Schriesheim im Bild 2023

15.08.2007

Der Hausmeister schrieb in viele Poesiealben

Der Hausmeister schrieb in viele Poesiealben

Von Annette Schröder

Die Schule ist eigentlich menschenleer, es sind ja Ferien, und doch sieht der aufmerksame Beobachter einen Mann im Blaumann geschäftig umhereilen. Hausmeister Fritz Mildenberger sieht auch in der Urlaubszeit an der Strahlenberger Grundschule nach dem Rechten und gießt die Pflanzen im Vorgarten. Doch nur noch bis zum 30. September, denn dann geht der 64-Jährige in den wohlverdienten Ruhestand.

Kaum ein Schriesheimer, der ihn nicht kennt, hat er doch Generationen von ihnen begleitet. Doch er macht nicht nur kleinere Reparaturen – schließlich ist er gelernter Elektroinstallateur – nein, "Mildi", wie ihn die Kinder gerne liebevoll nennen, kümmert sich auch um Wehwechen oder beaufsichtigt die Schüler in der Pause. Und weil er bei vielen einen Stein im Brett hat, darf er sich auch in zahlreichen Poesiealben verewigen. Die gibt es immer noch, heißen jetzt aber anders, weiß der Hausmeister, so zum Beispiel "Mein guter Freund".

"Da stand einmal eine ganze Klasse vor mir und war richtig erstaunt, weil ich in jedes Album einen anderen Spruch geschrieben habe", erinnert sich Mildenberger schmunzelnd. Ein ganzes Wochenende Arbeit war das doch bestimmt, will die RNZ wissen. "Ja, schon", lacht er.

Aber das macht ihm nichts aus, denn "Mildi" fühlt sich den Schülern sehr verbunden. Wenn sich einer von ihnen verletzt hat, begleitet er ihn schon mal zum Arzt. Oder er hat früher Kinder nach Hause gefahren, die die Eltern vergessen hatten, abzuholen. Und ganz früher – Mildenberger ist ja schon seit 1. Oktober 1973 an der Schule – durfte er auch mal Klassen beaufsichtigen, wenn ein Lehrer ausfiel. Doch was macht ein Hausmeister, der vorher als Fahrer bei der OEG gearbeitet hat, dann mit den Schülern. "Ich habe sie gefragt, wie weit sie mit ihrem Lesebuch sind und habe sie daraus vorlesen lassen", erinnert sich Mildenberger. Der Hausmeister, den viele Schriesheimer als Schuldiener bezeichnen, arbeitet mit Leib und Seele an der Strahlenberger Grundschule. "Man muss die Liebe zum Haus haben. Es lohnt sich für diese Schule zu kämpfen", sagt er ganz patriotisch. Schließlich ist er selbst dort einmal zur Schule gegangen, war übrigens mit Altbürgermeister Peter Riehl in einer Klasse, und hat dann unter sechs verschiedenen Schulleitern gearbeitet.

Wie lange der 64-Jährige schon an der Schule ist, davon zeugt nicht zuletzt die große Linde auf dem Parkplatz. Als er angefangen habe, sei sie noch "ä Bämel" (ein kleiner Baum) gewesen. Mittlerweile ist sie dank der liebevollen Pflege Mildenbergers zu einem viele Meter hohen Baum herangewachsen.

Gewachsen sind aber auch die Erfahrungen und die Liebe zu den Kindern. Ein Junge ist ihm besonders in Erinnerung geblieben: Jürgen Schwellinger litt an Muskelschwund und saß im Rollstuhl. Mildenberger schob ihn in den Pausen immer raus auf den Pausenhof und fuhr mit ihm durch den damaligen Fahrradparcours. "Da hat er immer gelacht", erinnert sich Mildenberger wehmütig an den mittlerweile verstorbenen Schüler.

Auch wenn es "nur" vier Jahre sind, die die Kinder an der Strahlenberger Grundschule verbringen, vergessen sie "ihren Mildi" doch nicht. Und wer ihn nicht von der Schule kennt, der hat ihn vielleicht früher einmal beim Ausschank im Zehntkeller gesehen oder aber auch in Begleitung einiger junger hübscher Damen. Denn Mildenberger betreute einst die Weinhoheiten, fuhr mit ihnen auf auswärtige Feste und brachte sie heil und sicher zurück. "Wenn die Weinkönigin aus der Strahlenberger Grundschule kommt, dann ist die Welt in Schriese in Ordnung", scherzt "Mildi". Ihm ist das Lachen nicht vergangen, auch wenn er am 30. September seine geliebte Schule verlässt. Er weiß, dass für ihn der Zeitpunkt gekommen ist, obwohl seine Stimme etwas traurig klingt: "Es ist so ruhig hier." Sein Alltag wird sich ändern, das ist ihm klar. Noch beginnt er in der Schulzeit um 7 Uhr mit der Arbeit. "Eine gute Zeit", findet er lachend ob der mitleidigen Blicke des RNZ-Redaktionsmitglieds.

Nun will er häufiger Fahrrad fahren und sich eventuell noch stärker ins Vereinsleben einbringen, in drei Vereinen ist er bereits Mitglied. Am 10. September soll sein Nachfolger Robert Ruland anfangen, so Mildenberger. Der sei bislang Platzwart am Sportzentrum, behalte dort die Stelle und werde aber vormittags und abends nach dem Rechten sehen. Innerhalb seiner letzten 20 Tage an der Schule wird der Hausmeister den Nachfolger einweisen. Eins lässt sich "Mildi" aber auch zukünftig nicht nehmen: den Festzug am Mathaisemarkt anzuführen.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung