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10.07.2008

Nur eine Glas-Wand wurde nicht angeboten

Nur eine Glas-Wand wurde nicht angeboten

Von Carsten Blaue

Die Stadtverwaltung hatte Fotomontagen der möglichen Lärmschutzsysteme am Baugebiet "Nord" vorbereitet, die alle begrünt werden könnten. Von oben nach unten zu sehen sind die Varianten aus den Werkstoffen Beton und Holz, sowie eine Kombination aus Holz und Steinkörben, sogenannten Gabionen. In den Feldern entlang der Lärmschutzwand wird der westliche Zubringer zum Branichtunnel entstehen. Die Straße wird zwischen 5,50 und 9,20 Meter tief in die Erde versenkt. Links und rechts von der Straße wird eine breite Böschung angelegt. Repro: RNZ

Schriesheim. Es waren vor allem Bürger aus dem Baugebiet "Nord" und Aktive der Interessengemeinschaft Schriesheim Nord (IGSN), die gestern Abend die Informationsveranstaltung der Verwaltung zur neuen Lärmschutzwand am Baugebiet "Nord" besuchten. Bürgermeister Hansjörg Höfer, Stadtbaumeister Volker Rehberger sowie die Lärmschutzexpertin Heike Kaiser aus dem Einhausener Büro Fritz, das im Jahr 2003 die schalltechnische Untersuchung des Baugebiets "Nord" vorgelegt hatte, mussten viele Fragen zu beantworten. Und das auch aus den Reihen des Gemeinderats, der ebenfalls am Info-Treffen teilnahm.

Die Stadt stellte den Bürgern die verschiedenen Varianten für die 420 Meter lange und 2,50 Meter hohe Lärmschutzwand vor. Dabei handelte es sich um Lärmschutzsysteme, die Fachfirmen im Zuge der Ausschreibung angeboten hatten. Es gab zwölf Anbieter, die Hälfte sei nach der Prüfung der Unterlagen übrig geblieben, so Rehberger. Die Verwaltung musste die Systeme aufgrund vergaberechtlicher Bedingungen anonymisiert und ohne Kostenvorstellungen erläutern. Erst am 21. Juli wird der Gemeinderat nicht-öffentlich über die Auftragsvergabe an einen Anbieter beraten. Den Zuschlag gibt das Gremium zwei Tage später, am 23. Juli, in öffentlicher Sitzung.

Das Unternehmen, das die Lärmschutzwand bauen soll, wird danach umgehend mit der Planung beauftragt. Während der Lärmschutz auf dem Papier konkrete Formen annimmt, sollen die Gestaltungswünsche der Bürger erneut berücksichtigt werden. Gesprächspartner soll hier Ende Juli die IGSN sein, mit der sich die Verwaltung, der Gemeinderat und die BI Talstraße bereits nächste Woche zu vertiefenden Beratungen über die Lärmschutzwand zusammensetzen werden.

Deren Ausführungsplanung sowie ein Zeitplan sollen in der zweiten September-Woche in einer öffentlichen Veranstaltung vorgestellt werden. In der ersten Sitzung nach der Sommerpause am 24. September soll der Gemeinderat endgültig über die Ausführung der Lärmschutzwand entscheiden, deren Baustart für Oktober geplant ist. Die Bauarbeiten für den Branichtunnel beginnen im Spätjahr mit den Brücken in der Leutershäuser Straße und in der verlängerten Schönauer Straße sowie mit der Unterquerung der B3 und der OEG-Schienen. "Aus technischen Gründen", so Rehberger, müssten um die Brückenbauwerke herum 20 Meter Lärmschutz ausgespart bleiben. Das heißt: Die kompletten 420 Meter Lärmschutzwand werden bis zum Anrücken der Bagger gar nicht gebaut und erst nach dem Brückenbau vollendet. Die Fachfirmen haben der Verwaltung Lärmschutzsysteme aus den Materialien Aluminium, Stein, Holz, Erde und Beton angeboten. Glas fehlte. Auch ein kombiniertes System aus Holz und Steinkörben (Gabionen) ist möglich. Kaiser sagte, alle Systeme würden die Mindestanforderungen des Schallschutzes erfüllen. Gleichwohl weisen Holz oder Gabionen besonders hohe Werte der Schalldämmung und -absorption auf. Alle Materialien sind beidseits begrünbar – was ein zusätzliches Plus im Schallschutz ist.

Höfer sagte, dass der Lärmschutz an der Tunnelzufahrt westlich der B3 mit Gabionen hergestellt werde. Diese würden direkt an der Fahrbahn installiert und dienten zugleich als Hangsicherung. Hier ist das Land zuständig.

Kaiser erinnerte daran, dass die Höhe des Lärmschutzes von 2,50 Metern ebenso eine Vorgabe des Bebauungsplans für "Nord" sei wie auch die Verpflichtung des Hauseigentümers zum passiven Lärmschutz, wenn außerhalb der vier Wände die Orientierungswerte des Schallschutzes nicht eingehalten werden. Kaiser bezweifelte überdies, dass eine höhere Mauer mehr Lärmschutz bedeuten würde. Die Schallschutzexpertin äußerte sich auch zu einer "Überdeckelung" der westlichen Zufahrt zum Branichtunnel, die die IGSN noch nicht aus den Augen verloren hat: "Ich würde einen Deckel nicht empfehlen", so Kaiser: "Das ist von den Kosten her unverhältnismäßig". In den Reihen der Stadträte sorgte vor allem das Vergabeverfahren der Lärmschutzwand für Unmut, das von der Eile des schnellen Baustarts für die Brücken getrieben wird. Dazu Rehberger: "Ich glaube nicht, dass wir dabei über den Tisch gezogen werden."


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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung