Schriesheim im Bild 2023

24.02.2007

70,8 Prozent der Altenbacher waren für die Eingemeindung

70,8 Prozent der Altenbacher waren für die Eingemeindung

Von Stephanie Kuntermann

Wenn am Sonntag das 35. Jubiläum der Eingemeindung Altenbachs gefeiert wird, dann können Ortsteil und Kernstadt auf eine jahrelange gute Zusammenarbeit zurückblicken. Seinerzeit wurde die Eingemeindung von einem Großteil der Altenbacher skeptisch gesehen, "die Leute sahen aber auch keine sinnvolle Alternative", wie gestern Ortsvorsteher Alfred Burkhardt im Gespräch mit der RNZ erklärte.

Vorangegangen war dem die Gemeindereform Ende der sechziger Jahre. Auch darüber und über den Eingemeindungsprozess berichtet Konstantin Groß in seinem Altenbach-Buch "Vom Bischofs-Gut zum Bungalow". Der Autor wird übrigens am Sonntag auch den Festvortrag im Sängerheim Altenbach halten.

Das Gesetzeswerk sah vor, durch Zusammenschlüsse zu Verbandsgemeinden oder Eingemeindungen die Zahl der Gemeinden von 3000 auf 1102 zu verringern. Grund war zum einen die große Zahl an kleinen Gemeinden mit weniger als 1000 Einwohnern, zum anderen die Verwaltungsstrukturen, die sich als veraltet erwiesen. Die Reform sollte mit Nachdruck durchgezogen werden: Hatte eine Gemeinde keine begründeten Einwände gegen einen Zusammenschluss vorzubringen, konnte dieser auch auf Entscheidung des Landtags zwangsweise erfolgen. Mit Landeszuschüssen, die bis zu einem bestimmten Stichtag gewährt wurden, wollte die Landesregierung möglichst frühzeitige und möglichst freiwillige Zusammenschlüsse erreichen.

Altenbach hatte damals 1650 Einwohner, wenig eigene Gewerbebetriebe und folglich nur geringe Gewerbesteuereinnahmen. Gleichzeitig war die Bevölkerung im Wachsen begriffen, ein Bauboom hatte eingesetzt.

Der damalige Altenbacher Bürgermeister Peter Gutfleisch beklagte im Jahr 1966 den fehlenden finanziellen Spielraum: "Bevor nicht die laufenden Maßnahmen der so genannten Daseinsvorsorge, also Trinkwasserversorgung, Abwasserregelung, Straßenbau und Erschließung von weiterem Baugelände kontinuierlich realisiert werden können, müssen andere Planungen zurückstehen. Zu diesen gehört ein Kindergarten, ein Kinderspielplatz und eine Turnhalle."

Damals waren zwei denkbare Alternativen im Gespräch: zum einen die Eingemeindung Altenbachs nach Schriesheim, zum anderen eine Verbandsgemeinde "Steinach", die aus den Dörfern Altenbach, Wilhelmsfeld und anderen Gemeinden bestehen sollte. Die letztere Möglichkeit war bald vom Tisch, denn auch Schriesheim, das damals 9158 Einwohner zählte, drohte ein Zusammenschluss, etwa mit Dossenheim, Großsachsen, Leutershausen und Lützelsachsen, oder eine Eingemeindung nach Heidelberg, denn die vom Gesetzgeber geforderte Mindestgröße von 10000 Einwohnern war nicht erreicht.

So konnten beide Orte von einem Zusammenschluss nur profitieren, und nach einer gemeinsamen Sitzung der Gemeinderäte von Altenbach und Schriesheim im Gasthaus "Zur Pfalz" am 3. Februar 1971 traten beide Gemeinden in Verhandlungen über einen Eingemeindungsvertrag ein. Darin gab es wichtige Dinge zu klären. Zum einen hatte Altenbach einen eigenen Bürgermeister, der theoretisch bis zum Jahr 1974 gewählt war, zum anderen gab es einen zehnköpfigen Gemeinderat. Eine Übernahme Gutfleischs in die Schriesheimer Stadtverwaltung als Beigeordneter scheiterte, und so schied der letzte Altenbacher Bürgermeister aus dem Amt. Auch in späterer Zeit übernahm er keine öffentlichen Ämter mehr und stand auch als Ortsvorsteher nicht zur Verfügung. Dieses Amt übernahm sein Stellvertreter, Heinz Flohr.

Auch von den erst im Oktober 1971 gewählten Gemeinderäten durften nur fünf ihr Mandat ausüben. Ferner beschlossen die Gemeinderäte, Altenbach durch Beibehaltung einer Verwaltungsstelle eine gewisse Eigenständigkeit zu bewahren.

Sie beschlossen zudem, wie die Vergabe der Landesmittel zu erfolgen hatte: In den ersten fünf Jahren nach der Eingemeindung wurden zwei Drittel der nach Schriesheim fließenden Landesmittel für den neuen Ortsteil verwandt. In dieser Zeit entstanden nicht nur die Mehrzweckhalle, ein Kindergarten, ein Feuerwehrgerätehaus und ein moderner Abwasserkanal, sondern auch der Festplatz. Außerdem mussten die Bürger mit der Eingemeindung einverstanden sein. Eine Bürgerbefragung der Altenbacher ergab bei einer mäßigen Wahlbeteiligung von 54,8 Prozent ein Votum von 70,8 Prozent für den Zusammenschluss. Dagegen waren 28,3 Prozent.

Mit diesen Maßgaben wurde die Eingemeindung zum 1. Januar 1972 rechtskräftig. Gutfleisch und der damalige Schriesheimer Bürgermeister, Wilhelm Heeger, unterzeichneten das Dokument.

Dessen Nachfolger, Peter Riehl, hatte anfangs noch mit Querelen in der Verwaltung zu kämpfen. "Bürgermeister Riehl konnte die Wogen glätten, und die Zusammenarbeit funktioniert bis heute trotz manchmal unterschiedlicher Auffassungen gut", lobte Burkhardt.

So wäre auch die Umlegung und Erschließung Altenbachs ohne die Kooperation nicht in der Weise möglich gewesen, wie sie vonstatten gegangen war.

Lob gab es auch für den Ortschaftsrat, der seit 35 Jahren immer über den Tellerrand hinaus gucke, sich aber auch gegen Gleichmacherei wehre.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung