Schriesheim im Bild 2023

09.07.2007

Der „Tagschacht" soll tiefer werden

kaz) "Da sind ja lauter Spinnweben", stellt ein kleiner Junge fest. Recht hat er. Wir befinden uns zwar noch nicht "unter Tage", sondern im Eingangsbereich des Besucherbergwerks. Doch Spinnen, die es dunkel und feucht mögen, fühlen sich auch hier wohl. Das 22. Bergwerksfest mit großem Rahmenprogramm hat gerade begonnen.

Ein Schild mahnt zur "Vorsicht vor freirollenden Hunten". So nannte man die schienengebundenen Transportkarren für Abbruchmaterial, wie von der Führerin Kornelia Haffelder zu erfahren ist. Woher die Bezeichnung kommt, ist nicht ganz geklärt. Möglicherweise vom slowakischen Wort "hytnow" (Wagen) oder weil beim Transport oft ein bellendes Geräusch entstand.

Die Grube "Anna Elisabeth" bekam ihren Namen erst im Jahr 1894. Damals war geplant Schwefel-Kupfererz zu fördern. Dazu kam es aber nicht. Als Silber-Bergwerk ist die Grube erstmals im Jahr 1473 urkundlich erwähnt. Doch 1545 ist erst mal Schluss. Kolumbus hat inzwischen Amerika entdeckt. Silber wird auf Handelsschiffen billiger nach Europa transportiert. Eine frühe Form der Globalisierung. Lohnender war da wohl der um 1780 beginnende Abbau von Eisen- und Kupfervitriolerze. Vitriol soll als gutes Mittel gegen die damals weit verbreitete Maul- und Klauenseuche gegolten haben und in Verbindung mit Gallsäure noch immer zur Herstellung von Tinte taugen, die nicht verblasst, sondern sich regelrecht ins Papier frisst.

Die Führung mit der Geologin Kornelia Haffelder bietet viele interessante Aspekte. Demnach ist die "neue Bergwerkordnung", die der damalige Kurfürst 1528 herausgab zugleich ältestes Zeugnis von "Schrißhe". Von der Verordnung ist nur das Deckblatt erhalten, dessen Original im Landesarchiv Karlsruhe aufbewahrt wird. Klickt man die Internet-Seite des Bergwerkvereins an, so ist in der Chronik für das Jahr 1822 zu lesen, das Werk sei ins "Stokken gerathen und gänzlich ersoffen." Später war es dann Hauptgewinn in einer Lotterie. Ab 1943 diente es als Luftschutzbunker.

Mehr als zehn bis zwölf Grad hat es im Bergwerk nicht. Wer eine Führung mitmacht, sollte dies bedenken. Unter dem orangefarbenen Schutzumhang könnte es kurzärmlig also kalt werden. Weil "Helmpflicht" herrscht, bleibt es oben auf alle Fälle warm.

"Während einer Schicht schlug ein Bergmann um die 30 Eisen stumpf", erzählt Kornelia Haffelder. Also trug er einen Gürtel mit Ersatzstücken. Mehr als drei Zentimeter kam er an einem Tag dennoch nicht voran. Auch das "Arschleder" gehörte zur Berufskleidung. Daraus lässt sich die Redewendung "jemandem ans Leder gehen" ableiten. Und warum wurden Tannenhölzer für Befestigung der Stollen verwendet? Weil diese bei Einsturzgefahr unter der Last ein knarrendes Geräusch von sich gaben.

Was nimmt der Gast "unter Tage" im Vorbeigehen wahr? Etwa den "Wetterschacht", der im Silberbergwerk zur Entlüftung diente oder die Seilwinde, mit deren Hilfe Material aus nochmals bis zu 18 Metern Tiefe gefördert wurde. Ob sich der ganze Aufwand lohnte? Im Silberbergwerk wurde, wie es hieß, jedenfalls nur Bleiglanz mit einem Edelmetall-Anteil von drei Prozent gefördert. Dessen Gewinnung setzte wiederum Schwefel frei, der möglicherweise schon damals Baumsterben verursachte.

Derzeit ist der Bergwerksverein damit beschäftigt, den sogenannten senkrechten "Tagschacht" (ehemals der Aussteig nach oben) weiter freizulegen. Noch tiefer will man vorerst nicht gehen. Laut Dr. Ekkehard Jahns wäre es überhaupt interessanter, die Grube horizontal genauer zu ergründen. Das ist bei 80 Vereinsmitgliedern natürlich auch eine finanzielle Frage. Diese leisten zwar viel Eigenarbeit. Doch das ausgehobene Erdreich muss als Sondermüll entsorgt werden – und das ist inzwischen richtig teuer.

Copyright (c) rnz-online

Autor: Rhein-Neckar-Zeitung