Schriesheim im Bild 2023

10.05.2008

„Ich bin total sauer"

Von Stephanie Kuntermann

Schriesheim. Was den Verkauf von Blumen angeht, wird Schriesheim an diesem Sonntag "terra incognita" sein. Die Weinstadt gehört damit zu den wenigen Gemeinden der weiteren Umgebung, deren Blumengeschäfte trotz Muttertag geschlossen bleiben müssen.

"Ich bin total sauer", empört sich denn auch Floristin Angelika Gottschling, denn für die Schriesheimer Floristen geht einer der umsatzstärksten Tage verloren. Verantwortlich dafür ist das baden-württembergische "Ladenöffnungsgesetz", das die Öffnung an diesem Sonntag deshalb verbietet, weil der Muttertag mit dem Pfingstsonntag zusammenfällt. Umgehen lässt sich das Verbot nicht, und wer trotzdem öffnet, riskiert eine hohe Geldstrafe: "Der Gesetzgeber wollte damit der hohen Bedeutung dieses und der anderen genannten Feiertage Rechnung tragen", heißt es in einem der RNZ vorliegenden Schreiben des Regierungspräsidiums Karlsruhe. Damit steht der baden-württembergische Gesetzgeber allerdings bundesweit alleine da: "Sogar das erzkatholische Bayern erlaubt am Muttertag den Blumenverkauf", stellt Schriesheims Vorsitzender der Freien Wähler, Bürgermeisterstellvertreter und Gärtnermeister Heinz Kimmel fest.

Das heißt: Wer in Schriesheim am Muttertag keine Blumen bekommt, der fährt einfach ins benachbarte Viernheim, wo die Läden geöffnet sind, weil Hessen kein Verkaufsverbot verhängt hat. Für Kimmel und Gottschling der "größte Hohn" ist aber die Tatsache, dass auch Geschäfte in Baden-Württemberg öffnen dürfen, sofern sie in einem Ausflugsort, einem Kur- oder Erholungsgebiet liegen. "In Handschuhsheim dürfen die Blumengeschäfte öffnen, hier nicht", so Kimmels Fazit. Gerecht sei das nicht. Auch die Tatsache, dass die Tankstellen öffnen und auch Blumen verkaufen dürfen, empört ihn: "Das ist doch klare Wettbewerbsverzerrung."

Trotz der Interventionen von Gemeindetag und Verbänden wie der "Vereinigung Deutscher Blumengroßmärkte" blieb das Land, respektive Ministerpräsident Günther Oettinger, hart. Auch der Kommentar Oettingers, er sei weder der Anwalt der Floristen noch ihr Berater, trug dazu bei, die Fronten zu verhärten. Unterstützung fand Kimmel lediglich bei der FDP, deren Landtagsabgeordnete Dr. Birgit Arnold sich gegen das Verkaufsverbot ausgesprochen hatte. Von der CDU fühlt sich der Gärtnermeister dagegen im Stich gelassen: "Das geht gegen den Mittelstand, und die CDU will sich doch immer für den Mittelstand einsetzen."

Auch seitens der Stadt kam keine Hilfe. Eine Öffnung wegen "örtlich auftretender Bedürfnisse" verbiete sich, hieß es in einem von Bürgermeister Hansjörg Höfer unterzeichneten Schreiben, "da ein solches Bedürfnis landesweit besteht". Eine geplante Kampagne des Landes, die für den frühzeitigen Kauf von Muttertagsblumen werben und 50000 Euro kosten sollte, wurde noch vor ihrem Start abgeblasen. "Totaler Schwachsinn", findet Kimmel.

Auch der Vorschlag der Landesregierung an die Händler, eine "lange Blumennacht" zu veranstalten, klingt etwas hilflos – in Schriesheim ist jedenfalls keiner der Floristen darauf eingegangen: "Wir öffnen am Samstag bis 20 Uhr", stimmen Kimmel und Gottschling überein. Einig sind sich aber beide auch darin: "Trotzdem kann man am Samstag nicht das umsetzen, was der Sonntag bringen würde." Gottschling hatte ursprünglich geplant, am Pfingstsonntag einen Lieferservice anzubieten. Aber auch den lässt sie sein – es ist eben verboten.

Floristin Marie-Luise Edelmann hat von der ganzen Diskussion eigentlich "die Nase voll": "Die Verbraucher sind doch total verunsichert. Ich glaube, Herr Oettinger wird die Folgen solcher Beschlüsse schon noch zu spüren bekommen. So eine kleinkarierte Politik!" Aber Edelmann fügt sich: "Das Ganze ist zwar nicht okay. Aber ich trage es mit Humor." Auch die Argumentation mit der Bedeutung des christlichen Feiertags: "Wir dürfen nicht öffnen, aber im Kloster Maulbronn gibt es Sonderführungen."




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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung