Schriesheim im Bild 2023

10.01.2007

Kein „großspuriges Heldengedenken" mehr

(cab) Am 19. November vergangenen Jahres wurde in Schriesheim die umgestaltete Kriegsopfergedenkstätte eingeweiht. In einer umfangreichen Dokumentation zeichnet Monika Stärker-Weineck im Schriesheimer Jahrbuch 2006 die Gedenkfeier nach und schildert zugleich, wie die Listen der Namen entstanden sind, die schließlich in sieben Bronzetafeln gegossen und um den Findling an der Gedenkstätte angeordnet wurden. Hinleitend zu Stärker-Weinecks Bericht, widmet sich der Journalist und Historiker Konstantin Groß in seinem Beitrag "Vom Heldenkult zur Friedensmahnung" der Geschichte der Kriegsopfergedenkstätte in Schriesheim.

Er verbindet dies mit einer auch für Schriesheims Kriegsopfergedenkstätte aufschlussreichen Einführung zu Gestalt und Funktion von Kriegerdenkmälern, wie sie in bauhistorischer Fachsprache heißen, im Wandel der Zeit. Sollten sie den Hinterbliebenen Trost spenden, hatten sie in anderen Zeiten vor allem militär- und staatspolitische Funktion in der Überhöhung des Kriegstodes.

Dienten sie bis Mitte des 19. Jahrhunderts ausschließlich dem Gedenken und zuweilen der Glorifizierung von Feldherren und Herrschern, rückte durch die Aufklärung und auch im Zuge der allgemeinen Wehrpflicht der "einfache Soldat" in den Blickpunkt, wie Groß ausführt. In Folge der Französischen Revolution von 1789 entstanden Denkmäler, auf denen die Namen von Soldaten verewigt wurden. Nach dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 wurden in Deutschland zahlreiche Denkmäler errichtet – vor allem an zentralen Orten.

Die Masse der Opfer des Ersten Weltkrieges, so Groß, habe "kein großspuriges Heldengedenken" mehr zugelassen. Politische Gemeinden und Kirchengemeinden wurden zu Stiftern der Bauwerke, die im Dritten Reich durch Symbole der Kampfbereitschaft und Siegesgewissheit "den noch grausameren Krieg der Zukunft" propagierten, so Groß.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Denkmäler allen Opfern gewidmet. Auf die Nennung von Namen wurde verzichtet, zu unklar häufig das Schicksal von Verschollenen und Vertriebenen, zu groß die Zahl der Opfer vor allem in großen Städten.

In Schriesheim gelang die Recherche der Namen von Gefallenen, ermordeten Juden, Widerstandskämpfern sowie Euthanasieopfern. Die feierliche Einweihung der sieben Bronzetafeln war der Höhepunkt in der Entwicklung der Schriesheimer Kriegerdenkmäler zur Kriegsopfergedenkstätte.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung