues Entree mit einer Platzsituation und ohne Autoverkehr entsteht. Aber da sind wir erst am Anfang. Die SPD wird nächstes Jahr zudem am Thema Seniorenbüro dran bleiben. Das treiben wir voran. Wir hoffen außerdem, dass das Jugendzentrum auf dem Push-Gelände fertig wird. Hier würden wir gerne die komplette Jugendarbeit sehen, also inklusive JuTS und Jugendsozialarbeiterin.

Copyright (c) rnz-online

Autor: Rhein-Neckar-Zeitung